32| »Unklarheiten«

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„Oh mein Gott", flüstert Sanna mit brüchiger Stimme.

„Ich dachte, ich würde das nie wieder sehen", murmelt Liko und es bilden sich langsam Tränen in seinen Augen.

Verwirrt blicken wir zwischen Sanna und Liko hin und her. „Agent Berelly, was hat das zu bedeuten? Und Sie, Mr. Akana, ist Ihnen dieses Stofftaschentuch etwa vertraut?", fragt der Anzugträger verwundert. Sanna nickt und beginnt zu zittern. „ Ja, Mr. Fix, ich kenne dieses Taschentuch", beantwortet Liko die an ihn gerichtete Frage. Hm, der Boss heißt also Fix, wie der Detektiv aus Jule Vernes Roman „In 80 Tagen um die Welt". Oops, einen solchen Zusammenhang erkenne in einer solchen Situation wohl auch nur ich. Doch jetzt mal ernsthaft, warum sind die beiden so emotional?

Ich werde nicht schlau aus ihnen und Mr. Fix höchstwahrscheinlich auch nicht, deshalb verlässt er mit den beiden den Raum und lässt mich und Luke alleine. Na toll. Ich will endlich nach Hause in mein Bett und schlafen, stattdessen kann ich noch Ewigkeiten hier am Revier verbringen, weil sich niemand die Zeit nimmt, meine Aussage aufzunehmen. Bis Mr. Fix alles geklärt hat, sitze ich hier fest.

„Luke, wann kann ich nach Hause?", frage ich ihn mit klimpernden Wimpern, woraufhin er nur grinst: „Du bist echt einzigartig. Komm, ich bringe dich nach Hause, Mr. Grumpy soll auf deine Aussage ruhig ein paar Stunden länger warten. Nicht, dass er überhaupt daran interessiert wäre", letzteres sagt er mit einem äußerst grimmigen Gesichtsausdruck. Ich muss laut lachen, denn mittlerweile ist es weit nach Mitternacht und dementsprechend überdreht bin ich: „Sag mal, bist du dir sicher, dass es eine kluge Idee ist, Mr. Fix zu Mr. Grumpy umzutaufen, wenn diese Bezeichnung auf dich gerade viel besser passt?".

Er verdreht die Augen und hält mir Gentlemanlike die Türe des Besprechungsraums auf, dankend verbeuge ich mich und schreite feixend aus dem tristen Raum. Luke folgt mir und wenig später verlassen wir das Revier. Ich atme die klare Nachtluft tief ein und ein leichtes Lächeln umspielt meine Mundwinkel, denn ich bin in Freiheit! Unbewusst bin ich stehen geblieben und Luke hat mir geduldig Gesellschaft geleistet. „Aislynn, wir sollten langsam...du weißt schon", sagt er leise und schaut sich fokussiert um. Ja, ich weiß allerdings was er meint. Meine Entführer sind noch nicht geschnappt worden und könnten es jederzeit wieder versuchen. Grandiose Aussichten, wirklich. Ich werde, von der Außenwelt abgeschottet, alt und grau werden und alleine sterben. Oh ja, mein schwarzer Humor kommt genau im passendem Moment zum Vorschein und alleine die Tatsache, dass diese Geschehnisse gar nicht so abwegig sind, ist frustrierend.

Luke und ich haben uns wieder in Bewegung gesetzt und gehen in Richtung Parkplatz, wo ich nach Lukes klapprigen Auto Ausschau halte. Er steuert jedoch auf einen Chevrolet Camaro zu und grinst wie ein Honigkuchenpferd. „Darf ich vorstellen: Mein neuer Dienstwagen. Ein nagelneuer Chevrolet Camaro Ss 2022 LT1 in Shadow Grey Metallic. Na, was sagst du?", gespannt sieht er mich an.

„Oh. Mein. Gott. Ein Traum, wirklich. Du hast ein mega Auto bekommen und ich habe die letzten Stunden als Paket verschnürt verbracht. Aber ich kann deinen Enthusiasmus verstehen und alleine dass es existiert ist eine Ablenkung von allem, was in letzter Zeit passiert ist", sage ich ein wenig verschnupft, aber eigentlich bin ich total begeistert. Das Auto sieht fast so aus, als wären alle drei Camaros aus der Serie Hawaii Five-O zusammengemixt worden. Das Ergebnis kann sich auf jeden Fall sehen lassen.

Luke entsperrt den Wagen und wir steigen ein. Der Camaro hat vier Sitze, wobei der Fußraum der Rücksitze wirklich äußerst klein geraten ist, aber was will ich schon, kein Auto ist perfekt. Luke startet den röhrenden Motor und wir brausen im Sportmodus los. Die Lichter der nächtlichen Stadt rauschen an uns vorbei und die Fahrt ist schneller zu Ende, als mir lieb ist. Ich kann mich als Beifahrer immer so gut entspannen und nachdenken, gerade letzteres habe ich wirklich nötig. In den letzten Tagen ist so viel passiert, dass ich wirklich einen Tag für mich brauche, nicht nur um meine Gedanken zu sortieren sondern auch, um die ganzen Geschehnisse realisieren und verarbeiten zu können.

Luke parkt das Auto geschickt ein und wir steigen aus. Plötzlich fällt mir etwas ein: „Wissen deine Eltern eigentlich Bescheid? Also darüber, dass ich...ähm, also..." Er sieht mich prüfend von der Seite an: „Nein, natürlich nicht! Ich müsste ansonsten meinen wahren Beruf offenlegen und gekoppelt mit deiner Entführung wäre es ein zu großer Schock gewesen. Wo wir schon dabei sind, ein gewisser Keylam ist gestern Abend vor unserer Tür gestanden und hat nach dir gefragt. Er ist es gewesen, oder?".

Ich verstehe gar nichts mehr: „Er ist was gewesen?"

„Er ist dein Date gewesen? Der Typ aus Irland, der mit dir auf eine Schule gegangen ist und nun auch noch zufällig an der Kalani Highschool gelandet ist?", bei dem Wort ‚zufällig' macht er Gänsefüßchen in die Luft.

„Ja. Er ist mittlerweile zu einem Freund geworden. Und es ist kein ‚Date' sondern ein ‚Beinahe-Date' gewesen, das ist ein großer Unterschied! Können wir bitte nicht mehr darüber sprechen?", bitte ich ihn und warte darauf, dass Luke endlich die verdammte Haustüre aufsperrt. Wie lange kann ein Mensch bitte brauchen, um einen großen, fetten Haustürschlüssel an einem noch größerem und fetterem Anhänger zu finden? Luke beweist, dass dies sehr lange dauern kann und erst gefühlte zwei Stunden später stehen wir endlich im Hausflur. Langsam gehe ich die Treppe hoch, sage Luke ‚Gute Nacht' und betrete mein Reich. Müde gehe ich zu meinem Bett und lasse mich mit den Klamotten darauf fallen. Kurze Zeit später bin ich eingeschlafen und wache gefühlt zehn Minuten später aufgrund eines Schreies auf. Ich sitze kerzengerade im Bett und versuche, mich zu orientieren, doch plötzlich realisiere ich, dass dies mein eigener Schrei gewesen sein muss und ich nur einen Traum gehabt habe.

„Es ist nur ein Traum gewesen, nur ein Traum", murmle ich, mit dem Oberkörper wippend, und erwarte fast schon, dass Luke oder seine Eltern gleich durch die Türe stürmen, doch nichts dergleichen geschieht. Ich lasse mich auf den Rücken fallen und blicke an die Decke, schlafen kann ich nämlich nun nicht mehr. Seufzend drehe ich mich auf die Seite und beobachte durch die Glasfront hindurch die Sterne. Von draußen dringen plötzlich komische Geräusche zu mir und ich springe vor Furcht fröstelnd aus dem Bett. Wer oder was ist das?

Zitternd nähere ich mich der Glasfront und spähe nach unten. Im spärlichen Licht kann ich eine schemenhafte Gestalt ausmachen und mein Puls fängt zu rasen an. Sie sind da und kommen mich holen.

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Oh oh, Aislynn erlebt nicht mal mehr eine ruhige Nacht...

Auf meinem Pinterestprofil findet ihr ein Bild vom 2022er Chevrolet Camaro LT1, eines der coolsten Autos der Welt...

Und wie immer freue ich mich auf Feedback und Sternchen...

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