46| »Verschwiegenheit«

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Ich bin doch nicht etwa...?

Im Krankenhaus? Ach du liebe Zeit. Nicht schon wieder. Langsam schwinge ich meine Beine aus dem Bett und bleibe noch kurz am Bettrand sitzen, bevor ich aufstehe. Langsam lässt der äußerst nervige Schwindel nach und ich wage aufzustehen. Erfreulicherweise klappt es gleich ohne Schwierigkeiten und ich schlüpfe in meine Schuhe, die fein säuberlich vor dem Bett stehen. Wer hat die wohl hierhin gestellt?

Doch die wichtigste Frage ist, warum ich im Krankenhaus gelandet bin. Schon wieder. Als hätte ich nichts Besseres zu tun, als in einem tristen Krankenzimmer zu liegen und die Decke anzustarren. Wer hat mich eigentlich vorhin davon abhalten, mir die Finger an der Wand blutig zu schlagen und mich anschließend ins Krankenhaus gebracht? Etwa Luke? Ich werde sterben, wenn er es gewesen ist, denn er hat sich sicherlich schon eine perfekte Strafe für mich ausgedacht und diese werde ich mit Sicherheit nicht überleben.

Ja, es muss Luke gewesen sein, denn ich kann seine Stimme aus den vielen im Gang heraushören. Ich bin geliefert. Seufzend gehe ich in Richtung Türe, greife nach der Türklinke und drücke diese nach unten, als ich plötzlich auf der anderen Seite meinen Namen höre. Leise ziehe ich die Klinke wieder nach oben und lausche dem Gespräch. Ich weiß, dass sich das nicht gehört, doch ich bin neugierig, mit wem Luke über mich redet.

„Bist du dir sicher, dass sie deine Schwester ist? Das wäre echt schräg, findest du nicht?", sagt er zu jemandem. Ich spitze meine Ohren. Wer ist die Schwester von wem? „Hey, du weißt, dass ich gedacht habe, dass meine Schwester tot ist. Es ist ein Schock für mich gewesen, als ich endlich die richtigen Schlüsse gezogen habe. Außerdem erklärt es den Fakt, warum ich mich schon von Anfang an mit ihr verbunden gefühlt habe", sagt eine seltsamerweise bekannt klingende Stimme zu Luke. „Okay, wir finden die Wahrheit raus. Es muss, abgesehen von dem Taschentuch, noch einen anderen Hinweis geben, meinst du nicht?", sagt Luke. „Hm, wenn du meinst. Aber zuerst muss Aislynn wieder fit werden, bevor wir mit der Suche beginnen, einverstanden?", sagt sein Bekannter.

Huch, da macht sich jemand scheinbar große Sorgen um mich. Echt süß, denke ich mir und lausche weiter. „Natürlich, ich hoffe, es wird bald wieder okay, wobei ich ihr am liebsten ihren Mageninhalt wieder einflößen würde. Was hat sie sich eigentlich dabei gedacht, so viel hochprozentigen Alkohol zu trinken? Sie ist doch wieder gut drauf und hat die horrenden Ereignisse der letzten Wochen verdrängt, was sicherlich die beste Lösung ist", sagt Luke seufzend. „Wirst du es ihr sagen?", fragt der andere. Daraufhin herrscht für einen kurzen Moment Stille, dann antwortet Luke: „Nein. Sie hat die Ereignisse schon einmal verarbeiten müssen und dabei ihr Vertrauen ins Leben verloren. Ich glaube nicht, dass sie es ein zweites Mal schafft. Damals hat sie alle, sogar Ky, aus Sorge um unsere Sicherheit von sich gestoßen und ist daran beinahe zerbrochen."

Warte... Was? Was verschweigt Luke mir und wer zur Hölle ist Ky? Warum sollte mich die Sicherheit von einem Fremden kümmern? Warum enden all meine Gedanken mit einem Fragezeichen? Ich hasse diese Ungewissheit, denn nicht zu wissen was passiert ist, fühlt sich wie ein tiefes schwarzes Loch an, in das ich gefallen bin und mit rasantem Tempo nach unten stürze. Nicht wissend, ob ich mit zerschmetterten Knochen oder federleicht wie ein Blatt Papier am Grund landen werde. „Luke, wir sollten mal nach Aislynn schauen. Vielleicht ist sie schon wach?". Oh Scheiße. Ich werde aufliegen. Rasch husche ich zurück ins Bett und streife gerade noch meine Schuhe ab, bevor die beiden das Zimmer betreten.

„Luke. Hey", murmle ich nur blinzle ihn an. Hinter ihm steht ein gutaussehender Typ, der vielleicht zwei Jahre älter ist als ich. Dieser lächelt mich leicht an und überlässt Luke das Wort, der sofort mit der Strafpredigt des Jahrhunderts loslegt.

Sein Freund hat nach ein paar Minuten den Raum verlassen, jedoch nicht ohne mir zu zuzwinkern. Ich habe nur leicht gegrinst und weiter Luke gelauscht, der mich gerade darüber aufgeklärt hat, dass Alkohol hier in den USA erst ab 21 erlaubt ist. Eine Viertelstunde später ist er endlich fertig und holt tief Luft.

„Bist du jetzt fertig? Dann könnte ich nämlich auch mal etwas sagen", schmunzle ich und schaue ihn mit einem gespielt heiteren Gesichtsausdruck an. Er nickt und ich richte mich daraufhin auf, denn er steht, mit den Händen in die Hüften gestemmt, am Fuße meines Bettes und schaut mich grimmig an. „Meinst du, ich weiß nicht, dass ich noch zu jung bin, um Alkohol zu trinken? Ich habe einfach Lust auf einen Whiskey gehabt und habe nicht ahnen können, dass ich die Wirkung so stark spüren werde", sage ich und warte seine Reaktion ab. Er lacht auf: „Meinst du wirklich, dass ich nicht in der Lage bin, herauszufinden, wie viele du hattest? Du redest von einem Whiskey, doch in Wirklichkeit hattest du sechs davon." Ich schaue ihn ertappt an und erwidere nichts, was ihn beunruhigen zu scheint, denn er sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

Ich schweige und blicke zu Boden, denn die verrückten Ereignisse der letzten Wochen lasten mir wirklich schwer auf der Seele.

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Heute mal ein eher kurzes Kapitel,  doch ich bin die letzten Tage auf einer Reise gewesen und konnte dementsprechend nicht viel schreiben...

Na, was sagt ihr zu den Entwicklungen? Habt ihr eine Vermutung, was das Gespräch zwischen Luke und seinem Bekannten zu bedeuten hat?😎😅

Oder anders gefragt: Wer ist der unbekannte Bekannte? 😈👀

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