Zarte Klänge und leise Schluchzer begleiten das Hinablassen des Sarges in den Waldboden. Ich stehe neben meiner Mum und wir halten uns an den Händen, spenden uns gegenseitig Kraft für diesen, immer realer werdenden, Verlust.
Mein Dad ist tot. Wie hat das nur passieren können? Warum bin ich nicht bei ihm gewesen? Hätte ich seinen Tod verhindern können? Warum er? All diese Fragen schwirren, seitdem ich von seinem Tod erfahren habe, karussellartig durch meinen Kopf und die Tatsache, dass sein Ableben mittlerweile immer mehr in der Realität ankommt, macht die Akzeptanz nur umso schwerer für mich. Wenig später ist die Beerdigung vorbei und die gesamte Menschenmenge möchte uns ihr Mitgefühl ausdrücken und es bildet sich eine lange Schlange vor meiner Mum und mir. Entrückt schüttle ich eine Hand nach der anderen, ohne die jeweiligen Besitzer richtig wahrzunehmen. Die Stimmen der anderen rücken in weite Ferne und ich fühle mich, als ob ich in Watte gepackt wäre. Doch auch das geht vorbei und Mum und ich bleiben alleine bei dem Grab zurück, nachdem wir die Trauergäste um einen Moment des Alleinseins gebeten haben.Einzelne Sonnenstrahlen verirren sich durch den Schatten der Bäume und erleuchten kurz die Lichtung. Wie gebannt blicke ich auf dieses wunderschöne Szenario und weiß auf einmal, dass mein Dad gerade bei mir ist. Leise rauscht ein leichter Wind durch die Blätter und es fühlt sich wie eine himmlische Umarmung an. Die schmerzhaften Gefühle des Verlusts und der Trauer schwinden langsam und machen einem tiefen Frieden Platz, der sich in Form einer wohligen Wärme in mir ausbreitet. Überwältigt drehe ich mich zu meiner Mum um und blicke sie an. Als ob sie nur auf meinen Blick gewartet hätte, sieht sie im gleichen Moment zu mir und unsere Blicke treffen sich. Wir haben schon immer eine innige Verbindung gehabt, so auch jetzt. Ich weiß genau, dass sie Dad ebenfalls wahrnimmt und sich ihre Trauer ein wenig gelöst hat. Dankbar sehen wir nach oben in den vermeintlich blauen Himmel, der von einem grünen Blätterdach verdeckt wird und lassen los.
In dieser Nacht schlafe ich sehr unruhig und werde vom Herumwälzen immer wieder wach. Schließlich sehe ich ein, dass all das nichts bringt und stehe auf, um einen kleinen Nachtspaziergang zu machen. Zu meinem Glück ist heute Vollmond und ich brauche nicht mal eine Taschenlampe, denn die große, runde Kugel erhellt die Finsternis und macht sie beinahe taghell. Ziellos gehe ich in die Nacht hinaus und bleibe immer wieder stehen, um, den Kopf in den Nacken gelegt, die glasklaren Sterne zu bewundern. Ja, sie sind ein Wunder, genauso wie das Leben eines ist. Bisher habe ich, trotz meiner diversen Erlebnisse, mein Leben nicht wirklich wertgeschätzt, doch den hat es, einen solchen unglaublichen Wert. Als ich inmitten einer Wiese stehe, lasse ich mich mit dem Rücken zu Boden fallen und lande im weichen Gras. Aufatmend verschränke ich die Arme im Nacken und lasse die geheimnisvolle Atmosphäre auf mich wirken. Ein leises Knacken im Unterholz lässt mich aufhorchen, doch als ich leise Schritte vernehme, entspanne ich mich wieder, denn nur einer hat die Fähigkeit, mich hier mitten in der Nacht finden. Dieser Jemand legt sich ohne viele Worte neben mich ins Gras und hebt seinen Arm. Ich verstehe seine Geste und lege meinen Kopf auf seine Schulter, während er mich an sich drückt und so umschlungen liegen wir bis zur Morgendämmerung auf der Wiese.
Als mich die ersten Sonnenstrahlen in der Nase kitzeln, wache ich auf und lausche dieser unglaublichen Stille, die ich auf Hawaii so vermisst habe. Weder laut röhrende Autos noch Geschrei in der Nachbarschaft sind zu hören, nur die Vögel singen ihr Morgenlied und die Tautropfen glitzern im Morgenlicht. „Guten Morgen, meine Süße", sagt Ky leise mit rauer Stimme. Ich wende mich ihm zu und kuschle mich noch enger an ihn. „Guten Morgen", hauche ich zärtlich zurück und er betrachtet mich liebevoll von der Seite. „Wie fühlst du dich?", fragt er mich. Ich schließe kurz die Augen und lasse die Geschehnisse der letzten Stunden, Tage, Wochen und Monate Revue passieren: „Ich fühle mich...als wäre endlich alles ganz. Mein Dad", ich schlucke bei dem Gedanken an ihn und Ky wartet geduldig, bis ich mich wieder gefasst habe, „er hätte gewollt, dass ich nach so langer Zeit endlich glücklich bin. Ich glaube fest daran und versuche, ihn nicht zu enttäuschen. Mein Herz zerspringt fast vor Trauer und Sehnsucht, doch durch deine Anwesenheit fühle ich mich so unglaublich geborgen." Ky sieht mich mitfühlend an, doch ich erkenne in seinem Blick noch etwas anderes. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Warum schaust du mich mit dieser fiesen Genugtuung in deinem Blick an? Hm? Meine Worte gefallen dir also, ist es das was du damit sagen willst?", blaffe ich ihn gespielt beleidigt an, wobei ich mich wirklich zusammenreißen muss, um nicht laut zu lachen. Er mustert mich und erwidert daraufhin: „Nun ja, ich hätte dir deine Laune fast abgekauft, doch du bist nicht gerade die beste Schauspielerin." Schockiert blicke ich ihn an: „Ach so? Wäre ich keine gute Schauspielerin, würde ich wahrscheinlich immer noch bei Keano und seiner Brut festsitzen oder meine Mum hätte mich aus Angst vor einer erneuerten Entführung wahrscheinlich lebenslang zuhause eingesperrt. Überlege dir also gut, was du jetzt sagst."
Nach einem kurzen Moment der Stille fangen wir erst zu grinsen und dann schallend zu lachen an, wobei wir uns zum Schluss, einander kitzelnd, im Gras wälzen. Plötzlich halten wir beide inne, denn ich bin während unserer Rangelei auf ihm zum Liegen gekommen und die Intensität zwischen uns steigt mit jedem Herzschlag. Wir blicken uns in die Augen und ich kann ein flirrend heißes Verlangen nach ihm fühlen. Doch ist jetzt, ein Tag nachdem mein Vater zu Grabe getragen wurde, der richtige Moment, diesem Verlangen nachzugeben und ihn zu küssen? Der intensive Blick aus seinen blauen Augen lässt meine Bedenken gänzlich erlöschen und ich beuge mich, Zentimeter um Zentimeter, zu ihm nach unten, bis mein Mund seine Lippen berührt. Wir halten einen Augenblick inne und ich schließe langsam meine Augen, um die Welt um mich herum vergessen zu können. Unsere Lippen bewegen sich und ich greife stöhnend in seine lockigen schwarzen Haare, denn ich halte diese Spannung zwischen uns kaum mehr aus. Ky umschlingt meine Hüfte und lässt seine warmen Hände langsam meinen Rücken entlangwandern. Plötzlich lösen sich seine Lippen von meinen, er rollt uns halb herum, sodass er nun auf mir liegt. Kaum ist dies geschehen, senkt er seine Lippen auf meine und ich schmelze dahin, denn er ist alles, wovon ich jemals geträumt habe. Ich fühle mich behütet und beschützt, so unglaublich verstanden und im Einklang mit ihm.
Seine Finger tanzen förmlich über meinen Körper und jede Berührung fühlt sich wie ein kleiner Stromschlag an. Ich bebe förmlich von seinen Liebkosungen und spüre, wie sich ein starkes und zugleich unendlich tiefes Gefühl in mir ausbreitet. Ich dachte, ich wüsste, wie sich Liebe anfühlt. Damals, als ich am Strand erkannt habe, dass ich in Ky schon seit dem ersten Augenblick verliebt bin, dachte ich, ich wüsste etwas über dieses Gefühl. Heute weiß ich, dass ich damals nur einen Bruchteil wahrer Liebe gespürt habe, nichts im Vergleich dazu, was ich in diesem Moment fühle. Verliebt sein und lieben ist gleich und doch liegen Welten dazwischen. Liebe, das stärkste Gefühl von allen und kann auch ihre dunkelsten Gegenstücke, wie beispielsweise Hass, heilen. Aus Hass kann Liebe werden, doch aus Liebe Hass? Nichts scheint unmöglicher. Fühlt man wahre Liebe, verweben sich zwei Seelen miteinander und werden zu etwas magischem, einzigartigem, wunderschönem, funkelndem und verschmelzendem. „Ich liebe dich, Keylam O'Connor", hauche ich in sein Ohr, als sich unsere Lippen für einen Moment voneinander lösen. Ich spüre an meiner Wange, wie er lächelt. „Ich liebe dich auch, Aislynn MacKenna. Ich liebe dich von ganzem Herzen", wispert er und sieht mich mit vor Liebe strahlenden Augen an.
Ende
___________________________________________Liebe siegt ♥
Ich kann meine Gefühle gerade so schwer in Worte fassen. Niemals hätte ich gedacht, dass ein anfängliches Übungsprojekt, um mich für meine Deutschmatura (Abitur) vorzubereiten (sagen wir mal so, im Präsens zu schreiben war anfangs nicht gerade meine Stärke), solche Ausmaße annehmen würde, geschweige denn, dass soviele "FOLLOW ME INTO LOVE" lesen würden. Heute, am 24.11.2022 geht ein großer Abschnitt zu Ende. Gezeichnet von viel Freude, Lachen, fiesen Plottwists, Schreien, Weinen und Kribbeln.
46 345 Wörter140 A4 Seiten
Prolog & 51 Kapitel
Beginn: 09.03.2022
Ende: 24.11.2022
D A N K E ♥
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*WICHTIG!!!
Weil mir alle Charaktere ans Herz gewachsen sind, möchte ich verkünden, dass es ein weiteres Buch geben wird. Ais und Ky werden darin ebenfalls vorkommen, doch es wird um die Geschichte von zwei anderen Charakteren gehen. Wer dies wohl sein wird? Tja, lasst euch überraschen... 😉❤
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FOLLOW ME INTO LOVE
Mystery / Thriller𝑩𝒂𝒏𝒅 𝑰 𝒅𝒆𝒓 𝑭𝒐𝒍𝒍𝒐𝒘-𝑹𝒆𝒊𝒉𝒆 Aislynn MacKennas Leben als irische Austauschschülerin auf Hawaii wird von etwas Düsterem und Gefährlichem überschattet. Von etwas, dass nur sie selbst lichten kann. Wird Aislynn dies gelingen und kann sie...