Am Morgen werde ich von lauten Schritten im vorderen Bereich meines Zimmers geweckt. Mühsam öffne ich meine Augen und orientiere mich langsam, denn irgendetwas ist anders als sonst. Die Schritte kommen immer näher, als es mir plötzlich dämmert. Ky! Ky hat bei mir geschlafen und, ein Seitenblick gibt mir die Gewissheit, liegt immer noch friedlich schlafend neben mir. Da geschieht auch schon das, was ich befürchtet habe: „Guten Morgen Ais... WAS ZUR HÖLLE IST DENN HIER LOS?", brüllt Luke und durchquert mit langen Schritten den Raum, um Ky aus meinem Bett zu zerren. Er scheint ziemlich neben der Spur zu stehen, denn er bemerkt nicht, dass Ky und ich unsere Klamotten noch anhaben und nur friedlich nebeneinander geschlafen haben. Selbst wenn es anders wäre, Luke geht das nichts an, was hat er eigentlich für ein Problem?
Ky ist von Lukes Gezeter wach geworden und sieht orientierungslos um sich, bis sein Blick an mir hängen bleibt und seine Erinnerung wiederkommt. Mittlerweile ist er von Luke an den Füßen gepackt und aus meinem Bett gezogen worden, wobei ich nun protestiere: „Luke, was soll der Krawall? Lass Ky los!". Luke scheint nicht damit gerechnet zu haben, dass ich Ky in Schutz nehme und ist darüber so verblüfft, dass diesen ihn loslässt. Ky erhebt sich geschmeidig und stellt sich neben mich. Luke hat seine Bewegungen genau beobachtet und betrachtet uns nun prüfend: „Was soll das Ganze, Aislynn? Du weißt genau, dass du vorsichtig sein sollst und scheinbar hast du mitten in der Nacht die Türe geöffnet, ansonsten wäre er hier nämlich nicht hereingekommen. Ich mache mir die größten Gedanken um deine Sicherheit und du gehst solche Risiken ein? Damit ist nun Schluss! Und du...", er wendet sich Ky zu, „...du verschwindest aus meinem Haus, hast du mich verstanden! Lässt du dich hier noch einmal blicken, verfahre ich ganz anders mit dir, darauf kannst du dich gefasst machen! Und nun raus!". Er hat einen furchterregenden Blick aufgesetzt und ginge es nicht um meine Sicherheit, hätte ich spätestens jetzt Ky an der Hand gepackt und das Haus verlassen. Doch wenn ich ehrlich bin, kann ich Lukes Gedanken, welche ihn zu diesen Worten veranlasst haben, ein wenig, wirklich nur ein wenig, verstehen. Die letzten zwei Tage sind der Horror gewesen, nicht nur für mich sondern auch für ihn und sein Team.
Außerdem habe ich etwas Entscheidendes verdrängt. Alle, die Kontakt mit mir haben, sei es Luke, dessen Eltern, Isy oder Ky, sind letzten Endes einer großen Gefahr ausgesetzt. Ich darf nicht egoistisch sein und nur an mich denken, wenn es allen dient, dass ich zu niemanden mehr Kontakt habe, werde ich dies tun. Auch wenn Ky mein Fels in der Brandung ist, der Umgang mit mir ist äußerst gefährlich für ihn.
Während meinen Gedankengängen hat Ky mich gemustert und keine Anstalten gemacht, seine Schuhe anzuziehen und das Haus zu verlassen. Schon bevor ich etwas zu ihm sage, zerbrechen meine nächsten Worte förmlich mein Herz: „Luke hat recht, Keylam. Ich möchte, dass du nie wieder in meine Nähe kommst, mich in Ruhe lässt und einfach dein Ding machst. Wir sind immer Feinde gewesen, werden wieder zu solchen werden und dies auch in Zukunft sein. Geh jetzt. Geh!", letzteres brülle ich geradezu, weil mir der sichtbare Schmerz in seinen Augen den Rest gibt. Ich weiß, dass ich gleich zusammenbrechen werde und Ky somit sehen wird, dass ich gelogen habe. Doch es geht um seine Sicherheit! Luke scheint mein Vorhaben durchschaut zu haben, er bückt sich nach Kys Schuhen und deutet diesem an, ihm zu folgen. Ky tut dies zögernd und dreht sich nochmals um, bevor er den Raum verlässt: „Aislynn. Es wird nie mehr so werden können wie in Irland und das weißt du auch. Wir haben die Feindeszone verlassen und können nun nicht mehr dahin zurück! Wenn ich ehrlich bin, möchte ich das auch nicht mehr! Ich weiß nicht, was dich zu einer solch drastischen Entscheidung gezwungen hat, doch ich werde für dich da sein. Ich werde auf dich warten, solange, bis du bereit bist." Er dreht sich langsam um und verschwindet aus meinem tränenverschleiertem Sichtfeld.
Ich bleibe allein zurück und genauso fühle ich mich auch. Einsam, leer, zerbrochen und müde, nur der Schmerz in meiner Brust verdeutlicht mir, dass ich lebe. Das Schlimmste ist, dass ich einen Teil der Gefühle selbst verursacht habe, denn ich bin mir sicher, dass Ky mir beigestanden wäre, bis meine Entführer gefasst sind. Doch seine Sicherheit geht vor, meine kleinen Gefühle haben in dieser Gleichung nichts verloren. Nun, zumindest rede ich mir das ein, doch tief in meinem Innersten weiß ich, dass es nie mehr so werden wird, wie es war. Ky wird mir meine Worte nie verzeihen.
Ich werfe mich auf mein Bett und ziehe das Kopfkissen zu mir, umschlinge es, atme tief ein und stelle fest, dass es nach Ky riecht. Eine wohltuende Wärme steigt in mir auf und verdrängt den Schmerz, den meine grausamen Worte in mir ausgelöst haben. „Aislynn? Ach Kleine", höre ich Lukes Stimme hinter mir und die Matratze senkt sich, als er sich neben mich setzt. „Ich kann mir zwar vorstellen, warum du Keylam solche Worte an den Kopf geworfen hast, aber meinst du wirklich, dass Abschottung eine gute Idee ist? Du darfst auch ruhig einmal an dich denken und so wie ich das sehe, ist dieser Keylam deine Stütze während diesen ganzen Geschehnissen. Warum machst du es dir so schwer? Etwa nur um seiner Sicherheit willen? Das endet nicht gut und bringt mehr Schaden als Nutzen."
Ich blicke zu Luke auf: „Ja, ich tue das nur um seiner Sicherheit willen und du würdest, wenn du in meiner Situation wärst, dasselbe mit Sanna tun. Streite es ja nicht ab! Außerdem hat mir deine Reaktion vorhin deutlich gezeigt, was du von Ky hältst." Es sieht ertappt drein: „Wie kommst du jetzt auf San... Agent Berelly? Du reimst dir etwas zusammen. Ähm, das vorhin tut mir leid. Ich bin einfach ausgerastet, als ich ihn in deinem Bett entdeckt habe, schließlich bedeutet das, jeder andere hätte ebenfalls leichten Zutritt zum Haus haben können, während ich weg...", er schlägt sich erschrocken die Hand vor den Mund und steht hastig auf. Oh nein, das hat er nicht getan!
„Du hast mich alleine im Haus gelassen, nachdem ich knapp meinen Entführern entronnen bin? Hast du sie noch alle? Raus mit dir! RAUS, habe ich gesagt!", brülle ich aufgebracht, springe auf und schiebe Luke gewaltsam aus meinem Zimmer. Was denkt er sich eigentlich dabei? Man mich ohne Probleme erneuert entführen können und es wäre erst viel später aufgefallen, da heute Samstag ist und mein Fehlen niemanden aufgefallen wäre! Tief durchatmend suche ich mir frische Klamotten raus und gehe ins Bad, um den Schmutz der letzten Stunden von mir zu waschen. Normalerweise dusche ich nur um die fünf Minuten, doch heute dauert der gesamte Vorgang eine Stunde. Ich habe das Gefühl, ich kann mich nicht oft genug mit Seife einschäumen, um alles von mir zu waschen, doch außer der wohltuende Wärme des Wassers auf meinem Körper fühle ich rein gar nichts. Die Erinnerung an meine dunklen Stunden bleibt und eine Linderung meiner Schmerzen, sei es innerlich oder äußerlich, tritt ebenfalls nicht wie erhofft ein. Zeit heilt alle Wunden, oder? Doch was, wenn diese schon so tief sind, dass man sie nicht mehr heilen kann?
Frisch angezogen verlasse ich das dampfende Bad und bevor ich mein Zimmer betrete, sehe ich durch den Türspalt Luke und seine Partnerin Sanna auf meiner Couch sitzen. Die beiden scheinen in ein ernstes Gespräch vertieft zu sein, denn Sanna ringt deutlich mit ihren Tränen und Luke sieht ebenfalls sehr mitgenommen aus. Ich räuspere mich laut und betrete anschließend den Raum: „Hey Sanna. Luke. Also, gibt es etwas Neues im Bezug auf meine Entführer?". Die beiden stehen auf und Sanna sieht mich mitfühlend an: „Aislynn, ich muss dich bitten deinen Koffer zu packen, das Flugzeug geht in einer Stunde."
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...das Flugzeug geht in einer Stunde." - nur warum und wohin, das sind die großen Fragen.
Was meint ihr? ♥Wie fühlt ihr euch derzeit?
Die Stimmung draußen wechselt gerade ins Herbstliche und bringt all die im Sommer verdrängten Gefühle mit sich, die Verpflichtungen nehmen wieder zu und eine warme Tasse Tee wirkt wahre Wunder... ♥
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Mystery / Thriller𝑩𝒂𝒏𝒅 𝑰 𝒅𝒆𝒓 𝑭𝒐𝒍𝒍𝒐𝒘-𝑹𝒆𝒊𝒉𝒆 Aislynn MacKennas Leben als irische Austauschschülerin auf Hawaii wird von etwas Düsterem und Gefährlichem überschattet. Von etwas, dass nur sie selbst lichten kann. Wird Aislynn dies gelingen und kann sie...