6. Vaterkomplexe und (langsam wird's eintönig) Feuer

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-Lily-

Montag 1. September

"Ich wünschte du wärst an ihrer Stelle tot!"
Sobald ich meinem Vater diesen Satz praktisch ins Gesicht gespuckt hatte, wollte ich ihn sofort wieder zurücknehmen. In seinen nussbraunen Augen, konnte ich den Schmerz erkennen, beim Klang meiner hasserfüllten Stimme zuckte er zusammen, als hätte ich ihn geschlagen. 

"Dad- Ich... Es tut mir leid, ich wollte nicht-" 
"Lass es, Lillian" Ich sah den Schmerz in seinen Augen.
"Dad, bitte", mit flehendem Blick sah ich ihn an. "Ich sagte, du sollst es lassen!" 

Ich kniff meine Augen zusammen, duckte mich unter seinem Schrei, als ob es mich beschützen würde. "Geh mir aus den Augen" seine Stimme war wieder ruhig. Wie der Ozean bei einem schlimmen Sturm, manchmal schien er ruhig, dann wieder wie die Hölle, doch eigentlich blieb er immer gleich. Herzlos, kalt und tödlich.

Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich um, ließ meinen Blick noch kurz über die zahlreichen Bilder meiner Mutter im Flur schweifen und betrat mein Zimmer, welches eigentlich gar nicht als solches bezeichnet werden sollte... Besenkammer würde eher zutreffen.

Ein schmales Bett, ein noch viel schmälerer Schrank, ein minimalistischer Schreibtisch und eine kleine Fensternische, das einzige, was ich an diesem Raum mochte. Ich ließ mich auf das Kissen in der Nische sinken und starrte in den New Yorker Nachthimmel, der von den Lichtern der Aufsteigenden und Landenden Flugzeugen nur so flimmerte. 

"Wie hast du ihn nur ausgehalten?", seufzte ich und schaute, meinen schweren Augenlider zum Trotz hinauf in die Sterne. Er war anders, mein Tod hat ihn zu dem gemacht, was er heute ist. 
Da war sie wieder. Die Stimme. 
Ich wusste nicht, ob ich sie mir einbildete, oder ob sie wirklich da war, doch das interessierte mich nicht. Ich hörte sie. Das war das Einzige, was zählte. "Ich weiß nicht, wie ich mit ihm umgehen soll. Jeder Satz den ich von mir gebe, lässt ihn an die Decke gehen" Heiße Tränen benetzten meine Wangen. Ich schniefte leise.

Du schaffst das, nicht umsonst bedeutet dein Zweitname, die Starke. 
Unter Tränen schnaubte ich amüsiert. "Das glaubst du doch wohl selbst nicht. Erstens mag ich den Namen Valerie nicht und Zweitens: Warum habt ihr den nicht zu meinem ersten Vornamen gemacht, wenn er doch so wahr ist? Ich mein ja nur, Lillian bedeutet Gott ist Vollkommenheit, was das für mich und mein Leben bedeutet, würde ich auch mal gerne erfahren" Bockig verschränkte ich meine schlaksigen Arme vor meiner Brust.

Die Stimme kicherte. Du sagst ja immer, du hast keine Gemeinsamkeiten mit ihm, dein ständiger Pessimismus und dein Sarkasmus ist definitiv nicht von mir. Ich verdrehte die Augen. 

Blaulichter, die mir von meinem Logenplatz aus ins Auge fielen, rissen mich aus meinem -nicht wirklich- innerlichen Dialog und weckten meine Aufmerksamkeit. Zwei Feuerwehrautos und ein Rettungswagen. Seltsam, seit wann passierte hier was? 

"Lily!" Mein Dad riss meine Zimmertür auf. "Es brennt hier, rühr dich nicht von der Stelle, ich bin gleich wieder da" "Wa-" Schon war die Tür wieder zu. Ganz bestimmt, ich würde hier warten. 
In seinen kühnsten Träumen vielleicht. Ich lief zur Wohnungstür. 

Ein lautes Poltern. Hastig riss ich die Tür auf. "Scheiße!", entfuhr es mir, als ich das Szenario vor mir bestürzt betrachtete. Ein riesiges Loch klaffte im Boden des Hausflures, die Decke des vierten Stockes war eingebrochen, mein Vater war nirgends zu sehen. 

"Dad! Wo bist du, verdammt?" Panik schlich sich in meine Stimme. Ein ersticktes Husten erklang vom unteren Stock. Entsetzt starrte ich durch das Loch im Boden. Da lag er. Begraben unter halbverkohltem Holz und brennenden Möbeln. Das Feuer hatte unser Stockwerk anscheinend noch nicht erreicht, dafür aber das unter uns schon fast zur Gänze zerstört.

Ich hastete die Treppen hinunter. "Dad! Ich hol' dich da raus, keine Sorge" Ich musste husten. Der schwere Rauch des Feuers legte sich in meinen Lungen ab und erschwerte mir das atmen. 

"Warte!" 
Mein Kopf fuhr herum.

Eine schlanke zierliche Gestalt trat hinter Rauchschwaden und einer halb abgebrannten Wand hervor. Sie trug ein schwarzes Cape, eine Maske verdeckte ihr Gesicht, trotzdem wusste ich, wer sie war.

Eylen Parker alias Nightshade.

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Diesmal ein bisschen kürzer als sonst, ich hoffe, es gefällt euch trotzdem :)

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All the love
AC.xx

28. Juli 2022


Forever you and meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt