15. Mum?

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-Lily-

Donnerstag 4. September

"Sie ist tot, kapier es endlich!", schrie ich mit brüchiger Stimme meinem Vater entgegen. Meine Wangen waren tränenüberströmt, Rotz rann mir aus der Nase und ich konnte seine scharfe Alkoholfahne über den gesamten Flur riechen. 

"Du bist eine dreckige Lügnerin, was hast du ihr angetan? Was bist du für ein Monster?", die Stimme meines Vaters war beinahe schon schrill. Ich zitterte. "Ein Monster?", fragte ich tonlos, fast schon flüsternd. "Ja, ein verficktes scheiß Drecksmonster!" Ich verzog mein Gesicht zu einem freudlosen Lächeln. "Wenn ich ein Monster bin, was bist dann du, Vater?"

Mit diesen Worten ließ ich ihn im Flur stehen, schloss die Tür hinter mir ab, klemmte meinen Schreibtischstuhl unter die Klinke und sank an der weißen Wand daneben hinunter. Wohlwissend, was jetzt kommen würde. 

"Lillian! Mach auf, verdammte Scheiße! Ich schwöre dir, wenn du nicht sofort aufmachst, prügle ich dich bis du nicht mehr aufrecht stehen kannst!" Stumme Tränen rannen über meine Wangen, meine Augen kniff ich fest zusammen. Was auch immer er mir androhte, er würde niemals die Hand gegen mich erheben. Dafür sah ich ihr viel zu ähnlich.

Ich schlang meine schlaksigen Arme um meine Knie und ließ meinen Kopf schwer darauf fallen. Die Schrei und Rufe meines Dads verschwammen und ich hörte sie kaum mehr, so sehr war ich in der Dunkelheit meiner geschlossenen Lider gefangen. 

"Mum?", wisperte ich in meinem Kopf fast schon vorsichtig in der Erwartung, nichts zu hören. "Ich bin da, Darling" Ihre sanfte Stimme erfüllte meine Gedanken. Ein erleichtertes Schluchzen entkam mir. "Mum..." Ich konnte schon beinahe spüren, wie ihre warme Hand mein Gesicht streifte und mir dir Tränen von den Wangen strich. Ich lehnte mich in die -eingebildete- Berührung. 

"Meine Süße, es tut mir so leid, dass ich nicht bei dir sein kann", tiefe Traurigkeit schwang in Mums Stimme mit. Ich atmete schwer aus. "Es ist nicht deine Schuld", murmelte ich benommen. "Ich weiß... Es tut mir leid"

Nach diesen Worten verschwand ihre tröstliche Anwesenheit. Wie mit einem Stromschlag wurde ich wieder in die Realität zurückgeschleudert, die Schreie meines Dads klangen mir wieder in den Ohren. 

Endlich ließ ich die Welle der Traurigkeit über mir zusammenschlagen. Ich schluchzte, schnappte nach Luft wie ein Ertrinkender und spürte die Tränen über meine Wangen fließen. Ich zog die Nase hoch. Es störte mich nicht. 

Die laute und tiefe Stimme meines Vaters verstummte mit der Zeit. Einige frustrierte Rufe waren noch zu hören, doch dann war er still. Wahrscheinlich war er in seinem Rausch eingeschlafen. 

Fahrig fuhren meine zitternden Hände durch mein gefärbtes Haar. Ich spürte meinen rasenden Puls und konnte meinen abgehackten Atem hören, dann war es plötzlich still.

"Love!" 
Ich zuckte zusammen. Diana. Erschrocken riss ich die Augen auf. Das schwummrige Licht der Nachttischlampe umhüllte uns beide. Dianas braune Augen flackerten nervös. Warte, was hatte sie gesagt?

"Anfangs wollte ich dich nicht aufwecken, dann hast du aber angefangen zu zittern und zu weinen und dann- Oh mein Gott geht's dir gut? Du siehst so fertig aus"

Dianas Stimme war fast schon hysterisch, sie atmete heftig. Ich schüttelte nur abwehrend den Kopf und merkte, dass die Tränen auf meinen Wangen anfingen, zu trocknen. Mit bebenden Fingern streifte Diana über mein Gesicht und wischte die noch teils nassen Tränen weg. Ich lehnte mich in die Berührung.

"Was war los?", wisperte der Lockenkopf besorgt.
"Alptraum", gab ich, ebenfalls flüsternd zurück. "Lass uns schlafen, wir müssen morgen wieder zur Schule" Diana nickte nur teilnahmslos, hob ihren Arm zur Seite und ließ mich meinen Kopf darauf legen. 

Mein Puls war immer noch beschleunigt, als ich die Augen schloss.

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13. September 2022

Forever you and meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt