Kapitel 19

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Nach einer erholsamen Nacht haben wir schnell gefrühstückt, bevor wir in die Stadt gefahren sind. Milosh ist zickig, weil er seinen Sonnenhut tragen muss und meine Mutter hat einen Sonnenbrand und gibt der Sonne dafür die Schuld. Also großartige Voraussetzungen für einen optimalen Start in den Tag.

„Jetzt lass diesen verdammten Hut auf deinem Kopf!", schimpft meine Mutter. Hätte ich doch lieber Matteo mitgenommen. Der hätte sich benommen. Verdammt.

„Ich gehe in das Archäologische Museum", sage ich und deute auf das große Gebäude vor uns. „Da will ich aber nicht hin!", schmollt Milosh und meine Mutter verdreht die Augen. „Gleich dahinten ist das Hellenic Motor Museum", sage ich und ziehe meinen Bruder zu mir. „Das ist was für dich", sage ich und sein Gesicht erhellt sich. „Ich schreibe dir eine Nachricht, wann und wo wir uns treffen", sagt Lourdes und folgt Milosh. Ich nicke ihr zu und laufe zum Museum.
Hier und da mache ich ein paar Fotos von den schönsten Statuen und kaufe mir nach zwei Stunden etwas im anliegenden Café. Mit Gebäck und einem Cocktail mache ich es mir in den Außenanlagen bequem und fokussiere mich auf mein Handy. Matteo hat schon wieder nachgefragt, was ich so mache und vor allem mit wem. Meine Antwort, dass ich in einem Museum bin, hat er mit „Nerd" beantwortet.
Als ich ihm jedoch ein Bild von einer nackten männlichen Statue geschickt habe mit dem Text, dass sein Schwanz die gleiche Größe hat, wie der der Statue hat es ihm sofort die Sprache verschlagen. Um dagegen zuhalten wollte er mir ein Dick-Pick schicken, aber ich konnte ihn noch aufhalten. Sowas möchte ich nicht in meiner Galerie.

Meine Mutter hat mir auch in der gleichen Zeit geschrieben, dass wir uns in dreißig Minuten im anliegenden Park treffen.

„Wie war's?", frage ich Milosh, sobald er um die Ecke gerannt kommt und er zeigt mir sofort die ganzen Fotos, die er gemacht hat. Mit einem breiten Grinsen läuft er mit mir und Lourdes in die Richtung des kleinen Restaurants.

„Ich würde sagen, die letzten Tage entspannen wir", sagt Lourdes und legt die Speisekarte neben sich. „Also Baden?", fragt Milosh, woraufhin ich nicke. „Hört sich gut an", antworte ich und gebe dem Kellner unsere Bestellungen durch.
Nachdem das Essen gekommen ist, kommt eine angenehme Stille auf, auf die ich die ganze Zeit schon gewartet habe.

Im vorübergehenden zu Haus ist mein Bruder schon wieder im Pool verschwunden und ich oben auf die Dachterrasse. Die letzten Stunden des Tages habe ich unter der Sonne verbracht, bevor es auch schon spät wurde. Gähnend lege ich ein Handtuch über meinen Körper und ziehe die Brille von der Nase. Das war genug für heute. Ein klingelndes Handy reißt mich aus meinem Schlaf und ich blicke auf den Bildschirm. Matteo.

„Na kleines", lacht er durch den Hörer und tippt auf seinem Computer herum. „Arbeitest du noch?", frage ich und laufe auf der Terrasse auf und ab. „Natürlich", antwortet er. „Aber es ist doch schon spät", sage ich und Matteo lacht. „Gott, wie ich dich vermisse", sagt er und hört mit dem Tippen auf, „du kannst nicht mehr ohne mich in den Urlaub fahren." „Ich halte das nicht nochmal aus", sagt er, ehe er laut ausatmet. „Schön einatmen und ausatmen", lache ich und packe meine Sachen zusammen. „Ich nehme dir das immer noch übel, dass du mich gestern so abgewürgt hast", sagt er dunkel und ich ziehe mir ein weißes Hemd über.

„Coco!", ruft meine Mutter und ich bleibe stehen. „Mit wem telefoniertest du da?", fragt sie und zeigt auf mein Telefon. „Mit Aven", lüge ich und Matteo gibt keinen Ton von sich. Meine Mutter schaut mich komisch an, nickt jedoch und dreht sich um. „Richte Ihr schöne Grüße aus", sagt sie noch, bevor sie wieder nach unten läuft.

„Das war knapp", flüstere ich und Matteo lacht auf. „Wann willst du mich Ihr eigentlich vorstellen?", fragt er grinsend. „Niemals", antworte ich und Matteo schnappt hörbar nach Luft. „Wie bitte?", fragt er nach und ich muss mir ein Grinsen verkneifen. „Bei deinem beruflichen Hintergrund doch nicht", antworte ich und Matteo bleibt immer noch still. „Nimm es mir nicht Übel, aber ich habe jetzt schon so viel gelogen und ich kann das alles langsam nicht mehr", sage ich und schaue in die Luft.

„Also werde ich deine Familie nie kennenlernen?", fragt er nach. „Das ist nur zu deinem Besten", verteidige ich mich. „Nicht einmal wenn wir heiraten werden?", fragt er. „Nein dann schon, dass ist ja schließlich eine Ausnahme", antworte ich.
„Moment mal - wer hat gesagt, dass wir heiraten werden?", frage ich nach und Matteo fängt an laut zu lachen. „Ach kleines, ich bekomme dich noch dazu", grinst er. „Gute Nacht", betone ich jede Silbe und lege auf. Also wirklich.

Nach dem bis jetzt peinlichsten Telefonats meines Lebens, lege ich mich ins Bett - doch die Nacht wird kürzer als gedacht. Schon um vier Uhr hat Milosh ausgeschlafen und ist in den Pool gesprungen. Leider liegt mein Zimmer genau neben diesem, weswegen ich jedes auch so kleinste Geräusch mitbekommen habe. Als wäre das schon nicht genug, hat er mich zudem mit seinem nassen Handtuch geweckt, was er gegen sechs in mein Gesicht geworfen hat.

Heute ist endlich der letzte Tag, den ich nochmal mit ausgiebigem trinken, rauchen und baden vertagt habe. Lourdes hat schon unsere Koffer gepackt und ist wieder in ihr altes anstrengendes Ich übergegangen. Milosh ist genervt, weil unsere Mutter ihn nicht in Ruhe lässt und diesen Frust lässt er an mir aus. „Pack deine Sachen, wir fliegen doch schon heute Abend!", ruft meine Mutter und ich schwimme aus dem Pool. Den werde ich vermissen. Meinen nassen Bikini hänge ich zum Trocknen über die Heizung und krame meine Sachen zusammen. Mit meinem ganzen Gewicht lege ich mich auf meinen überfüllten Koffer, ehe dieser klickt.

„Es war wirklich schön hier", sagt meine Mama und schaut aus dem Fenster des Flugzeugs. „Also hat es euch gefallen?", frage ich und lächle Milosh und Lourdes an. Beide nicken. „Danke dir", flüstert meine Mama und ich setze meine Kopfhörer auf. Milosh lehnt sich an meine Schulter und schaut seine Serie auf dem Tablet.

Als der Flieger gelandet ist, steht meine Mutter als Erste auf und die Hälfte des Flugzeugs macht es ihr gleich. Milosh steht auch schon in meiner Hosentasche und ich habe Mühe alles von dem kleinen Tisch vor mir wegzuräumen. „Bist du dann mal fertig?", fragt meine Mutter und stemmt die Hände in die Seiten. „Beruhig dich", flüstere ich und stelle mich in den überfüllten Gang. Sobald sich die Türen öffnen, werde ich von hinten nach draußen gedrückt - eher geschubst.

„Ich geh dann noch einkaufen", sagt meine Mutter und tippt im Taxi auf ihrem Handy herum. „Du räumst die Koffer aus und wirfst die dreckigen Sachen in die Wäsche", fügt sie hinzu und zeigt dabei auf mich. „Na klar", sage ich und verdrehe die Augen, sobald sie sich wieder nach vorne gedreht hat.

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