Kapitel 6

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„Setz dich", sagt Vadik und rückt mir meinen Stuhl zurecht. Er ist ein wahrer Gentleman geworden. Sobald ich Platz genommen habe, schaue ich ihn wieder an und wen erkenne ich da?
Genau rechts, hinter ihm in der Ecke sitzt Matteo. Will der mich verarschen? Ich mache das hier.
Er schaut hoch, grinst mich an und trinkt aus seinem Weinglas.

„Alles okay bei dir?", fragt mein Vordermann, dem ich eigentlich meine Aufmerksamkeit schenken sollte. „Ja klar, alles gut", lüge ich. Nachdem wir bestellt haben, fangen wir mit unserem Gespräch an, auf das ich mich schon die ganze Zeit so gar nicht gefreut habe.

„Du siehst immer noch so aus wie damals", stellt er fest und zeigt auf mein Gesicht. „Du hast dich aber ganz schön verändert", antworte ich und Vadik nickt. „Ja das stimmt", grinst er und greift nach meiner Hand, die er lose in seiner platziert.

„Wieso hast du mich wieder kontaktiert?", fragt er und schaut mich dabei ruhig an. „Ich weiß das klingt kitschig, aber ich hatte Sehnsucht nach dir", sage ich und streiche meine Haare nach hinten. „Klingt überhaupt nicht kitschig", sagt er und hält meine Hand nun fester. „Ich habe mich sehr gefreut, als du mir geschrieben hast", lächelt er, bis uns der Kellner mit dem Essen unterbricht.

Ich hasse ihn. Ich will das nicht mehr spielen. Ich hasse Matteo dafür, dass ich das machen muss. Vadik war am Anfang unserer Beziehung genauso wie heute Abend, doch dann änderte sich alles. Vadik wurde öfters handgreiflich, hat exzessiv Alkohol getrunken - dank ihm habe ich übrigens mit dem Alkohol angefangen. Seine Überheblichkeit und sein Prahlen waren jedoch am schlimmsten. Wie oft er mich runtergemacht hat, nur weil ich aus für ihn „ärmeren" Verhältnissen komme. Wie oft er mich vor seiner Familie bloßgestellt hat und vor gemeinsamen Kommilitonen. Und ich Vollidiot bin immer wieder zu ihm zurück.

„Wie ist dein Essen?", fragt Vadik und reißt mich aus den Gedanken. „Es ist sehr gut - bei dir?", frage ich und Vadik verzieht seinen Mund. „Nicht gerade sehr gut", erklärt er. „Ich denke, ich bin solche billigen Restaurants nicht mehr gewöhnt. Seitdem du weg bist, musste ich ja nicht mehr in solche Läden gehen", lacht er und ich balle die Faust unter dem Tisch. Sofort konzentriere ich mich auf meine Atmung und ignoriere seine Bemerkungen. Schön professionell bleiben.

„Hast du eigentlich deinen Eltern von unserem heutigen Treffen erzählt?", frage ich und lege mein Besteck nieder. „Natürlich!", sagt er und stellt sein Weinglas ab. „Was haben sie dazu gesagt?", frage ich und kaue auf meinen Lippen herum.
„Sie hielten nicht viel davon, aber ein bisschen Ablenkung sollte mir nicht schaden, haben sie gesagt", erzählt er und grinst mich an. „Du hast also immer noch einen innigen Kontakt zu deinen Eltern", stelle ich fest und Vadik nickt wieder. Ach ja, er ist auch ein Muttersöhnchen und schickt dazu seinen Vater, der auch noch Anwalt ist immer vor sich, wenn er Mist gebaut hat. Ein richtig erwachsener Mann.

„Die Meinung meiner Eltern ist für mich immer noch die wichtigste", sagt er und grinst siegessicher.
Unsere Teller werden nach kurzer Zeit, in der mich Vadik mit Geschichten über seinen letzten Urlaub mit seinen Eltern vollgeplappert hat, abgeräumt. Die Rechnung liegt nach kurzer Zeit auf unserem Tisch und ich greife nach meiner Tasche, um mein Portemonnaie herauszuholen.

„Ich übernehme das!", sagt er und legt die passende Summe ohne Trinkgeld in die kleine Mappe mit der Rechnung. „Danke schön", sage ich und stecke mein Portemonnaie wieder weg. „Bist du also immer noch arm?", fragt er und zeigt auf mich. „Bitte?", frage ich und stemme meine Arme auf den Tisch. „Du hast mich schon verstanden", sagt er und lehnt sich nach hinten.

„Um Missverständnisse zu vermeiden...", fängt er an, „ich bin an keiner Beziehung mit dir interessiert - du bist nicht in meiner Gehaltsklasse."

„Aber dein Körper ist so schön wie immer und ich vermisse ihn", fügt er hinzu und greift wieder nach meiner Hand, die ich jedoch wegziehe. Mein Blick schweift nach hinten zu Matteo der mir bereits in die Augen schaut.

NUDES? IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt