Kapitel 34

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Drei Tage sind jetzt schon vergangen, in denen Matteo und ich uns nicht gesehen haben. Um ehrlich zu sein kam mir das sehr zugute. Ich musste viel für die Uni nachholen und auch wieder Zeit mit meiner Familie verbringen.
Matteo hingegen musste arbeiten gehen und seinen Geschäften nachgehen. Zumindest hat er mir das alles geschrieben - vor zwei Tagen. Ich habe keine Ahnung, was mit ihm los ist, aber es ist komisch. Vielleicht gehört das alles zu seinem Entzug.
Das wird es schon sein.

Aven liegt in meinem Bett und hat ihren Kopf über ihr Handy gebeugt. Kichernd scrollt sie durch die Apps. „Gehen wir heute ins Red Dance?", fragt sie. „Ich dachte du fragst nie", offenbare ich. Mit einem Grinsen geht meine Freundin zu meinem Schrank und nimmt sich wie immer alles heraus was sie will. Nachdem wir fertig sind, laufen wir zur S-Bahn und fahren zum Club.

„Wir haben heute einen neuen Rekord aufgestellt", sagt meine Freundin, während sie ein Pflaster auf ihre Ferse klebt. „Wie?", frage ich. „Uns haben heute 23 Leute - männliche Leute pervers angeschaut", sagt sie und steht genervt auf. „Wir können nicht einmal Bahn fahren, ohne dass uns ein alter Sack mit seinen Blicken auszieht." „Dann nehmen wir nach Hause ein Taxi", sage ich und öffne uns die Tür zum Club. „Ich bitte darum", sagt Aven.

„Holen wir uns erstmal ein paar Drinks", lache ich und nehme sie an der Hand zur Bar. „Na die Damen", sagt der Barkeeper und schiebt uns ein paar Shots rüber. Dankend nehmen wir die Getränke an und Avens Gesicht erstrahlt wieder. „Ich geh mich mal umschauen", sagt sie und nimmt sich die Schüssel Brezeln mit.

„Coco!", ruft der Barkeeper meinen Namen und schaut mich eindringlich an.
„Was ist los - meinst du die Brezeln? Aven bringt sie gleich wieder", verteidige ich mich und halte die Hände vor mich. Sein Mund zuckt nach oben, bevor er sich über den Tresen lehnt. „Den Typ, den du letztens mit hier hattest, ist auch da und ist nach hinten gegangen", sagt er und zeigt auf die hinteren Räume, die den Gang runter liegen. Scheiße.

„Soll ich mitkommen?", fragt er und ist schon dabei seine Schürze abzulegen. „Nein, lieber nicht - ich will keinen Zeugen haben, wenn ich ihn umbringe", zische ich und leere den letzten Shot aus. „Pass auf dich auf", sagt er, bevor ich mich durch die Menschenmenge drängle. Hoffen wir mal, dass seine Überdosis heute geglückt ist.
Sonst werde ich dafür sorgen, dass er stirbt.

An den Toiletten vorbei, schiebe ich die große Tür auf und laufe die kurze Treppe herunter. Mit schnellen Schritten laufe ich auf die vorletzte Tür zu.
Mit der Hand an der Klinke bin ich kurz davor durch die Tür zu stürmen - stoppe jedoch. Soll ich es tun? Soll ich es einfach „übersehen" - so tun, als wäre nichts? Mit der Lüge weiterleben? Mit diesem Matteo weiterleben? Ich liebe diesen Kerl - aber es geht mir so auf die Nerven. Dieses ständigen Lügen.
Mit zitternden Händen drücke ich die Klinke herunter und mache die Tür auf. Sofort dröhnt Musik nach draußen und es scheint ein hellblaues Licht durch den Spalt. Ich atme noch einmal tief ein und aus, bevor ich die Tür komplett öffne und das sehe, was ich nie wieder sehen wollte.

„Was zur Hölle machst du?", frage ich mit einem roten Gesicht. „Nach was sieht es denn aus, Schatz?", lacht Matteo und senkt sich über den Tisch, um noch eine Line zu ziehen. Er schnellt sofort nach oben und hält sich die Nase zu. Seine Augen presst er dabei schmerzhaft zusammen und legt seinen Kopf nach hinten. Nach wenigen Sekunden löst sich anscheinend der Schmerz und er lacht wieder wie ein Verrückter.
„Matteo - ich dachte -", fange ich an, doch werde von ihm unterbrochen. „Tja, kleines. Falsch gedacht - ich habe nie damit aufgehört", grinst er und zwinkert mir zu. „Du hast mir doch aber auf deinem Handy gezeigt, dass du seit ein paar Tagen clean warst - hast du dir das ausgedacht?", frage ich. „Das war fake, kleines", antwortet er und lässt seine Kreditkarte auf den Tisch fallen, ehe er mich anschaut. „Enttäuscht?", fragt er und zieht höhnisch eine Schnute. Ja, und zwar von mir.

„Weißt du, dass das...", sage ich und zeige auf das weiße Pulver, „der einzige Grund an dir ist - der einzige Grund, der falsch ist und der mich stört?
Ich kann mit deiner Kaltherzigkeit, Eifersucht und Persönlichkeitsstörung leben. Ja verdammt nochmal. Ich würde mich sogar für dich in eine Kugel werfen. Aber diese Drogen. Ich bin so enttäuscht", sage ich und eine Träne läuft über meine Wange. „So enttäuscht - ich fühl mich so verarscht, betrogen... ich bin so sauer Matteo!"

„Steigere dich nicht so rein", sagt er und schaut mich wieder an. „Weißt du eigentlich, dass du von dem weißen Zeug sterben kannst? Ist dir eigentlich die Wirkung von Kokain bewusst?", frage ich und er nickt nur stumm. „Vielleicht hast du ja bald mal Glück mit deiner Überdosis!", schreie ich und er schaut mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. Schwer atme ich aus. „Matteo -", fange ich an und laufe auf ihn zu. „Ich hätte niemals gedacht, dass ich sowas sagen muss aber entweder ich, oder dein kleines Hobby hier", sage ich und schlage auf den Tisch. Geschockt blickt mir Matteo in die Augen.

„Coco, ich - was - wie meinst du das?", sagt er panisch und schnellt von der Ledercouch auf. „Du hast mich schon verstanden", sage ich.
Hastig packt mich Matteo an meinen Schultern und zieht mich vor sich. „Und?", frage ich mit fester Miene. Eigentlich will ich gar nichts mehr mit ihm anfangen - oder ... was auch immer. Matteo öffnet seinen Mund und innerlich hoffe ich auf die Worte, die ich hören will, die Worte, die ihn retten können, die Worte, die ich verdammt nochmal hören will. Doch nichts kommt aus seinem Mund. Nichts.

Den offenen Mund schließt er wieder und schaut sich im Raum nach einer Antwort um. Er liebt die Drogen anscheinend mehr als mich. Er liebt so ein weißes Pulver mehr als mich. Lachend entferne ich mich von ihm und will gehen, doch Matteos Griff hält mich immer noch auf. Ich drehe mich um und schaue in sein versteinertes Gesicht. Ihm fällt nichts ein. Langsam nähere ich mich dem Mafioso und stelle mich vor seinem Gesicht auf die Zehenspitzen.

„Bitte stirb nicht, ich kann jetzt nicht mehr auf dich aufpassen", sage ich und drücke ihm noch einen Kuss auf die Stirn, während ich ihn durch den Größenunterschied nach unten drücken muss.
Hastig laufe ich zur Tür und schließe sie hinter mir. Mit schnellen Schritten renne ich aus dem Gang raus und höre, wie die Tür hinter mir in die Wand knallt.
„Coco!", brüllt Matteo und rennt los.

Ich mache es ihm gleich und renne blitzschnell aus der Tür, rein in den eigentlichen Club. Matteo bekommt noch meine Schulter zu fassen, was ich jedoch erfolgreich abschütteln kann und in der tanzenden Menge verschwinde. Panisch schaue ich mich im Club um und entdecke Aven in der Tanzmenge, zusammen mit einem Typen. Ich dränge mich durch die Meute und signalisiere Aven, dass ich gehen werde. Sie nickt schlicht und hängt sich wieder an ihren Mann.

NUDES? IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt