"I always felt like I saw things differently. Saw things other people didn't." — Lois Lowry
Meine Welt zerbrach. Ich konnte nicht mehr klar denken, nicht mehr atmen, nicht mehr existieren. Da war so viel Blut. Da war so viel von Reeds Blut. Der ganze Schnee um ihn herum leuchtete in einer schrecklich roten Farbe und für mich ergab nichts länger Sinn. Weder was das für ein Ding gewesen ist, noch woher der Reiter herkam, der mir nun von der Nähe doch ziemlich bekannt vorkam. Er arbeitete für Rowan. Wie kam er hierher? Hatte Rowan ihn hergeschickt? Ich war maßlos verwirrt, doch die Verwirrtheit hielt nicht lange. Ich war so vor Sorge erdrückt, dass ich nur an Reed denken konnte und wie dieser halb am Verbluten war.
„Ich habe die Tücher geholt", sagte ich und reichte sie dem Reiter, der mich zu seinem gigantischen Pferd gescheucht hatte, um diese zu holen. Ich ergriff sofort Reeds Hand und sah zu, wie der Reiter ihm das Oberteil zerriss und die Tücher anfing, auf die tiefen Kratzer zu drücken, sie abzubinden.
„Das sieht nicht gut aus. Er braucht Hilfe! Gibt es hier Heiler? Irgendwer muss was tun", sagte ich hysterisch und spürte, wie Tränen über meine Wangen kullerten. Reed war so blass geworden und seine Hand hing schlaff in meiner. Ihn so zu sehen zerstörte mich. Es erinnerte mich daran, wie er damals fast wegen Rowan gestorben wäre. War es das, worum es hier ging?
„Bitte rette ihn! Ich gebe dir alles. Meine Seele, du kannst sie haben, es ist mir egal. Bitte, bitte rette ihn einfach."
„Psht!", sagte er streng. „Sag so etwas niemals an diesem Ort! Hast du den Verstand verloren! Jeder hier würde deine Seele wollen, damit ist nicht zu scherzen."„Er darf nicht sterben", schluchzte ich und kam mir so hilflos vor. Ich wusste nicht, wie ich ihn retten könnte.
„Wird er nicht. Ich bringe euch zur Höhle. Ihr müsst zurück, dann kannst du ihn mit deinen Kräften retten."
„Meine Kräfte..." Natürlich. Als Wächter und Seelenpartner konnten wir uns gegenseitig Kraft geben. Hier funktionierte das nicht aber wären wir erst zurück...
„Na los, geh zum Pferd!" Ich erhob mich und sah zu, wie der Fremde Reed hochhob. Hastig eilten wir zum Pferd, wo er Reed auf dieses hob und ich ihn festhielt, während der Reiter sich nun selbst aufs Pferd schwang.
„Schaffst du es hoch?"
„Kann das Pferd uns alle tragen?" Skeptisch sah ich das Tier an. Es war so viel größer als jedes normale Pferd, aber zwei schwere Männer und eine Frau erschien mir ziemlich viel Gewicht.„Das ist die Unterwelt, Kleine. Das Pferd ist stark." Er reichte mir seine Hand und mühsam erkämpfte ich mir einen Weg hinter ihm auf das Tier und klammerte mich noch rechtzeitig an den Reiter fest, ehe er das Pferd antrieb.
„Wieso bist du hier und hilfst uns? Hat Rowan dich geschickt?", fragte ich, um mich etwas vor meiner Angst abzulenken.
„Rowan? Wie kommst du auf Rowan?", schnaubte er gekränkt.
„Du warst in seinem Haus. Und du warst in dem Wald vor seinem Haus. Du arbeitest doch für ihn." Ich hatte ihn beide Male nur in Rowans Gegenwart gesehen. Wieso sonst würde er sich dort aufhalten? Wieso sonst würde Rowan ihn auf seinem Grundstück tolerieren?
„Oh Kleine, lieber springe ich in den Abgrund der ewigen Verdammnis als Rowan zu dienen. Wenn ich könnte, würde ich ihm gerne das Herz aus der Brust reißen, dann weiß er, wie es sich anfühlt." Er lachte trocken und ich kapierte allmählich gar nichts mehr. Wenn er nicht für Rowan arbeitete, wie hatte er sich so unbemerkt in dessen Haus schleichen können? Wie konnte er dann nun hier sein?Es war kurz irrelevant. Alles, was von Bedeutung war, war Reed zu retten. Dieses Pferd war verdammt schnell. Mit Leichtigkeit kamen wir bei der Höhle an, wo unsere Reise gestartet ist, und ich sprang sofort vom Pferd, wo der Reiter Reed sogleich in die Höhle trug.
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Avenoir| Band 3 [18+] ✓
Fantasy||Band 3 'Die Legende der Unterwelt'|| Belogen. Verraten. Entführt. Nachdem das Leben von Alice nach einigen schockierenden Wahrheiten und einem verhängnisvollen Deal auf den Kopf gestellt wurde, kommt es nur noch schlimmer. Von ihrer großen Liebe i...