Avenoir| Band 3 [18+] ✓

42. Wünsche

"I loved you completely. And you loved me the same. The rest is confetti." - Eleanor Crain

Wächter beerdigen ihre Toten nur selten. Durch die vielen alten Bräuche glaubten wir daran, dass die Seelen nur freigesetzt werden können, wenn die Körper verbrannt werden. Reiter sahen es ähnlich. Einer unserer Gemeinsamkeiten.

So standen wir nun versammelt in dem Garten von Kellins Anwesen und sahen zu, wie die Leichen von Sasha, Teddy und zwei Männern Kellins verbrannt wurden. Die Sonne ging gerade auf und verbarg den aufsteigenden Rauch etwas mehr. Der Geruch war beißend und der Anblick der Toten berührte mich. Ich hatte die zwei Männer von Kellin nicht gekannt. Sie waren immer irgendwie da gewesen, aber bevor sie starben, hatte ich nicht einmal ihre Namen gekannt. Auch Sasha hatte ich nicht wirklich gekannt, aber er hatte sich geopfert. Er war an meiner Seite gestorben, er hatte verhindert, dass Rowan mir sonst was hätte anhaben können. Ich wollte mir nicht ausmalen, was gewesen wäre, wenn er ihn nicht abgelenkt hätte. Ich werde ihn nie vergessen. Der Mann, den ich ganz unwissend im Park kennen gelernt hatte und aus dem ich nie ganz schlau geworden war. Nun war er fort.

Teddy war offenbar gleich zu Beginn des Schusswechsels gestorben. Holly war mit dem Finger auf ihrer Waffe abgerutscht und hatte den ersten Schuss abgefeuert, der irgendwo ins Nirgendwo gerichtet war. Als Teddy neben ihr sie zur Seite drängte, um sie vor den Schüssen der anderen zu schützen, wurde er am Hals getroffen.

Er hatte uns allen geholfen. So oft. Nun war er fort.

Regungslos stand ich neben Reed, der meine Hand eisern in seiner hielt. Ich wusste nicht, was ich fühlen sollte. Wir hatten versagt. Mal wieder. Wir hatten nur dieses Mal auch noch Leute verloren. Gute Leute.

Das so zu sehen, ließ einem klar werden, wie verdammt ernst das alles war.

Würden wir bald alle so enden?

Ich wagte es zu Hayden zu sehen, der neben Sam stand und mit Tränen in den Augen dem brennenden Körper Teddys ansah. Was auch immer je zwischen ihnen gestanden war, es würde niemals wieder gerichtet werden können. Dafür war es nun zu spät.

In mir wuchs die Hoffnungslosigkeit. Wir konnten nicht siegen. Wie sollten wir siegen? Rowan würde sich niemals erneut mit uns treffen und selbst wenn, war er uns vor allem mit Malia an seiner Seite immer einen Schritt voraus. Durch sie bekam er so verdammt viel Kraft. Wir müssten sie von ihm trennen, was genauso unmöglich war, außer wir warten die Zeit ab, bis der Monat vorüber war, nur wäre es dann vermutlich längst zu spät.

Die Stimmung war dementsprechend miserabel. Kellin hatte sich in seinem Zimmer eingesperrt. Hayden war nach der Bestattung mit Sam abgehauen. Meine Brüder mussten ins Quartier und da keiner wirklich Lust hatte zurück zur alten Waldstraße zu gehen, um das Chaos dort zu bereinigen, taten Reed und ich es.

Wir wollten sichergehen, dass alles aufgeräumt war. Keine Blutpfützen zu sehen waren oder Waffen im Gebüsch lagen. Der Ort würde schon genug Aufsehen erregen mit dem großen Loch in der Straße, von dem ich nicht wusste, ob ich es genauso einfach wieder verschließen könnte.

Als wir ankamen, sah es auf dem ersten Blick normal hier aus. Das Loch war noch da, aber ansonsten war die Straße die gleiche. Von dem Blut auf dem Boden war keine Spur zu sehen.

„Sie haben aufgeräumt", sagte Reed, der mit mir die Straße entlanglief.

„Diese Straße ist wahrlich verflucht", murmelte ich und Reed sah mich von der Seite an.

„Das Autorennen damals war nur halb so wild."
„Wir wären beinahe gestorben."
„Oh bitte", schnaubte er und grinste frech, nahm meine Hand in seine. „Du warst zu theatralisch, aber ich erinnere mich gut daran, dass ich dich anschließend etwas besänftigen konnte."
„Nachdem du mich verärgert hast und ich in einen See gefallen bin?"
„Ja... das war nicht schön. Ich hatte kurz Angst gehabt, du könntest..."
„Ich weiß. Ich dachte auch, ich würde ertrinken, aber du hast mich gerettet", sagte ich und lächelte ihn sanft an.