22. Gefährliches Spiel

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"Your memory feels like home to me. So whenever my mind wanders, it always finds it's way back to you." ― Ranata Suzuki

Ich bekam keine Freiheit mehr. Als ich zum Morgengrauen aufwachte, wurde ich nur gleich wieder ruhiggestellt. Rowan gab mir keine Zeit, mich zu erholen. Er hielt mich schwach, um mich zu zerbrechen. Er wollte mr zeigen, wie hilflos ich war, wie mächtig er hingegen sein konnte und wie er mich behandeln konnte, wie es ihm beliebte.

Ich verlor ein bisschen mein Zeitgefühl. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, die zwischen den Momenten verging, in denen ich es schaffte, die Augen zu öffnen, aber ich wusste, dass es insgesamt höchstens paar Tage gewesen sein konnten.

So ging das mehrere Male. Ich wachte auf, bekam eine Spritze in meinen Arm gedrückt und schlief wieder ein. Es war die reinste Folter nie ganz aufzuwachen, so verwirrt zu sein, so verloren in der Dunkelheit. Es war so also weniger verwunderlich, dass ich fast vor Erleichterung geweint hätte – würde ich es noch können – als ich irgendwann aufwachte und wach bleiben durfte. Außer mir war keiner im Zimmer, der mich gleich ruhigstellen könnte. Ich durfte wach bleiben, wo ich allerdings erst einmal einige Momente brauchte, um mich damit anzufreunden, wieder wach zu sein. Es dauerte, bis mein Kopf halbwegs klar denken konnte, bis ich es schaffte, meine Finger und Zehen zum Bewegen zu bringen. Irgendwer hatte mir ein schwarzes Nachtleid angezogen, das in meinen Augen zu durchsichtig und kurz war. Die Vorstellung, Rowan könnte die Person gewesen sein, die mir das angezogen hatte, widerte mich einfach nur an. Was er sonst wohl mit mir angestellt hatte, als ich bewusstlos war? Wollte ich es überhaupt wissen?

Es kostete mich sämtlich Kraft ins Bad zu gelangen. Ich musste krabbeln, so sehr zitterten meine Beine. Wie viel Zeit wohl schon vergangen war? Die Verletzungen an meinem Körper wirkten minimal abgeheilt also konnte seit der Explosion sicher keine Woche vergangen sein, aber wirklich einschätzen konnte ich es nicht. Ich schaffte es nicht einmal mir wirklich Gedanken darüber zu machen. Ich musste versuchen, diesem Beruhigungsmittel zu entkommen. Wenn ich weiterhin ständig betäubt wurde, würde ich niemals etwas erreichen. Mein Kopf war wie Pudding, mein Körper zu nichts zu gebrauchen und es gab kein Entkommen. Wie sollte ich in diesem Haus nach etwas suchen, das mir hilft? Vor allem, wenn dieses etwas bei Rowan war? Nein, ich müsste versuchen, ihm nahezukommen. Ich müsste versuchen, zu kooperieren. Sicher wäre es zwecklos, aber irgendwas musste ich machen! Würde er mich nur weiterhin betäuben, würde ich niemals irgendwas schaffen. Ich musste ihn von mir überzeugen, ich musste ihn überzeugen, dass ich harmlos war, gefügig und wach viel amüsanter wäre als im schlafenden Zustand.

Im Bad setzte ich mich entkräftet unter die Dusche und versuchte mir gleichzeitig die Zähne zu putzen. Mein Mund fühlte sich wie Staub an. Ich muss seit einer Ewigkeit nichts gegessen haben, so sehr schmerzte mein Magen, und dass ich noch nicht dehydriert war, glich einem Wunder. So trank ich sicher zwei Liter aus dem Wasserhahn und hätte mich beinahe nur wieder übergeben, so sehr stresste ich meinen Magen mit all der plötzlichen Flüssigkeit.

„Du solltest es langsam angehen, wenn du nicht brechen willst."

Verschreckt sah ich zu dem fremden Mann, der an der Türe gelehnt stand und mich musterte, wie ich mich zitternd am Waschbecken klammerte und versuchte zu trinken, ohne dabei umzukippen.

„Bist du hier, um mich zu betäuben?", fragte ich verängstigt und er lächelte schwach, beinahe traurig.

„Nein, das würde ich dir nie antun", versicherte er mir aufrichtig, so dass ich die Stirn krauszog, ihn irritiert musterte.

„Du bist der Mann aus dem Wald", stellte ich fest. Langsam fing ich an ihn zu erkennen: das freche Grinsen, die dunklen Haare, die seltsame Kleidung, die aussah, als wäre sie mehr Schuluniform und weniger ein Anzug. Ich hatte ihn bei meiner Flucht aus dem Haus gesehen, da hatte er auf einem Ast gesessen, ehe er einfach verschwunden war. Natürlich würde ich ihn hier sehen. Er arbeitet ja für Rowan.

Avenoir| Band 3 [18+] ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt