"There's still a piece of me that can't let go of you." — Skylar Grey
Ich hatte nicht schlafen wollen. Leider war ich noch so erschöpft von dieser Betäubung gewesen, dass mir wohl irgendwann letztendlich doch die Augen zugefallen sind.
In meinen Träumen sah ich ziemlich zusammenhangloses Zeug, nichts davon war wirklich erfreulich. Immerzu wurde ich gejagt, wurde eingesperrt oder kam mir anders hilflos vor. Meine Träume zeigten mir meine eigenen Schwächen, sie zeigten mir, dass ich die einzige Person wäre, die mir helfen könnte. Sie sollten vermutlich auf eine sonderbare Weise ermutigend sein und mir Kraft geben, stattdessen kam ich mir nur noch elendiger vor. Was brachte es mir schon, kontinuierlich mit meiner eigenen Schwäche so konfrontiert zu werden? So war ich einfach nur froh, als der Spuk ein Ende fand, ich durch ein sanftes Rütteln erwachte.
Benommen öffnete ich die Augen, setzte mich aufrecht hin von der kurzen Orientierungslosigkeit, die mich übernahm, ehe ich im Licht der Nachttischlampe Reed ausmachte, der eilig einen Schritt zurücktrat, als er bemerkte, wie verloren ich wirkte.
„Du bist wieder da", stellte ich fest, sah ihn im schwachen Schein der Lampe an und stellte fest, dass er recht zerzaust wirkte, als ob er einen sehr anstrengenden Tag hinter sich gehabt hätte. Seine Harre waren ganz wirr – was sie in letzter Zeit immer öfters waren-, sein Hemd wirkte so, als ob jemand daran gezogen hätte und seine Hände wirkten wund.
Was hatte er getan?
Wollte ich es denn wissen?
„Tut mir leid dich wecken zu müssen, aber du hast so unruhig gewirkt", sagte er und ich dachte kurz an meine Träume. Es schien unmöglich, mich gänzlich an sie zu erinnern, nur vage Bilder wagen übriggeblieben und selbst diese wollte ich nur ganz schnell wieder loswerden.
„Es ist nur halb so wild", meinte ich und beobachtete ihn aufmerksam, als er sich mir wieder näherte, ganz langsam, als ob er auch jede Reaktion meinerseits beobachten würde, testen wollte, wie ich mich benehmen würde.
Ich stoppte ihn jedoch nicht, gewährte, dass er sich auf das Bett setzte.
Meine Angst vor ihm war fort. Ich glaubte ihm, zumindest so weit, dass er mich nicht töten würde. Würde er mich unbedingt tot sehen wollen, hätte er das dann nicht längst getan? Vielleicht wartete er auch einfach nur auf irgendwas Bestimmtes, ich konnte es nicht sagen, meine Fähigkeit Menschen einzuschätzen war mittlerweile sowieso völlig für den Müll. Ich war im derzeitigen Augenblick zu müde und erschöpft, um im Fluchtmodus zu sein, insbesondere da es mir sowieso nichts bringen würde. Ich konnte nirgends hin und solange er friedlich gestimmt war, würde ich keinen neuen Streit beginnen.
Was seine genauen Absichten waren, konnte ich kaum sagen, doch mein Tod schien es nicht zu sein und das beruhigte mich.
„Du solltest den anderen sehen", sagte er scherzend, als er meinen Blick auf seine Verletzungen bemerkte, und ich zog die Stirn kraus. Das klang ja erfreulich.
„Wen hast du nun wieder getötet?", fragte ich kühl und er sah weiter zu mir, wirkte nicht so belustigt wie ich es dachte, stattdessen schien er seine Erschöpfung nach außen hin widerzuspiegeln.
„Niemanden. Ich versuche ein paar Dinge geradezubiegen, die ich vermasselt habe. Ich versuche auf eine ganz eigenartige Weise nur das richtige zu tun. Aber selbst der richtige Weg ist nicht immer so frei von Fehlern, wie man es glaubt", sagte er.
„Und welche Dinge wären das?", fragte ich ihn und er lächelte nun, auch wenn es kein echtes Lächeln war, seine Augen nicht von diesem berührt wurden.
„Ich habe auf meinen Weg bis zu diesem Punkt meines Lebens viele Dinge getan, viele abscheuliche Ding, wie du es dir sicher vorstellen kannst", erklärte er mir. „Damals war es mir gleich gewesen, was meine Taten für Folgen haben könnten, ich war jung und naiv gewesen und Dunkelheit konnte mich faszinieren. Dann fand ich eine größere Bestimmung in meinem Leben, der ich nachging, und mit ihr brachen die Dunklen Tage aus und ich war mir sicher, dass ich das richtige tat, dass jeder, der mir im Wege stand, es nicht anders verdiente, als zu sterben. Der Tod verfolgte mich, als ob ich ein verfluchter Reiter wäre, und die Leute erzitterten, wenn sie meinen Namen hörten oder viel eher den Namen, den ich mir zum Schein gegeben hatte. Ich änderte meine Einstellung nie, ich war mir so sicher, dass Richtige zu tun, selbst als Grace starb dachte ich, ich würde das richtige tun. Natürlich verachte ich mich dafür, dass ich bei ihr... so versagt hatte, aber ich war mir so sicher gewesen, dass mein Weg der richtige war."
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Avenoir| Band 3 [18+] ✓
Fantasi||Band 3 'Die Legende der Unterwelt'|| Belogen. Verraten. Entführt. Nachdem das Leben von Alice nach einigen schockierenden Wahrheiten und einem verhängnisvollen Deal auf den Kopf gestellt wurde, kommt es nur noch schlimmer. Von ihrer großen Liebe i...