47. Alice Noir

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"My soul shattered with the strain of trying to belong to earth." - Louise Glück

Reed verließ meine Seite nicht mehr.

Wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, mich zu küssen und zu halten, dann telefonierte er mit seinen Leuten. Mit Palina, Arnold oder Kellin. Er wollte meinen kommenden Tod nicht akzeptieren und er suchte einen Ausweg. Was dieser sein würde, wusste ich nicht, ich wollte mir auch keine Hoffnung machen müssen. Ich war einfach froh, dass er hier war und nun die Wahrheit kannte.

Jeder, der es in meinen Augen wissen sollte, war nun eingeweiht. Elin, Sam, Hayden, Malia, Kellin und Reed. Es war unfair meine Familie im Ahnungslosen zu lassen, aber ich brachte es anders nicht übers Herz. Ich wollte nicht, dass meine Eltern mit Dari herkommen und sich unnötig in Gefahr begeben, und ich wollte nicht noch mehr Tränen sehen und mehr Trauer erleben. So wie es jetzt war, war es am besten.

Rowan war zwar eingesperrt, aber seine Leute waren immer noch frei. Leute wie Victoire Bardeaux oder Aurora Wentworth liefen immer noch frei herum. Es war zu gefährlich, nun unaufmerksam zu werden.

„Können wir kurz Partner tauschen?" Ich sah zu Kellin, der mit Malia an seiner Seite mein Zimmer betreten hatte, in dem Reed und ich zusammen im Bett kuschelten. Wir taten das sehr, sehr oft mittlerweile. Obwohl es Sommer war und es in meinem Zimmer gefühlt tausend Grad heiß war, bestand Reed darauf, mich so feste es ging in den Armen zu halten.

„Ich muss mit dir reden. Malia bleibt so lange bei Alice", sagte Kellin weiter und ich löste mich von Reeds Umklammerung, richtete mich etwas mehr auf.

„Natürlich", sagte ich, ehe er protestieren konnte.

„Beeil dich aber", murrte er unglücklich gehen zu müssen, ehe er mich küsste und seinem Bruder aus dem Zimmer folgte, mich mit meiner Cousine allein ließ.

„Wie geht es dir?", fragte ich sie und sie musste lachen.

„Das fragst du mich?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Du warst fast einen Monat bei Rowan und bist erst seit wenigen Tagen zurück."
„Mir geht es gut. Es ist nicht das erste Mal, dass ich es überlebt habe bei ihm zu sein. Außerdem war er es das erste Mal, dass ich währenddessen richtig helfen konnte, etwas bewirken konnte."
„Du musst dringend aufhören, mir helfen zu wollen. Ich meine, es ist toll, dass du es geschafft hast ihn einzusperren, aber dass du dich meinetwegen so geopfert hast... es sollte sich nicht wiederholen müssen", merkte ich schmunzelnd an und sie setzte sich auf den Sessel in der Ecke.

„Wir sind Familie..."
„Und du fühlst dich für mich verantwortlich", sagte ich seufzend, das hatte sie das letzte Mal auch schon gesagt.

„Ganz genau. Ich habe dein Leben retten können, also habe ich es getan. Ich habe immer wieder versucht dich im Auge zu behalten, so habe ich dich auch in die richtige Richtung geschoben und dir Mr Spencer als Mentor besorgt."
„Du hast... was?", fragte ich perplex und ihr Lächeln wurde breiter.

„Wann immer ich Kellin überzeugen konnte mich mit in die Gegenwart zu nehmen, habe ich versucht, dir zu helfen. Du brauchtest einen Mentor und ich wusste, er war der einzig geeignete, also habe ich eine Bewerbung für dich geschrieben."
„Aber... wie... du bist... wie hat dich keiner gesehen?" Wenn sie die Bewerbung von mir daheim gestohlen und im Quartier abgegeben hatte, musste sie gewiss jemand gesehen haben!
„Oh, ich wurde gesehen, aber jeder hat gedacht, ich wäre du. Es war einfacher als gedacht. Sag nur nichts Kellin. Wenn er wüsste, wie ich meine Zeit hier genutzt habe, würde er wütend werden."

Sprachlos sah ich sie an und konnte es kaum glauben.

Ich musste lachen. „Wow... danke für die Hilfe. Du bist mutiger als dir guttut." Ohne sie hätte ich niemals Mr Spencer auserwählt, so viel stand fest, aber ich war froh drum. Von allen möglichen Mentoren war er nun einmal der beste.

Avenoir| Band 3 [18+] ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt