30. Auf Spurensuche

689 34 5
                                    

"I want to be cured. Of a craving for something I cannot find. And of the shame of never finding it." - T S Eliot

Die nächsten paar Tage verbrachte ich fast ausschließlich in Kellins Anwesen und trainierte mit ihm. Meine Ausdauer war miserabel, mein Körper schmerzte an jeder erdenklichen Stelle und wenn ich abends daheim zu Bett ging, war ich meist so fertig, dass es einem Wunder glich, dass ich es vorher schaffte noch zu duschen oder zu essen.

Das Gute war, dass ich es mittlerweile immerhin schaffte, so zu stehen, wie Kellin es wollte. Ich konnte eine halbwegs akzeptable Haltung vorweisen, auch wenn ich mich ständig erinnern musste, nicht wieder zu schwächeln. Das war es dann aber auch schon wieder mit den guten Dingen. Ansonsten war ich miserabel und Kellin hatte es nur noch nicht aufgegeben mich zu einer Kämpferin auszubilden, weil es ihm eine willkommene Ablenkung war, es ihm eindeutig Spaß machte mich zu quälen und weil er sich vielleicht manchmal der Illusion hingeben konnte, ich sei Malia. Zumindest erhellte sein Gesicht sich immer für einen kurzen Moment, wenn er mich im Haus bemerkte, ehe er realisierte, dass ich nicht sie war. Danach war das Training meistens umso härter, als ob er mich dafür bestrafen wollte so auszusehen wie sie. Solange er mich bisher jedoch nur anschrie, durch den Garten jagte und dazu brachte, dass ich mir manchmal vorkam wie eine Kettenraucherin, so wenig Luft wie ich bekam, war es nur halb so wild. Ich hatte eher Angst davor, wann er wirklich wollte, dass ich meine Muskeln benutzte und er mich angreift. Würde unser Training erst in diese Richtung gehen, wäre ich am Arsch.

Heute würde ich wenigstens von dieser Qual verschont bleiben, vorerst zumindest. Offiziell war nun endlich jeder im Haus eingezogen oder wenigstens anwesend, der anwesend sein musste, so dass die Planungen zum weiteren Vorgehen vorangehen konnten. Und da es gut für mich wäre, wenigstens auch ein bisschen zu verstehen, was los war, damit ich nicht wie Kellin es so nett formulierte eine ahnungslose Idiotin wäre, war ich heute mit dabei. Bei der Versammlung dafür war ich überrascht wie viele Leute das eigentlich waren. Der Salon in Kellins Haus, der sowieso schon gigantisch war und mindestens dreimal so groß wie der meines Hauses war, platzte halb. Ich saß deswegen dicht gedrängt neben Reed auf einer der wenigen Sofas und erkannte schnell, dass nur die wichtigen Leute saßen und je unbedeutender die Position von einem war, desto weiter hinten im Raum stand man.

Der erste Punkt dieser Versammlung war es, sich kennen zu lernen. Es war witzig, weil ich mir ein bisschen wie in der Schule am ersten Tag vorkam, wenn man im Stuhlkreis saß und sich mit einem Satz beschreiben sollte. Bedenkt man, dass hier nur Erwachsene mit Waffen oder sonst was für kriminellen Stärken anwesend waren, war es schräg. Natürlich lief es nicht wirklich so ab, es würde allein bei der Anzahl an Leuten zu lange dauern, aber die wichtigsten Personen nannten ihre Namen und ihre Zuständigkeit, damit man wusste, an wen man sich wegen welchen Gebieten zu wenden hatte.

Von Reeds Leuten kannte ich die wichtigsten fast alle.

Da war zum einen Palina, die als Wächterin die Begabung besaß, den Tod anderer vorherzusehen und damit eine ziemlich wichtige Funktion besaß, auch wenn ihre Kraft nicht makellos war. Viele Tode kamen plötzlich, viele Lebenswege änderten sich zu oft, zu ungenau, aber es wäre trotzdem eine enorme Hilfe sie hier zu haben. Die meiste fühlten sich sicherer ihren Rat zu bestimmten Situationen zu hören.

Arnold, der als ihr Partner mit der Gottheit Chang'e verbunden war, war Reeds größter Berater. Er war ein ruhiger, sachlicher Mann, der alles immer von einer friedvollen Perspektive betrachtete und obendrein der einzige war, der Palina zügeln konnte, da diese zwar meistens ruhig und zurückhaltend war, aber wegen ihrer Kraft und so umgeben vom Tod zu sein oft die Nerven verlor.

Sasha arbeitete seit einiger Zeit mit Reed zusammen. Vorher als Spion in Rowans Reihen und mittlerweile, um mehr Leute in Rowans Reihen gegen ihn aufzuhetzen, Informationen zu beschaffen. Er war deswegen fast nie hier und die meisten waren immer noch skeptisch wegen ihm, da er eine sehr lange Zeit für Rowan gearbeitete hatte. Reed vertraute ihm jedoch also tat ich es auch.

Avenoir| Band 3 [18+] ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt