43. Der Tod

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"You only live once, but if you do it right, once is enough." — Mae West

Kellins Fausthieb erwischte mich beinahe. Ich taumelte noch rechtzeitig zur Seite, bevor er mich treffen konnte, und fiel dabei zu Boden.

„Du bist unkonzentriert", sagte er. Er war eindeutig wütend. Es war nicht verwunderlich. Er war regelrecht geladen, seit dem verpatzten Versuch Rowan mal wieder zu schnappen und Malia damit zu befreien.

Er investierte dadurch extra Kraft in unser Training, das ich wiederum nutzte, um mich meinen vielen Ängsten nicht stellen zu müssen. Ich war ehrlich, dass ich von Ängsten fast schon zerfressen wurde. Die Worte von Rosa Wentworth machten alles nur noch schlimmer, nagten an mir. Dass ich in irgendeiner Weise in Gefahr schwebte, ängstigte mich sehr. Es war eigentlich nichts Neues, aber dass es so schlimm war, dass sie persönlich in mein Haus gekommen war, um diese Hiobsbotschaft zu überbringen, stimmte mich nervös. Da war Ärger im Anmarsch und es gefiel mir nicht. Ich konnte langsam einfach nicht mehr. Ich hatte genug davon, ständig zu kämpfen. Durfte ich nicht endlich eine Pause kriegen?

Das Training mit Kellin lenkte mich immerhin ab. Seit beinahe fünf Stunden übten wir nun zusammen und machten nur Pausen, wenn Kate uns Wasser aufzwang.

Meine Muskeln schmerzten, aber nach den vielen Tagen des Übens war ich immerhin kein komplett hoffnungsloser Fall mehr. Ich würde jemanden schlagen können, ich würde rennen können und mich vielleicht verteidigen können... ich würde es zumindest versuchen.

Und selbst wenn nicht, hatte ich meine Kräfte. Ich wusste mittlerweile, dass ich sie beherrschen konnte, dass sie mich retten konnten.

„Ich bin dir ausgewichen!", beharrte ich und er schnaubte.

„Du bist gefallen."
„Und ich wurde nicht getroffen."
„Wenn du auf dem Boden liegst, bist du leichte Beute."

Ich grinste und ließ Wurzeln um seine Beine schlingen, brachte ihn selbst zum Fallen. „Nicht wenn der Boden aus Erde gemacht ist."

Kurz wirkte erst erschüttert von seinem Fall, ehe er grinsen musste. „Nicht schlecht."
„Meine Kräfte sind immer noch meine größte Stärke, ich werde sie nicht in Vergessenheit geraten lassen."
„Solltest du auch nicht, aber nicht an jedem Ort ist Erde und das Feuer kannst du nicht fehlerfrei beherrschen. Ein Missgeschick mit der Erde ist nicht schlimm, ein Fehler beim Spiel mit dem Feuer kann böse enden."
„Ich weiß, ich weiß", murrte ich und ließ ihn von den Wurzeln los.

„Ich sage nicht, dass es schlecht ist sie auch zu nutzen. Du solltest immer eher deine Kräfte nutzen als zu versuchen jemanden körperlich anzugreifen. Du hast nicht die Statur, um da gute Chancen zu haben. Du bist zu klein, zu schmal, hast zu wenige Muskeln und bist zu leicht. Jemand wie ich würde dich mit Leichtigkeit besiegen, selbst jemand mit der Statur wie Kilian sie hat würde dich leicht besiegen."

Kilian war kleiner und schmaler als Kellin aber ich wusste, dass er recht hatte. Er würde mich selbst dann noch besiegen können, wenn er nur einen Arm zur Verfügung hätte.

„Ich sollte schießen lernen", sagte ich und er musste lachen.

„In kurzer Zeit würdest du es nicht gut genug lernen, dass ich dir eine Waffe anvertraue. Am Ende verlierst du nur den Halt und drückst einfach ab wie Holly. Am Ende erschießt du dabei nur jemanden, der auf unserer Seite steht."

„Richtige positive Stimmung hier."

„Hey Sam." Seufzend erhob ich mich und sah zu ihm, wie er grinsend und vergnügt auf uns zulief.

„Wollt ihr je mit dem Training aufhören?"
„Nein", antworteten Kellin und ich gleichzeitig und mussten darüber sogar lächeln.

„Ok, ok, ich mache mir nur Sorgen um euch, vor allem weil Alice eigentlich so sportlich ist wie eine 80-jährige Frau, das ist nicht normal. Bei plötzlich veränderten Verhalten sollte man immer vom Schlimmsten ausgehen."
„Hey!", sagte ich empört, auch wenn es vielleicht die Wahrheit war. Ich tat das hier auch nur, weil es eine nette Ablenkung war. Reed war im Haus beschäftigt und ich wusste, dass es eigentlich zwecklos war Kämpfen zu lernen, wenn alles dem Untergang geweiht war, aber ich wollte Rowan gern wenigstens einmal ins Gesicht schlagen dürfen und dafür müsste ich üben.

Avenoir| Band 3 [18+] ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt