Kapitel 62

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Es ist so laut, dass man die Musik schon durch die geschlossene Tür gehört hat. Musik hallt an den Wänden wider, Menschen tanzen, trinken und lachen, während weiß gekleidete Kellner und Kellnerinnen zwischen den Massen umher schlängeln und versuchen ihre Wünsche zu erfüllen. Zayn klopft mir auf den Rücken, grinst mich an und verschwindet in Richtung der Bar. Ich hingegen laufe am Rand des Geschehens entlang, nehme mir einen Vodka RedBull von einem der herumlaufenden Kellner, mit welchem ich mich dann an einen der Tische stelle. Der erste Schluck brennt in meiner Kehle, aber ich genieße das Gefühl, das durch meinen Körper strömt. Ich entspanne mich immer mehr. Hier und da wechsele ich ein paar Worte mit Kollegen und anderen Gästen, ehe jemand sich neben mich stellt. „Hi", grinse ich ein wenig betrunken, mein Zweites, fast leeres Glas in meiner Hand drehend. „Hi." Er hat kurze, braune Haare und ich meine ihn schonmal gesehen zu haben, kann mich aber nicht daran erinnern, wann. „Kenn ich dich?" – „Ich glaube nicht", erwidert er, worauf ich nicke und einen weiteren Schluck trinke. Dann muss ich auch nicht so tun, als wäre mir dieses Gespräch wichtig.

Eigentlich wollte ich garnicht kommen, aber Zayn meinte, es wäre gute Publicity bei einem Event zu erscheinen. Es würde zeigen, dass ich mich nach der „Trennung" nicht in meinem Haus verschanze, sondern positiv in die Zukunft blicke und so, hat er gesagt. Weil es ja jetzt auch so wichtig ist, mich in den Medien Präsenz zu zeigen. Es ist nicht so, als wäre mein Name die ganze Zeit in den Medien, meine Beziehung und das anstehende Album Thema in aller Munde. Seufzend sehe ich mich um. Zayn sehe ich nicht mehr, wahrscheinlich hat er sich bereits wieder verpisst und lässt mich hier allein verschimmeln, bis ich nach einer noch immer freundlich wirkenden Zeit auch gehen kann. Was ich ihn solchen Momenten dafür tun würde, Manager zu sein. Nicht auf Partys sein müssen, keine Paps und kein anderer scheiß, der mit alledem zu tun hat. Meinen Job machen und niemanden interessiert es, ob ich einen Mann oder eine Frau vögle, oder ob ich überhaupt Sex habe. Nach Hause kommen können, jemanden haben, zu dem man sich ins Bett legen kann und der sich dafür interessiert, ob mein Tag stressig war. Ich hebe das Glas zu meinem Mund und trinke einen Schluck, der sich brennend seinen Weg meine Kehle hinunter bahnt. Sonst sinkt meine Laune noch tiefer. „Du bringst dein neues Album bald raus?" – „Was? Sorry, die Musik ist so laut." Ist sie nicht, ich habe einfach keine Ahnung, was der Typ gesagt hat und warum er dort noch steht. Wir haben die letzten Minuten, die ich in Gedanken versunken verbracht habe, nicht miteinander gesprochen, warum also jetzt damit anfangen? „Dein neues Album, kommt bald?" – „Ja." – „Schon ein neues in Sicht?" – „Das, das raus kommt", gebe ich dümmlich zum Besten und sehe mir den Mann neben mir genauer an. Er ist muskulös, hat ein schönes Gesicht und braune Augen, aber nicht mein Typ. Zu klein, zu breit, zu wenig grüne Augen. Manche würden sagen, zu wenig Harry, aber das stimmt natürlich nicht.

„Na, kommt danach noch eins?" Verwirrt ziehe ich meine Augenbrauen zusammen. Was will der Typ? Von einem der Tabletts nehme ich mir einen weiteren Drink und die Hälfte davon sofort trinke. Oh fuck, das tut gut. Mein Nebenmann betrachtet mich mit aufmerksamen Augen, was mich meine Augenbrauen heben lässt. Entweder ist er von der Presse, was mich wirklich wundern würde, oder er ist irgendwer anders, der was von mir will. Ich habe keine Ahnung, wenig Lust es herauszufinden und auch wenig Interesse daran, diese ganze scheiß Interaktion fortzuführen. „Hast du Lust da mal ein Feature zu haben? Bisher hattest du ja noch keins." – „Ist das hier ein Business Meeting?" – „Könnte eins werden." – „Nein danke, schönen Abend noch", murmle ich, stelle mein Glas ab, nachdem ich es ausgetrunken habe und mache mich auf den Weg zum Ausgang. Wie viel Zeit vergangen ist, weiß ich nicht und es ist mir egal. Ich war nicht da, um über aufkommende Business Deals zu sprechen, das wäre Zayns Aufgabe gewesen. Wäre er da, ist er aber nicht. Leicht schwankend mache ich mich auf den Weg zum Ausgang, verabschiede mich mit einem Nicken von den Leuten, die ich kenne, ehe ich in die frische Nachtluft Londons trete. Wie ein Schlag trifft mich der Sauerstoff, weshalb ich mich gegen die Wand fallen lasse und meinen Kopf in den Nacken lege. Verdammte scheiße, ich bin betrunkener als gedacht. Es ist wenig verwunderlich nach dem ganzen Alkohol, den ich in der letzten Stunde konsumiert habe.

fake it ⎜l.s. auWo Geschichten leben. Entdecke jetzt