Kapitel 66

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Mit zittrigen Fingern öffne ich die Terassentür und lasse Zayn herein, welcher sich mir wenig später gegenüber am Esstisch niederlässt. Zwischen uns stellt er die Tasche ab, mustert sie einen Moment und lässt seinen Blick dann auf meinen treffen. „Du hast geweint" – „Fick dich" Er lächelt und auch meine Mundwinkel zucken nach oben. Der Knoten in meinem Magen löst sich leicht, weshalb ich mich etwas entspannter in meinen Stuhl sinken lasse. Immerhin ist Zayn nicht angepisst, das hätte ich jetzt wirklich nicht gebrauchen können. „Ich glaube du weißt, warum ich mit dir reden möchte?" – „Harry." Erst so sehr rummäkeln, jetzt so um den Quark herumreden, was soll denn das? Will er, dass ich ihm mit eurhytmik vortanze, was er hören will? Oder sehen?

„Das hatten wir bereits etabliert, aber ja, es geht um Harry." Schießt mein gegenüber mir entgegen und mustert mich herausfordernd. „Und über was willst du so plötzlich sprechen? Noch ein Pap Walk?" - „Nein, du weißt ganz genau, dass sein Vertrag ausgelaufen ist." Seufzend schüttle ich meinen Kopf, verschränke meine Arme vor meiner Brust und ziehe meine Beine an die Brust, sodass ich etwas Kippeln kann. Regelmäßig lehne ich mich nach hinten und warte, dass die Stuhlbeine wieder den Boden berühren. Das Quietschen der geschwungenen Holzbeine sind das einzige im Raum wiederhallende Geräusch, während Zayn und ich uns bloß anschweigen. Keiner scheint zu wissen, was er sagen soll, bis ich mich endlich dazu überwinde, eine Frage zu formulieren und auszusprechen. In meinem Kopf schwirren nämlich hunderte herum. „Na also. Was hat Harry jetzt mit mir zu tun? Nichts mehr." – „Louis, du hast seine Sachen noch hier liegen." Dramatischer als nötig verdrehe ich meine Augen. Warum macht er das jetzt bitte zu seinem Problem? Ist doch egal. „Er hat doch auch noch meine Sachen, was machst du daraus jetzt so ein riesiges Ding daraus?" versuche ich mich zu erklären, scheitere allerdings kläglich, wenn man seinen in die Höhe gezogenen Augenbrauen glauben kann. „Weil es dir nicht egal sein sollte, Louis." Ach, was ein tolles Argument, Zayn. Sehr witzig. Ich lache. Fast. „Was soll das denn jetzt bitte heißen?!" – „Du bist aus diesem Vertrag raus, kannst daten, wen du willst, in schwule Strip Clubs gehen und keine Ahnung, dir eine Pride Flagge auf die Stirn tätowieren lassen. Aber du machst nichts daraus."

Ich glaube, ich spinne. Mir eine Pride Flagge auf die Stirn stechen lassen?! Gegen welche Wand ist Zayn denn bitte gelaufen? Fassungslos schaue ich ihn an, schlucke und schüttle meinen Kopf langsam. Das kann er einfach nicht ernst meinen. Es ist... so verdammt invalidierend, was er gesagt hat. So – scheiße, ich weiß es nicht, aber es tut weh. Physisch weh, wie ein Faustschlag mitten ins Gesicht. Meine Sexualität ist irrelevant für meine Person. Es ist egal, warum sollte ich es offen für jeden zu sehen tragen? Warum sollte ich daraus eine große Sache machen?! Es gibt keinen Grund dazu. Deshalb habe ich keine Riesen große Sache aus meinem Outing gemacht. Zwei verdammte Male habe ich öffentlich darüber gesprochen, habe ein paar Instagram Bilder mit Harry hochgeladen, aber immer war nicht nur meine Sexualität Thema. „Ich will meine Sexualität nicht zu meinem einzigen Charakterzug werden lassen, Zayn. Weil es verdammt nochmal egal ist! Und vielleicht muss ich auch einfach noch verarbeiten, dass ich noch alle diese Möglichkeiten habe, weil ich sie selbst mit Harry an meiner Seite nicht hatte. Mit ihm habe ich eine Beziehung geführt und konnte zwar die Hand eines Mannes halten, aber ich konnte nicht in nen Puff mit schwänzen gehen." – „Ich habe auch von einem Stripclub geredet." Auf seine Worte hin beginnt mein Blut zu kochen und ich muss mich wirklich beherrschen, nicht aufzustehen und zu gehen. „Das ist doch egal, es geht ums Prinzip, Zayn." – „Und dein Prinzip ist?" – „Dass Harry und ich eine Beziehung geführt haben." Die Worte verlassen meinen Mund ehe ich darüber nachdenken kann, aber auch als ich realisiere, was ich gerade gesagt habe, würde ich es nicht ändern. Ungewollt fällt mein Blick auf die mit seinen Sachen gefüllte Tasche und auch wenn cih den Inhalt nicht direkt sehe, versetzt der Anblick mir einen Stick in die Brust. Immerhin haben Harry und ich eine Beziehung geführt. Irgendeine, zwischen sich fremd sein und miteinander schlafen, aber es war eine. „Habt ihr nicht."

fake it ⎜l.s. auWo Geschichten leben. Entdecke jetzt