Kapitel 79

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„Hi Mom" lächle ich in die Kamera meines iPads und schließe die Milchpackung in meiner Hand. „Guten Morgen, Lou!" erwidert sie und streicht sich eine Strähne hinter die Ohren. Grinsend beobachte ich das Durcheinander auf dem anderen Ende der Leitung. Mom sitzt am Küchentisch, neben ihr die jüngeren Zwillinge, während Daisy und Phoebe sich im Hintergrund ihr Essen für die Schule machen. Warum ich so früh aufgewacht bin, weiß ich nicht, aber ich wollte die Chance nutzen und meine Mom anrufen, wenn sie auf jeden Fall genügend Zeit hat, mich über ihr Leben zu updaten. Das habe ich in den letzten Wochen schrecklich vermisst. Auch wenn ich schon seit etlichen Jahren ausgezogen bin, brauche ich einfach diese Anrufe mit meiner Mom. Sie ist meine beste Freundin. Der Mensch, bei dem ich, neben Zayn, am meisten nach Rat suche. Es ist einfach jedes Mal gut zu wissen, dass es ihr und meinen Geschwistern gut geht. Dass sie glücklich sind.

Sie lächelt liebevoll. „Schön, dass du dich meldest großer" – „Natürlich, gestern musste ich noch kurz Harry anrufen, deshalb erst jetzt. Ich wollte es nicht einfach so dazwischenschieben." erkläre ich, mache aber große Augen als ich realisiere, was ich ihr gerade gesagt habe. Auch sie schaut überrascht, aber nach einer Sekunde sind ihre Gesichtszüge wieder so wie vorher. Ich weiß trotzdem, dass sie das Ansprechen wird. „Wie geht es den Mädels?" lenke ich sie, wissentlich dass es funktionieren wird. Über ihre Kinder zu sprechen, liebt meine Mutter und sie bekommt nie genug davon, jemandem irgendein irrelevantes Detail zu erzählen. „Gut, diese beiden", sie deutet auf die älteren Zwillinge im Flur, „machen sich jetzt auf den Weg und Doris und Ernie werden in zehn Minuten abgeholt. Apropos, habt ihr eure Ranzen gepackt?", fragt sie die beiden jungen Kinder, die ihre Köpfe heben und synchron nicken. Geschwister. „Ja." murmelt Ernest, ehe sein Blick auf das Tablet von meiner Mutter fällt und er mir grinsend winkt: „Lou!" – „Hi Ernie, alles klar?" Eifrig nickt er, ehe er abzischt und aus dem Bild verschwindet. Belustigt beobachte ich das Schauspiel, bis er zurückkommt und seinen Ranzen mit einem stolzen grinsen in die Höhe hievt. Er ist, wie als ich ihn dem Ranzen gekauft habe, grün mit Einhörnern und Wasserfällen drauf. „Guck mal, Lou, da sind alle meine Sachen drin" erzählt er stolz, was mir sofort ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Gott, ist er bezaubernd. Er soll für immer so klein und unbeschwert werden, wie er jetzt ist.

„Das klingt doch gut, Ernie. Macht dir die Schule Spaß?" will ich von ihm wissen und halte das iPad etwas höher. „Ja, nur Mathe ist blöd. Dafür haben wir aber direkt danach Sportunterricht. Wir spielen grade Fußball, deshalb über ich immer mit dem Tor im Garten." – „Nur weil du nicht rechnen kannst!" ruft Doris dazwischen und sieht ihren Bruder triumphierend an. Dieser wiederrum zieht wütend seine Augenbrauen zusammen und verschränkt seine Arme vor der Brust: „Und du kannst nicht so gut rennen, Blödi!" Kreischend versucht die jüngste sich auf ihren Bruder zu stürzen, um ihn zu hauen, aber sie wird von meiner Mutter aufgehalten. „Es reicht ihr zwei. Jeder kann etwas gut und das ist wundervoll. Und jetzt ab mit euch, Schuhe an, ihr werdet gleich eingesammelt.", schlichtet sie mit strenger Stimme den beginnenden Streit und seufzt erleichtert, als beide ohne wiederworte in den Flur trotten. Es dauert keine zwei Minuten, bis die beiden kleinen Stimmen wieder lauter und schriller werden, bevor sie von jetzt auf gleich von der sich schließenden Tür ausgeblendet werden. Einen Moment lang schließt meine Mom ihre Augen. Geduldig warte ich ab, bis sie in der ruhe angekommen ist und mich wieder, durch den Bildschirm, anschaut. „Lou" – „Mom" erwidere ich, ziehe den vokal unnötig in die Länge und grinse.

„Warum hast du dich so lange nicht gemeldet?" will sie wissen und sieht mich aufmerksam an. „Ich war beschäftigt. Und ich meine nicht meinen Job, es... ist sehr viel passiert, aber jetzt ist alle gut." – „Alles gut?" Mein Herz macht einen kleinen Hüpfer als ich an den gestrigen Tag denke, weshalb ich nicke. „Und welcher Mann ist dafür verantwortlich?", will Mom sofort wissen und sieht mich abwartend an. Dass Mütter alles wissen, weiß ich natürlich, aber verdammt! „Ein Mann?" versuche ich es möglichst scheinheilig, aber ihr Gesichtsausdruck verrät, dass sie mich damit nicht durchkommen lässt. „Mom?" – „Ja, mein ältester Sohn, den ich besser kenne, als er denkt?" Meine Augen verdrehen sich, ehe ich etwas dagegen unternehmen kann. Diese Frau macht mich fertig. Aber ich liebe sie. „Da du anscheinend bereits weißt, was ich dir sagen will, brauche ich es nicht zu tun", necke ich sie. „Das kommt nicht in die Tüte! Raus mit der Sprache Louis William Tomlinson!" – „Gut, schon okay", lenke ich ein, schiebe mir aber einen Löffel Müsli zwischen die Lippen, um nicht antworten zu müssen.

Leider kennt meine Mutter mich viel zu gut und räumt einfach die Spülmaschine ein, bis ich fertig gekaut habe. Und noch einen Löffel esse. Und auch diesen esse. Bis meine Schüssel leer ist.

„Lou, wenn du es mir wirklich nicht sagen willst, ist das okay. Ich will nur, dass du weißt, dass ich dich liebe und du mir alles sagen kannst." Mir wird warm ums Herz und ich nicke. Fuck, ich will sie endlich wieder in den Arm nehmen. „Das ist es nicht Mom, ich weiß einfach nicht, wie ich es dir sagen soll", gebe ich zu und stütze meinen Kopf in meine Hände. „Du weißt von Harry." Bestätigend nickt sie. "Er hat dir beim Outing geholfen" – „Genau der. Der Lockenkopf." Bestätige ich und kratze mich am Bart. Ich könnte mich mal wieder rasieren. „Der. Es kann sein, dass ich ihn in der Zeit, die wir uns jetzt kennen etwas mehr, als Liebgewonnen habe und traurig war, als wir... als der Vertrag ausgelaufen ist." Sie ist ruhig und lässt mir die Zeit auszusprechen, was los ist, wofür ich ihr unheimlich dankbar bin. „Ich habe es ihm gesagt, aber irgendwie ist es schiefgegangen und ich dachte, er hätte mich gekorbt. Den nächsten Tag habe ich mit Eis und Essen in meinem Bett verbracht, bis Zayn mich für ein Musikvideo aus dem Bett gezogen hat." Als ich sie ansehe nickt sie und lächelt aufmunternd. „Er saß vor meiner Tür, Mum" ist alles, was ich noch sage, aber sie scheint genau zu verstehen, was ich meine. Ihr lächeln ist liebevoll und sie denkt ein paar Minuten nach, ehe sie spricht. „Wenn ich richtig liege, wollte der mit dir sprechen?" – „Ja, wir... wir haben gesprochen und... umh" – „Seid jetzt zusammen?" beendet sie meinen Satz für mich. Ich muss nur bestätigend nicken, ehe sie einen winzigen Freudenschrei auslässt und mich über beide Backen grinsend ansieht. „Ich freue mich so für dich, Lou! Macht er dich glücklich? Und wann kann ich ihn kennenlernen?" plappert sie drauflos und entlockt mir damit ein kehliges Lachen. „Es sind keine Zwei Tage vergangen" – „Das heißt nichts, macht er dich glücklich?"

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Hi Freunde der Sonne,

was meint ihr, antwortet Louis auf diese Frage? Was haltet ihr sonst denn so von Louis' Mom und ihrer Reaktion zu Harry?

love, j x

[noch 1]

fake it ⎜l.s. auWo Geschichten leben. Entdecke jetzt