Kapitel 46

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Natürlich habe ich rechtbehalten, denn als Murphy den Motor des Autos, mit dem wir zum Festival fahren startet, baumelt ein neuer Schlüsselanhänger in Form eines Flaschenöffners daran. Als ich ihn erblicke stellt sich mir die Frage, ob ich sowas jemals haben werde. Nicht so einen Flaschenöffner natürlich, sondern eine Person. Eine Person, zu der ich nach Hause kommen kann und mit der ich zusammen in einem Bett einschlafe und aufwache. Jemand, dem ich dumme Souvenirs mitbringen kann und der mir von seinem Tag erzählt. Und vielleicht kocht, das werde ich wahrscheinlich nie lernen. Es wäre einfach schön jemanden zu haben, der mich unterstützt und versteht, mit dem ich meine Sorgen teilen kann, denn so sehr ich Zayn auch als meinen Persönlichen Cheerleader habe, kann ich ihn nicht regelmäßig in meinem Bett haben. Murphy hat sowas und auch wenn ich ihm schon unzählige Male angeboten habe, bei längeren Auslandsreisen zuhause bei Veronika zu bleiben, hat er immer abgelehnt. Vielleicht kommt es mir nur so gut vor, weil ich es nicht habe und mir irgendwie herbeiwünsche. Vielleicht. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich sowas könnte. Wenn ich erstmal die Richtige Person, meine Person, gefunden habe, werde ich mich nicht von ihm trennen können. Nicht für einige Tage und bestimmt auch nicht für eine monatelange Tour. Auf die vorbeiziehende Landschaft blickend finde ich in die reale Welt zurück, in der Zayn mich besorgt mustert. „Alles gut", versichere ich ihm, kratze mich am Ellenbogen und sehe dann über meiner Schulter hinweg zu meiner Band, die im hinteren Teil des Vans sitzt. Sky hat Kopfhörer auf, während Jules und Rick in eine leise Diskussion vertieft zu sein scheinen. Schmunzelnd drehe ich mich wieder um und seufze, als ich Zayn entdecke.

Oder eher seinen Blick. Er sieht unentschlossen aus, so, als wolle er etwas sagen, wüsste aber nicht, wie. Da ich Zayn inn- und auswendig kenne, lehne ich mich vor und stütze meine Ellenbogen auf meine Knie. „Ich soll das Video in meine Story posten" – „Welches Video?" – „Dich und Harry." – „Du hast ein Video von uns gemacht?", frage ich lauter als geplant und sehe meinen Besten Freund dann entschuldigend an. Er nickt, aber sagt nichts. „Ich soll irgendwas in meine Story posten, das nicht nach gestellten Szenen aussieht." Schmunzelnd verdrehe ich meine Augen. Das ist typisch Joseph. Nicht gestellte Bilder von einer Beziehung posten, die gefälscht bis zum geht nicht mehr ist. Wie auch immer man das anstellen will. Mit einem Seitenblick schaue ich zu Harry, welcher in sein Buch vertieft ist, ehe ich meinen Blick wieder abwende und meinen Kopf schüttle. „Kannst du es mir schicken?" – „Hab ich schon", erwidert Zayn und ich nicke. „Was will Joseph denn?" – „Ein Bild, das aussieht, als hättet ihr garnicht mitbekommen, dass es gemacht wird, was ich als dein bester Freund in meine Story posten soll. So ganz zufällig." – „Warum wirst du denn da jetzt rein gezogen?", frage ich ihn. Normalerweise plant Zayn höchstens mit, aber involviert war er ins Marketing noch nie. Außer, wenn er was von LTHQ repostet, aber das macht er freiwillig. „Ich hab dir den Mist mit Harry eingebrockt, dann kann ich auch eine Insta Story machen." – „Vollidiot.", grinse ich, nicke aber. Er hat recht, dass wissen er und ich beide. Ich lasse mich in meinem Sitz nach hinten fallen, lasse meinen besten Freund jedoch nicht aus den Augen. Auch er schaut mich an, bis ich nicht mehr an mich halten kann und meinen Kopf schüttle. „Also, keine Ahnung, knutscht rum oder umarmt euch so, dass ich es gut fotografieren kann, um den Rest kümmere ich mich." Ihn einfach küssen, ist klar. Als ob ich ihn einfach so küssen könnte. Vor allem, wenn tausend Menschen drum herum laufen, die ihren Job machen. Dass auch Harry dabei seinen Job macht, kommt mir nicht in den Sinn.

Mit ordentlicher Verspätung, die wir Pinkel pausen Seitens Jules und Murphy zu verdanken haben, auf dem Backstage Bereich des Festivals angekommen, werden wir aus dem Auto zur Organisationsstelle gescheucht, wo wir unsere Pässe und einen Lageplan bekommen. Wie es nun Mal so sein soll, nimmt Murphy als Papa der Gruppe den Lageplan an sich, während der Rest der Truppe sich die Pässe umhängt. Wir haben nur noch fünfzehn Minuten bis zum Auftritt, das wird verdammt knapp. Dabei ist unser scheiß Slot schon so kurz, da kann ich es mir eigentlich nicht leisten, durch Verspätung noch Minuten zu verlieren. Im Augenwinkel sehe ich, wie Harry ein Foto vom Gelände macht, weshalb ich mich ihm zudrehe und mein Handy aus der Hosentasche ziehe. Ich mache ein Foto von Harry und schicke es ihm, ehe ich mich abwende und neben Rick stelle. Grinsend ziehe ich am um seinen Hals hängenden Backstage Pass, was ihn einige Schritte nach vorn machen lässt. „Arschloch.", murmelt er, sieht über meine Schulter hinweg zu Harry und schüttelt dann seinen Kopf. Verwirrt ziehe ich meine Augenbrauen zusammen, sage allerdings nichts. Gemeinsam laufen wir in die Richtung der Garderoben, wo plötzlich alles in Zeitraffer geschieht. Bei unserer Verspätung kein Wunder.

Es läuft so oder so bereits alles eng aneinander getaktet, aber jetzt? Ist es die Hölle. Mir wird mein Outfit gereicht, genau wie Rick, Sky und Jules. In unsere Bühnenoutfits gewechselt steht bereits der nächste Festival Mitarbeiter vor uns. Von der Technik bekommen wir unsere In-Ear Ohrstöpsel gereicht, welche dann an die Kabel angeschlossen werden. Die kleine Tasche, in die der Rest der Technik kommt, wird mir noch an die Hose gebunden, ehe die Kabel durch mein Shirt geführt und in die korrekten Eingänge gesteckt werden. In Gedanken lege ich mir zeitgleich die Ohrstöpsel über die Schultern, sodass ich sie mir auf der Bühne schnell ins Ohr machen kann. Ich hasse es, den ganzen Auftritt über nur die Technik zu hören. Natürlich sind ihre Anweisungen wichtig und ich weiß sie zu schätzen, aber die Menschen zu hören ist das wichtigste an einem Gig. Bei einer guten Crowd macht es gleich doppelt so viel Spaß, ich werde durch sie gepushed und pushe die Menge. Harrys Anwesenheit vergesse ich, bis ich ihn verloren, von einem auf den anderen Fuß wippend, in der Ecke stehen sehe. Mit schnellen Schritten gehe ich auf Harry zu, drehe ihn mit einer Hand an seiner Hüfte zu mir und sehe ihn an. In meinen Gedanken überlege ich, was ich zu ihm sagen könnte, ehe ich mich dazu entscheide, ihm einfach zu sagen, wie es für ihn ab jetzt weiter gehen wird. Ich weiß nicht, ob er je Backstage auf einem Festival war, bezweifle es allerdings. „Murphy bringt dich entweder zu den Stehplätzen, oder zu dem Backstage Buffet, wo du was essen kannst. Du suchst es dir aus." – „Okay."

Mit zusammengezogenen Augenbrauen nickt Harry, ehe er seinen Arm um meinen Nacken legt und sein Gesicht in meine Halsbeuge drückt. „Viel Spaß" Überrascht ziehe ich meine Augenbrauen in die Höhe, lecke mir über die Unterlippe und nicke schließlich. „Danke. Dir auch." Schnell löse ich mich aus seiner Umarmung, wende mich meiner Band zu und nicke nur noch kurz in Zayns Richtung, ehe dieser mit Harry und Murphy im schlepptau verschwindet. Schnell bekomme ich mein Mikro in die Hand gedrückt, dann lege ich meine Hand auf Jules' Schulter und nehme Rick unter den anderen Arm. Zusammen bilden wir einen kleinen Kreis, grinsen einander an und ich ziehe sie noch ein kleines Stück näher. „Zwanzig Minuten Vollgas, dann habt ihr wieder eure Ruhe von mir, Jungs.", motiviere ich sie, wuschle durch Ricks Haare und löse mich dann von ihnen.

Ich stecke meine Ohrstöpsel in meine Ohren, schließe die Augen und höre den Anweisungen der Tontechniker zu. Der Clou für meine Band kommt, woraufhin sie sich ihre Instrumente schnappen und mit diesen in der Hand auf die Bühne verschwinden. Jetzt bin ich allein, drücke die Stöpsel tiefer in meine Ohren und beiße auf meine Unterlippe. Die ersten Takte werden gespielt und ich beginne zu laufen. Zwei Mal gehe ich von links nach rechts, dann bekomme ich mein Zeichen und laufe auf die Bühne. Meine Augen fallen auf die Menschen, die vielen Menschen in der Menge, ehe sie, ohne dass ich es absichtlich mache, zu dem VIP Stehplätzen an der Seite gleiten. Ich kann weder Zayn noch Harry ausmachen, weshalb ich mich wieder konzentriere und mein Mikro in den dafür vorgesehenen Ständer schiebe. Ein Countdown beginnt, mein Einsatz wird angekündigt und ich beginne zu singen. Mit geschlossenen Augen schaffe ich es durch We Made It, ehe ich zum Rand der Bühne gehe und mich hinhocke. Grinsend sehe ich in die Menge und halte den ganz vorne stehenden Fans das Mikro entgegen, woraufhin das Schreien durch meine In Ears zu mir durchdringt. „Bilbao, wie geht's euch?!", rufe ich, stelle mich wieder hin und warte einen Takt, bis mein Einsatz bei Change kommt. Ich singe, umgreife das Mikrofon fester und lasse meine Augen erneut durch die Leute schweifen. Unter allen Haarschöpfen kann ich erneut weder Harry noch Zayn ausmachen, was ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, indem ich damit beginne, meine Band vorzustellen.

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Hi Freunde der Sonne,

Larry erscheint mir ein wenig off und ich frage mich, warum Harry nicht an der Bühne steht, immerhin mag er Festivals doch... denkt ihr, Harry macht das extra? Und wie findet ihr Louis' Bühnenpräsenz?

love, j x

fake it ⎜l.s. auWo Geschichten leben. Entdecke jetzt