Winternacht - Zurrenberg Romance

Kapitel 6 - Jakob

Die Zeit in Deutschland verspricht spannend und abenteuerlich zu werden. Nicht nur wegen des Geschäfts, das wir jetzt geöffnet haben, sondern auch wegen Viktoria von Zurrenberg. Meine Recherchen im Netz haben nicht allzu viel ergeben. Viel mehr war von ihrem Vater Karl Theodor von Zurrenberg und seinem Immobilienimperium zu lesen.

Die Familie Zurrenberg scheint in der oberen Gesellschaft zu verkehren – und das tadellos. Die Worte Fehltritt oder Skandal sind ihnen wohl ein Fremdwort. Von einem Familienfoto, das bei einem öffentlichen Event aufgenommen worden war, weiß ich, dass Viktoria noch drei weitere Geschwister hat. Einen älteren und einen jüngeren Bruder sowie eine jüngere Schwester.

Je mehr ich im Netz lese, desto einen besseren Eindruck bekomme ich von dieser Familie: steinreich und vermögend, leicht arrogant und für die Gesellschaft richtungsweisend.

Aber all das bringt mich nicht von meinem Plan ab, Viktoria flachlegen zu wollen. Das Verlangen nach ihr war in der Silvesternacht größer denn je, aber schon in der Zeit, als ich mich mit ihr unterhalten habe, und das nicht schlecht, habe ich gemerkt, dass sie keine Frau für eine Nacht ist. Sie ist eine Frau mit Stil, die sich nicht jedem Mann direkt an den Hals wirft. Sie zu erobern weckt ungeahnte Instinkte in mir.

Sie hat mich mit ihrem Charme überrascht, ihr Humor, an dem garantiert der Alkohol beteiligt war, aber auch ihre leichte Unsicherheit auf Bezug der prekären Themen. Die Zeit mit ihr wird wunderbar, da bin ich mir sicher. Und ich hoffe, dass ihr mein Kuss das auch gezeigt hat. Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht, als ich daran denke. Zu blöd aber auch, dass ich noch nicht mal eine Telefonnummer von ihr habe.

So bleibt mir nur die Hoffnung, dass sie bald das Geschäft besuchen wird und wir uns dadurch wieder sehen. Aber bisher ist sie noch nicht aufgetaucht und aus Angst, sie zu verpassen, lege ich öfters als geplant Pausen in der Werkstatt ein und gehe nach vorne, um ja nichts zu verpassen.

„Du scheinst ja prächtige Laune zu haben.", grunzt mein Bruder, der sich auf einen Stuhl gepflanzt hat und seine schlechte Laune an mir auslässt. Er kommt mit Leah nicht weiter. Seine Hilfsbereitschaft an Silvester tat sie mit einem freundschaftlichen Lächeln ab. Er sei ja so ein guter Freund. Und davon hat man im Leben viel zu wenig, so ihre Worte.

Ich überlege mit Leah ein ernsthaftes Gespräch zu führen. Wenn sie meinen Bruder an der Nase herumführt und sich ein Spaß daraus macht, ihn leiden zu sehen, ist das ab einem gewissen Punkt nicht mehr lustig.

„Bist du an Silvester doch noch zum Zug gekommen? Davon hast du gar nichts erzählt.", rät Joe weiter. „Ich war mit ihr nicht im Bett. Wir haben uns nur sehr gut unterhalten.", sage ich, während ich die Arbeitsplatte sauber mache und die Werkzeuge, darunter Feilen und Sägen, an ihren Platz zurückräume. Heute war ein langer Tag und wenn mein Rücken beginnt zu schmerzen, weiß ich, dass es genug ist.

„Du und unterhalten? Soll ich dir das wirklich abkaufen?" Ich schnalze mit der Zunge. Tja, mein Ruf eilt mir voraus. „Wir haben uns wirklich nur unterhalten. Ich habe noch nicht mal ihre Nummer. Sie wollte im Laden mal vorbeischauen und so lange muss ich mich wohl in Geduld üben."

Mein Bruder beginnt zu lachen. „Ich erinnere dich in drei Tagen noch mal, wenn irgendeine attraktive Frau den Laden betritt und du ihr ihre Nummer abschwatzt. Dann ist deine Silvesterbekanntschaft sofort vergessen. Seit wann bist du geduldig?" Joe kratzt sich am Kopf. „Sonst jagst du doch auch gleich dem nächsten Häschen hinterher."

Ich verschränke die Arme vor der Brust. Eine zufriedenstellende Antwort habe ich darauf nicht. „Ich habe so das Gefühl, dass es sich lohnen wird. Viktoria ist eine beeindruckende Frau."

„Viktoria heißt sie also?" Ich nicke. Habe ich ihren Namen noch nicht erwähnt? In meinem Kopf scheint er in Endlosschleife herumzuschwirren.

„Wie sieht sie aus?" Joe scheint sein Dilemma mit Leah für einen Moment zu vergessen und ich tue ihm den Gefallen und lenke ihn ab.