Egal, was ich wann mache, sei es, wenn ich in der Werkstatt arbeite oder mit Joe zu Abend esse – Viktoria schleicht sich immer wieder in meine Gedanken. Ihr Lächeln, ihr Geruch, ihr Körper. Und das bin ich nicht gewohnt. Dass eine Frau meine Gedankenwelt beherrscht.
Es ist zum verrückt werden.
Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht, als ich mit dem Taxi in Viktorias Straße einbiege. Ich habe etwas ausgesucht, dass sie vermutlich noch nie gemacht hat – in eine Kletterhalle gehen.
Leah hat Joe und mich vor Jahren einmal mitgenommen in der Schweiz und wir fanden gefallen daran. Ich habe Viktoria nur gesagt, sie solle Sportkleidung mitnehmen, es würde eine Überraschung werden. An ihrer Reaktion habe ich gemerkt, dass ihr dieses Unwissen nicht gerade gefallen hat, aber sie hat dennoch zugesagt.
Ich bin gespannt, wie sie sich schlagen wird in Anbetracht der Tatsache, dass sie völliges Neuland betreten wird.
Ich sehe sie in der Dämmerung schon von Weitem am Bordstein stehen. Sie ist pünktlich. Also scheint sie wirklich Lust darauf zu haben.
Sobald das Taxi steht, steige ich aus und begrüße sie mit einem breiten Lächeln. „Na du."
„Hey." Sie weicht noch einzelnen Wasserpfützen aus, ehe sie mir gegenüber steht und sich auf die Zehenspitzen stellt. Ich neige meinen Kopf nur ein wenig nach unten, damit sie mir das letzte Stück entgegen kommen muss. Ich lasse ihr die Wahl. Sie drückt ihre Lippen einen Moment lang auf meine und in meinem Kopf beginnen die wildesten Fantasien von ihr und mir. In meinem Bett. Oder in irgendeinem Bett.
„Hast du einen schönen Tag gehabt?", frage ich, als wir im Taxi sitzen und der Fahrer uns langsam Richtung Kletterhalle chauffiert.
Sie beginnt von gestern und heute zu erzählen und ich höre ihr aufmerksam zu. Ich höre ihr gerne zu, bemerke ich beiläufig und lasse mich entspannt in den Sitz weiter fallen.
„Deine Freundin Franziska war gestern im Laden und hat das Collier abgeholt. Sie war sehr begeistert davon.", sage ich. Und nicht nur vom Collier. Sie weiß es, Menschen in ein Gespräch zu verwickeln und jemandem Informationen zu entlocken. Es war der klassische Check-out der besten Freundin. Vermutlich weiß sie nun mehr über mich als Viktoria. Direkt als sie den Laden betreten hat, war mir klar, wer sie ist. Sie hat genauso dunkles Haar und die gleichen Gesichtszüge wie ihr Bruder
„Ich hoffe, sie war nicht zu aufdringlich.", meint sie und sieht mich leicht zerknirscht an, aber ich winke direkt ab. „Aber nein, überhaupt nicht. Sie wollte sogar eine Haftungsversicherung unterschreiben, falls etwas mit dem Collier passiert am Wochenende." „Aber das musst du doch aus Versicherungsgründen, oder?" „Sie ist eine Freundin von dir. Ich vertraue ihr. Außerdem ist Richard ihr Bruder. Dieser Papierkram macht die besten Freundschaften zunichte."
„Da bist du aber ganz schön locker." Ich zucke kurz mit den Schultern. „Ich denke Joe hätte sie niemals gehen lassen, wenn sie den Schrieb nicht unterschrieben hätte." „Dein Bruder ist also der Vernünftige von euch beiden?", fragt sie mich und wendet sich mir mehr zu.
Das entlockt mir ein Lachen. „Nur wenn es um wirklich wichtiges Zeug geht. Eigentlich bin ich immer derjenige, der sich um alles Sorgen macht.", antworte ich ehrlicherweise und bin über mich selbst überrascht.
Ich hätte, ohne groß darüber nachzudenken, Franziska das Collier gegeben. Ohne mich abzusichern. Weil sie eine Freundin von Viktoria ist.
Was ist los mit mir?
„Du machst gerade aber nicht so einen Eindruck. Dass du dir immer über alles Sorgen machst.", bemerkt sie leise.
„Was denkst du, wohin entführe ich dich gerade?", wechsle ich das Thema. Sie überlegt einen Moment. „Draußen ist es regnerisch und kalt. Also vermute ich, dass wir nicht draußen sein werden. Vielleicht Tennis oder Squash?"
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Winternacht - Zurrenberg Romance
RomanceDie zweite Geschichte der Zurrenberg Familie!! Viktoria von Zurrenberg möchte ihrem Vater zeigen, dass Frauen in einer männerdominierten Welt bestehen können. Jakob möchte sich zusammen mit seinem Bruder den Traum von einem eigenen Juwelierladen in...