Kapitel 32,5 - Alexander

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Mit einem erschöpften Seufzen mache ich den Wagen aus und steige aus dem Auto. Ein kalter Wind bläst mir entgegen und ich ziehe den Kragen meines Mantels etwas höher. In solchen Momenten vermisse ich die Tiefgarage, aber die Wohnanlage hat lediglich Parkplätze gegenüber des Gehwegs. Na ja, immerhin gibt es zu den Wohnungen überhaupt Stellplätze. Das war eines der Kriterien, als Jessy und ich eine gemeinsame Wohnung gesucht haben. Und eines ihrer Kriterien war, dass sie sich die Wohnung auch leisten könne. Somit waren schon einmal mehr als die Hälfte meiner Vorschläge vom Tisch. Am Ende einigten wir uns auf diese Wohnung, in der wir nun schon seit über einem Jahr glücklich leben.

Wenn Jessy allerdings wüsste, dass die Anzeige der Wohnung von mir manipuliert gewesen ist, würden wir vermutlich noch immer auf Wohnungssuche sein. Ich verstehe, dass sie für ihr Leben selbst aufkommen möchte und nicht alles von mir bezahlt bekommen möchte, aber das Ende vom Lied ist, dass sie lediglich ein Drittel der Miete bezahlt. Wenn sie das je herausfindet, gibt es einen fetten Streit.

Ich nehme den Aufzug bis zur Wohnung und ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht, als ich meine Freundin in der Küche herumhantieren sehe. Auf leisen Schritten nähere ich mich ihr und schlinge von hinten die Arme um sie. „Hallo, mein Schatz." Ich drücke ihr einen Kuss auf den Hals. „Hi." Sie dreht sich zu mir herum, schenkt mir einen kurzen Kuss und fragt: „Wie war dein Tag?" Ich lächle an ihren Lippen. „Anstrengend, aber schön. Und deiner?"

Wie ich diese Unterhaltung liebe. Ich liebe es, wenn wir uns vom jeweiligen Tag erzählen, ich liebe es, dass jemand da ist, wenn ich von der Arbeit komme. Nur an Tagen, in denen sie im Jugendzentrum ist, und erst später kommt, bin ich zuerst zu Hause.

„Ich arbeite mich langsam ein. Es wird jeden Tag besser." Ich freue mich für sie, dass sie die Stelle bei der Stadt bekommen hat. Menschen zuhören, helfen, ablenken, das ist das was sie möchte. Und nun kann sie es tun.

„Räumst du deine Sporttasche dann noch weg? Ich will gleich noch mal durchsaugen. Und es wäre schön, wenn du im Wohnzimmer etwas Ordnung machen könntest. Ich will, dass es heute Abend ordentlich ist, wenn Viki und Elias kommen." „Yes, Sir." Sie küsst mich lachend. Ich kann ihr keinen Wunsch abschlagen.

Bevor ich unter die Dusche springe, räume ich also meine Sporttasche weg, räume etwas im Wohnzimmer und stelle die Schuhe im Eingangsbereich ins Regal. Es reichen keine zwei Hände, um abzuzählen, wie oft wir uns wegen einer Putzkraft gestritten haben.

„Meinst du, ich bin nicht in der Lage selbst Ordnung zu halten? Meine Wäsche selbst du waschen?", hat sie mir versucht zu erklären. Ich wiederrum wollte ihr erklären, dass wir mit einer Putzkraft mehr Zeit für andere Dinge hätten. Daraufhin winkte sie ab. „Kein Putzfrau." Ihr letztes Statement. Also versuche ich meinen Teil dazu beizutragen, dass die Wohnung nicht in totalem Chaos versinkt.

Sobald das warme Wasser auf mich niederprasselt, kann ich etwas entspannen. Morgen ist zwar noch der Freitag hinter sich zu bringen, aber in der Firma läuft es gerade recht entspannt ab. Die wichtigen Meetings setze ich immer für den Anfang der Woche an, damit ich gegen Ende der Woche etwas abschalten kann.

Ich ziehe mir Jeans und einen frischen Pullover über und mache mich mit einer kleinen Wäschemahne auf den Weg durch die Wohnung. Ich sammle bis auf eine Flasche Wein jede alkoholische Flasche ein, die ich finden kann. Es sind zu viele meiner Meinung nach. Seit meine Schwester Viki mir von der vermuteten Alkoholsucht von Elias erzählt hat, habe ich über mein Trinkverhalten auch mal nachgedackt. Das Resultat: ich könnte durchaus mit weniger Alkohol auskommen. Jessy wirft mir einen misstrauischen Blick zu und folgt mir dann bis ins Bad, wo ich die ganzen Flaschen in die Waschmaschine stelle.

Das ist der letzte Ort, an dem Elias suchen würde.

„Wegen Elias?", rät sie richtig. „Ja, ich muss mir einfach mal ein Bild von ihm machen. Wir haben lange nichts mehr zusammen gemacht." Und ich frage mich, woran das liegt. Er ist mein bester Freund, aber in den letzten Wochen haben wir uns immer verpasst. Wenn es bei mir mal geklappt hat, habe ich bei ihm im Hotel vorbeigeschaut, dann war er aber nicht dort. Wenn er mal Zeit hatte, hatte ich ein wichtiges Essen mit einem Geschäftspartner, das ich nicht absagen konnte. „Wenn er alkoholkrank ist, sollte man das wirklich ernst nehmen.", meint Jessy leise. In mir verkrampft sich alles. Eine Sucht ist immer ernst zu nehmen. Ihre Schwester war drogenabhängig und ist an ganz mieses Zeug geraten, dass sie nicht überlebt hat. „Wir sollten nicht gleich vom Schlimmsten ausgehen. Vielleicht hat Viki auch nur was falsch gedeutet." Ich versuche mich selbst zu beruhigen, denn es ist Unsinn, was ich rede. Meine Schwester hat einen rationalen Versand und kann Situationen schnell sehr gut einschätzen. Und wenn sie der Meinung ist, Elias sei alkoholsüchtig, dann wird es vermutlich auch so sein. Und ich bekomme ein schlechtes Gewissen, weil ich es so weit habe kommen lassen. Ich als sein bester Freund hätte doch so etwas doch merken müssen, oder?

Winternacht - Zurrenberg RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt