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Aaron hatte kaum sein Zelt betreten, als der Mann bereits bei Dimitri vorsprach.
„Ich...muss mit dem König sprechen..." erklärte er sichtlich angespannt.
Fragend hob Dimitri die Augenbraue. „Worum geht es?"
Der Mann schluckte. „Mir ist ein Fehler unterlaufen...und ich möchte diesen Fehler König Aaron gegenüber eingestehen..."
Dimitri nickte. „Name...?"
„Levin..."
„Wartet hier..."
Dimitri betrat das Zelt und sah fragend zu Aaron.
„Schick' ihn rein."
Kurz darauf betrat Levin das Zelt und sank vor Aaron auf das Knie.
„Hoheit..." grüßte er respektvoll und wartete sichtlich nervös darauf, dass Aaron ihn zum Sprechen auffordern würde.
Eine Weile lang musterte Aaron die Wache, die unter seinem Blick immer angespannter wurde.
„Worum geht es, Levin?"
Levin schluckte. „Mir ist ein Fehler unterlaufen Hoheit. Ich bin bereit, die Konsequenzen dafür auf mich zu nehmen."
Aaron seufzte, wirkte leicht ungeduldig. „Was ist geschehen?"
Levin schien regelrecht zu verkrampfen. „Ich war unachtsam. Dadurch konnten fünf Sklaven die Flucht ergreifen, Hoheit." erklärte er dann jedoch und zog ängstlich den Kopf ein.
Erneut seufzte Aaron, als er den Mann derart eingeschüchtert vor sich knien sah.
„Steh auf, Levin."
Zögernd erhob sich der Mann und blickte unsicher zu Aaron.
„Wie hat Fürst Skyldar solche...Fehler...bisher bestraft?"
Betreten senkte Levin den Kopf. „Eine Strafe, die er gerne verhängt hat, war das Auspeitschen, Hoheit."
Levin zuckte zusammen, als Aaron laut knurrte, schaffte es aber dennoch, nicht zurück zu weichen.
„Lass mich raten...jetzt fürchtest du eine ähnlich harte Strafe von mir..." wandte Aaron sich kurz darauf an Levin, der ängstlich nickte. „Ja, Hoheit."
„Komm näher..."
Aaron wartete, bis Levin direkt vor ihm stand.
„Es ehrt dich, dass du selber zu mir gekommen bist, Levin. Ich werde keinerlei derart drakonischen Strafen verhängen. Weder über dich, noch über einen deiner Kameraden, was jedoch nicht heißt, dass ich nicht weiß, wie ich effektive Strafen verhängen kann.Dazu kommt, dass im Grunde keiner von euch meinem Befehl untersteht. Es liegt also nicht an mir, diesen Fehler zu bestrafen, sondern an Jarl Kari, sobald er hier eintrifft."
Levin schluckte merklich.
„Allerdings gebe ich dir die Möglichkeit, deinen Fehler wieder auszugleichen.
Geh zu Jonas und hilf ihm, die entflohenen Sklaven wieder einzufangen."
Überrascht hob Levin den Blick. Sollte das wirklich alles gewesen sein?
Erneut seufzte Aaron.
„Levin...ich kann im Augenblick froh sein, wenn ihr alle mir keine Probleme bereitet. Ich kann froh sein, wenn ihr euch an euer Wort haltet und euch ansonsten ruhig verhalten. Was sind da schon ein paar entflohene Sklaven..."
Levin nickte langsam und verneigte sich dann tief und respektvoll. „Ich danke Euch, Hoheit.
Mit Eurer Erlaubnis werde ich jetzt zu Jonas gehen um mit ihm die Sklaven wieder einzufangen."
Aaron nickte nur. „Erlaubnis erteilt. Sobald ihr die Männer habt, bringt sie hierher in mein Zelt."

Wenig später betrat Jonas das Zelt.
„Hoheit...?"
Noch bevor er weitersprechen konnte nickte Aaron. „Ja ich habe Levin wirklich zu dir geschickt. Versucht, die Sklaven wieder zurück zu bringen. Vermutlich werden sie voller Furcht sein...
Jonas nickte. „Ich werde behutsam vorgehen."
„Genau das wollte ich damit sagen." erwiderte Aaron schmunzelnd.
Jonas verließ das Zelt und trat auf Levin zu, der davor auf ihn wartete.
„In Ordnung, Levin...Was kannst du mir über die Sklaven sagen, die geflohen sind?"
„Es sind ein junger Mann und eine junge Frau mit ihrem etwa achtjährigen Sohn, sowie der Vater und der Bruder des Mannes."
Jonas nickte nachdenklich. „Also sind sie als Familie zusammen geflohen und werden auf der Flucht füreinander einstehen."
Kurz schien er zu überlegen. „Levin...ich möchte, dass du mehrere Beutel Wasser, Trockenobst und etwas Brot einpackst."
Verwirrt hob Levin den Blick.
„Ich bezweifle, dass sie Zeit hatten, Proviant einzupacken. Sie werden also Hunger und Durst haben. Außerdem werden sie uns mehr als nur fürchten. Vielleicht können wir ihnen so ihre Angst zumindest etwas nehmen."
Noch immer verwundert schüttelte Levin den Kopf, ging aber dann los, das Geforderte zu holen.
Bald darauf ließ Jonas Levin die Pferde mit dem Proviant beladen, während er selbst noch einige Decken und - mit einem Seufzten - auch einige Seile auf sein Pferd lud.
„Weißt du, in welche Richtung sie geflohen sind?"
Levin schüttelte den Kopf. „Nein...leider nicht. Aber ich vermute diese Richtung...Sie wollen vermutlich so weit wie möglich von Fürst Skyldar - und somit auch von ihrer Heimat - weg. Wir kamen aus dieser Richtung, also vermute ich, dass sie in die entgegengesetzte Richtung geflohen sind."
Jonas zuckte nur leicht mit den Schultern. „Das könnte zumindest ein Anhaltspunkt sein...Sehen wir nach."
Gemeinsam führten sie die Pferde aus dem Lager, wobei Jonas den Blick fest auf den Boden gerichtet hielt.
Etwa 50 Meter vom Lager entfernt blieb er stehen und ging in die Knie.
Kurz darauf schmunzelte er. „Sie sind nicht dumm..."
Levin ging neben ihm auf die Knie, sah ihn jedoch fragend an.
„Das hier sind unsere Spuren, als wir hier ankamen..." erklärte Jonas und wies auf die Spuren vor sich.  „Sie werden jedoch überlagert von Spuren, die in die entgegengesetzte Richtung führen. Sie hatten nicht wirklich Zeit, ihre Spuren besser zu verbergen, sonst würden wir vermutlich nur eine Spur sehen, die nicht weiter aufgefallen wäre..."
Überrascht beugte sich Levin noch ein Stück weiter nach unten.
„Stimmt. Ich sehe deutlich die Fußabdrücke des Jungen..."
Jonas nickte zustimmend. „Dann los..."
Kurz darauf ritten sie gemeinsam den Spuren nach.
Etwa eine halbe Stunde später hob Jonas leicht die Hand und stieg ab. „Stopp, Levin. Da vorne sind sie."
Irritiert zog dieser die Augenbrauen zusammen und suchte die Umgebung ab, stieg aber dann ebenfalls ab. „Ich kann sie nicht sehen..."
Jonas schmunzelte. „Ich auch nicht...aber ich... ‚spüre' sie. Dort hinten, hinter der kleinen Baumgruppe halten sie sich verborgen und machen wohl eine Pause..."
Levin blickte zu der etwa 200 Meter entfernten Baumgruppe, schüttelte dann jedoch den Kopf. „Ich kann sie immer noch nicht wahrnehmen..."
Jonas zuckte nur die Schultern und holte die Seile aus seiner Satteltasche. „Ich kann es nicht erklären, aber ich spüre sie einfach..."
Während er die Seile an seinem Gürtel befestigte, drehte er sich zu Levin um.
„Wir versuchen es erst einmal auf die freundliche Art." erklärte er. „Du bleibst hinter mir. Nur, wenn sie versuchen zu fliehen, werden wir sie einfangen."
Levin nickte und sah zu Jonas, dessen Blick deutlich strenger wurde. „So wenig Gewalt wie möglich, verstanden?"
Erneut nickte Levin und folgte Jonas, der ruhig auf die Baumgruppe zuging.

Finya 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt