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Sichtlich unwohl senkte Leon erneut den Kopf, blieb aber ruhig.
Aufmerksam beobachtete er, wie Aaron und Kari auf die anderen Wachen zutraten, die inzwischen nicht nur wach waren, sondern auch wieder klar bei Bewusstsein.
Ohne große Umschweife wandte Kari sich an die drei Männer, die alle noch ziemlich müde wirkten.
„Ich nehme an, ihr wisst wer ich bin und warum ihr hier gefesselt seid..."
Grimmig hob der älteste von ihnen den Blick. „Ihr seid der Jarl. Warum wir hier sind, wissen wir nicht, wir haben unserem Fürsten lediglich treu gedient und haben seine Befehle gefolgt." antwortete er kühl.
Die beiden anderen Männer schienen sich sichtlich unwohl zu fühlen und regten sich leicht in ihren Fesseln.
„Deine beiden Begleiter scheinen mit dieser Aussage nicht so ganz konform zu gehen..." erwiderte Kari süffisant.
Ruckartig ging der Blick des Mannes zu den beiden anderen Wachen und er blitzte sie drohend an.
„Ihr sagt kein Wort, Heran und Geron. Fürst Skyldar wird euch reich belohnen, das wisst ihr..."
Erneut regten die beiden sich sichtlich unwohl.
Drohend trat Kari auf die drei zu.
„DU hast hier gar nichts zu sagen - und noch viel weniger zu drohen. Ich rate dir daher nur auf meine Fragen zu antworten und ansonsten zu schweigen." wandte er sich an den Wortführer.
„Und ihr zwei...wenn ihr kooperiert, bin ich vielleicht gewillt, ein mildes Urteil zu fällen..."
Die beiden Männer, allem Anschein nach Brüder, nickten. Zumindest ihnen schien der Ernst ihrer Lage bewusst zu sein - ganz im Gegensatz zum dritten Mann, ihrem Vater.
Dieser zerrte an seinen Fesseln. „Wehe ihr sagt auch nur ein Wort...."
Langsam wandte einer der jüngeren seinen Blick zu dem Mann. „...aber Vater..."
Als dieser ihn jedoch weiterhin wütend und drohend anblitzte, zog er ängstlich den Kopf ein.
Unzufrieden brummte Kari. „...ich sehe schon, dass wir hier so nicht weiter kommen..."
Sein Blick wanderte weiter zu Eric.
„...bringt den Mann bitte zum Schweigen. Ich werde mich dann später mit ihm befassen...."
Ohne mit der Wimper zu zucken, trat Eric direkt hinter den Vater der beiden anderen Männern und griff fest in seine Haare. Unter den ängstlichen Blicken der beiden Söhne verpasste er ihm einen solch heftigen Schlag gegen die Schläfe, dass dieser das Bewusstsein verlor.
Heran und Geron zuckten sichtlich zusammen und sahen ängstlich zu Kari, der sie jedoch nur fast schon milde anlächelte.
„Ich denke, jetzt können wir uns in Ruhe unterhalten....Seid ihr bereit zu kooperieren?"
Sofort nickten die beiden Brüder heftig.
„...wir wollten das alles nicht, Jarl..." erklärte Heran sogleich. „...aber Vater und Fürst Skyldar haben uns gezwungen...." ergänzte Geron.
„Gezwungen also..." Kari musterte die beiden Männer skeptisch, die unter seinem Blick sichtlich kleiner zu werden schienen.
Heran schluckte. „Wir...hatten natürlich unsere...Vorteile...davon, Jarl..." gab er dann zögerlich zu und Geron nickte bestätigend.
„...und wir haben diese Vorteile auch genossen, wenn wir sie schon hatten..." ergänzte Heran ehrlich.
„...aber wir hatten keine andere Wahl. Unser Vater und Fürst Skyldar hätten uns verstoßen, wenn wir nicht gehorcht hätten..."
Kari seufzte. „Was wusstet ihr?"
Irritiert sahen die beiden Brüder sich an, konnten mit der Frage nicht so recht etwas anfangen.
Ungeduldig brummte Kari. „Wusstet ihr, was Skyldar mit Finya, der Sklavin meines Freundes, vorhat?"
Geron und Heran blickten sich fast schon hilflos an. „Er...wollte sie...haben..."
Dieses Mal knurrte Kari. „Wusstet ihr, dass er König Aaron vergiften wollte um an Finya heran zu kommen?"
Überrascht weiteten sich die Augen der beiden Männer. „Der Fürst hatte mal etwas in die Richtung gesagt, aber gleich darauf gemeint, es wäre ein Scherz gewesen..."
Kari schüttelte nur den Kopf. „Was haltet ihr von der Art der Sklavenhaltung in diesem Gefolge."
Erneut sahen sich die beiden hilflos an und schienen die Frage nicht zu verstehen.
„Ist es nicht normal, wie die Sklaven hier behandelt werden?"
Fassungslos schüttelte Kari den Kopf. „In manchen Gefolgen mag das hier normal sein, aber das ist es ganz sicher nicht."
Inzwischen schienen die beiden Männer sich sichtlich unwohl zu fühlen.
„Wie alt seid ihr?"
Heran hob den Blick. „Ich bin 21 Jahre alt und mein Bruder ist 18." erklärte er.
Kari schnaubte leicht. „Seid ihr jemals schon aus diesem Lager heraus gekommen?"
Beide Männer schüttelten den Kopf.
„Nun...das erklärt einiges..."
„...was wird nun mit uns geschehen, Jarl?" fragte Heran unsicher nach.
„Das werde ich zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden. Ihr schient mir keinerlei Lebenserfahrung zu haben - kein Wunder bei Eurem Alter. Dazu scheint ihr nie auch nur irgend etwas hinterfragt zu haben...Allerdings kann ich nicht riskieren, dass ihr weiter unter dem Einfluss eures Vaters oder auch jemand anderes steht. Bis zur Urteilsverkündung werde ich euch daher wieder schlafen lassen..."
Sofort wanderten die Blicke der beiden Männer ängstlich zu Eric, der fast schon mit einem Lächeln hinter sie trat.
Kari unterdrückte ein Grinsen. „DAS ist der eine Weg. Es gibt aber noch einen anderen..."
Sofort lagen die Blicke der beiden Männer wieder auf Kari.
„Ihr könntet euch auch bereit erklären, freiwillig das Schlafmittel zu nehmen..."
Sowohl Geron, als auch Heran nickten heftig. „Ich nehme freiwillig das Mittel, Jarl." erklärte Geron.
„...ich auch, Jarl." bestätigte Heran.
Zufrieden nickte Kari und gab Eric ein Zeichen.
Mit einem unsichtbaren Schmunzeln trat Eric an ein kleines Tischchen und füllte zwei Becher mit Noxanum.
Mit beiden Bechern in der Hand trat er vor die beiden Männer und hielt zunächst Geron den Becher an die Lippen.
Bereitwillig begann dieser das Mittel zu trinken, stockte aber bereits nach dem ersten Schluck und verzog das Gesicht. „...den ganzen Becher..." kommentierte Kari nur trocken.
Geron verzog das Gesicht, trank aber dann gehorsam den Becher leer und sackte kurz darauf in sich zusammen..
„...und jetzt du..."
Auf ein Nicken hin trat Eric vor Heran und hielt auch diesem den Becher an die Lippen.
Sofort begann dieser den Becher gehorsam auszutrinken, nur um ebenfalls kurz darauf einzuschlafen.
Kopfschüttelnd blickten die beiden Herrscher sich an. „Sie sind jung...aber zudem wirken sie mehr als nur dumm und einfältig..."
„...vielleicht wurden sie von ihrem Vater und Skyldar auch nur klein gehalten..." wandte Finya ein.
„So waren und sind sie leicht zu manipulieren und machen alles, was man ihnen sagt, ohne darüber nachzudenken..."
Nachdenklich blickte Kari zu Finya. „...das könnte natürlich auch der Fall sein. Aber so wird es schwer werden, ein gerechtes Urteil über die beiden zu fällen..."
Ruckartig wandte Kari den Blick, als Leon sich leise räusperte.
„Ja...?" wandte er sich fast schon scharf an den Gefangenen.
Leicht verunsichert blickte Leon auf. „...die beiden haben nie gelernt, ihren eigenen Verstand zu nutzen, Jarl..." erklärte er dann. „Ich...vermute sogar, es war der Wunsch des Fürsten, sie zu schlichten Werkzeugen zu machen, die jedem Befehl gehorchen ohne ihn zu hinterfragen..."
Für einen kurzen Moment blitzte Anerkennung in Karis Blick auf. „Es ehrt dich, dass du für die beiden Partei ergreifst."
Leon senkte den Blick. „Skyldar hat auch von mir gefordert, sie entsprechend...einzusetzen...wenn ich hier war."
Erneut nickte Kari. „und auch deine Ehrlichkeit ehrt dich. Du scheinst also doch so etwas wie ein Gewissen zu haben. Ich werde das bedenken, wenn ich dein Urteil fälle."
Leon schüttelte leicht den Kopf. „Darum geht es mir nicht, Jarl."
„Davon gehe ich aus. Andernfalls würde ich das nicht in Betracht ziehen."
Nachdenklich musterte Kari seinen Gefangenen.
„Was kannst du mir noch über die beiden sagen?"

Finya 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt