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Wenig später saßen Aaron und Kari einander gegenüber in Aarons Zelt.
Während Finya noch eine Weinflasche öffnete und vier Kelche füllte, setzte sich Juna auf Karis Schoß und lehnte ihren Kopf vertrauensvoll und zufrieden an Karis Hals.
Als Finya sich kurz darauf umdrehte, stockte sie sichtlich überrascht, schmunzelte dann aber.
Selbst Aaron sah den Jarl überrascht an, der jedoch nur ebenfalls schmunzelte.
„Vor unserem Aufbruch habe ich Juna die Freiheit geschenkt. Allerdings tritt sie hier im Lager noch als meine Sklavin auf."
Liebevoll strich Kari der jungen Frau über den Rücken.
„Na dann haben wir etwas zum Anstoßen." stellte Aaron fest. „Auch Finya habe ich die Freiheit angeboten. Allerdings möchte sie auf dieser Reise noch meine Sklavin bleiben."
Lächelnd verteilte Finya die vier Kelche und setzte sich neben Aaron.
Eine ganze Weile unterhielten sie sich über Belanglosigkeiten, bis sie auf einmal unterbrochen wurden, als jemand die Zeltplane zurück schlug und Landros mit einem Tablett das Zelt betrat.
Sichtlich unsicher wanderte sein Blick zu den beiden Vampiren. „Ich bringe das Essen,... Herren..." wandte er sich an die Vampire und verteilte denn die vier Portionen Essen, die auf dem Tablett standen.
Respektvoll sank er zu Boden.
Aaron nickte ihm zu. „Das war sehr aufmerksam von dir...Danke. Du kannst aufstehen und wieder gehen."
Nach dem Essen lehnten sich alle entspannt zurück. Nach einer Weile ergriff Aaron schließlich das Wort.
„Skyldar und seine treuen Wachen sind noch....ausgeschalten..." wandte er sich an Kari. „Sie sollten morgen früh aufwachen. Dann könnt Ihr sie verhören. Ingvar könnt Ihr jedoch gleich verhören. Ich habe bei ihm darauf verzichtet, ihn ebenfalls zu betäuben, da er recht vernünftig zu sein scheint. Auch sind seine Beweggründe, Skyldar zu dienen, andere."
Interessiert hob Kari den Blick. „Das klingt interessant..."
Aaron nickte. „Im Grunde scheint er den Fürsten zu hassen."
Kari runzelte die Stirn. „Und warum dient er ihm dann weiterhin?"
„Weil sein Eid ihn bindet." Aaron schmunzelte. „Sein Wort scheint ihm sehr wichtig zu sein. Er hat dem Fürsten seine Treue geschworen und daran hält er sich. Zwar hat er mir sein Wort gegeben, mir keine Probleme zu machen, doch sollte ich Skyldar etwas tun, würde er sich gezwungen sehen, diesen zu verteidigen. Da war er sehr ehrlich."
Fast schon imponiert von dieser Information schüttelte Kari den Kopf.
„Ich werde ihn von seinem Eid entbinden. Damit sollte dieses Problem erledigt sein - sofern er es ehrlich meint."
„Ich denke schon, dass er es ehrlich meint. Und dass Ihr ihn von dem Eid entbinden werdet habe ich bereits vermutet und ihm in Aussicht gestellt.
Im Übrigen scheint er eine der Wachen zu sein, die zumindest im Geheimen versucht haben, das Los der Sklaven abzumildern. Gerade die Kinder mögen ihn."
Nachdenklich nickte Kari. „Ihr macht mich neugierig. Ich würde ihn gerne sogleich verhören."
Aarons Blick wanderte zu Finya. „Könntest du bitte Ingvar holen?"
„Natürlich."
Kurz darauf betrat Finya das Lazarettzelt. Wie beim letzten Mal kniete Ingvar auch dieses Mal wieder hinter Yunus und wusch die Verletzungen an dessen Rücken aus.
Zufrieden registrierte Finya, dass der Mann dabei recht entspannt blieb.
„Wir sind fertig, Yunus." Ingvar legte den Schwamm zur Seite. „Jetzt nur noch die Salbe und dann kann Arvid dir den Rücken verbinden."
Finya wartete, bis Ingvar seine Arbeit beendet hatte, bevor sie sich an ihn wandte.
„Jarl Kari möchte mit Euch sprechen..." erklärte sie.
Für einen Wimpernschlag lang schien Ingvar wie eingefroren und er wurde blass. Dann schluckte er jedoch schwer und nickte.
„Dann sollte ich ihn nicht noch länger warten lassen."
Kurz darauf betrat er bereits das Zelt und sank vor dem Jarl auf sein Knie.
Juna hatte sich unterdessen neben den Jarl gesetzt und so stand Kari nun auf und trat auf Ingvar zu.
„...du bist also Ingvar..." sprach er den Mann ruhig an.
„Ja, Jarl Kari."
Nervös knetete Ingvar seine Hände, legte sie dann aber in seinen Schoß.
Kari nickte ihm zu. „Steh auf."
Sichtlich angespannt erhob sich Ingvar und sah zu seinem Herrscher.
„König Aaron hat mir gesagt, dass du bisher sehr kooperativ warst. Behalte das bei und wir werden gut miteinander auskommen."
Ingvar nickte, zögerte jedoch leicht. „Jarl...?"
Kari nickte ihm zu. „Sprich."
„Ich...bin gerne bereit, zu kooperieren, allerdings..." Der Jarl schmunzelte leicht, als Ingvar erneut zögerte. „König Aaron hat mir bereits von deinem Eid erzählt. Du kannst diesen Eid als nichtig ansehen, da Skyldar mit sofortiger Wirkung kein Fürst mehr ist."
Regelrecht erleichtert atmete Ingvar auf und hob den Blick.
„Dann werde ich in vollem Umfang kooperieren und den F...und Skyldar in keinster Weise mehr zu schützen versuchen."
Kari nickte zufrieden. „...dann erzähl mir, was du über die Zustände in Skyldars Gefolge weißt und welchen Anteil du daran hattest. Danach werde ich entscheiden, ob und wenn ja wie ich dich bestrafe. Sei dir jedoch gewiss, dass ich bei deinem Strafmaß deine Kooperation bedenken werde."
Für einen Moment senkte Ingvar den Blick. Dann sah er Kari jedoch erneut an und begann zu erzählen.
Nach einer ganzen Weile wies Kari Ingvar an, sich hinzusetzen und nahm selbst ebenfalls Platz.
Seine Miene wurde immer ernster.
Schließlich begann er Fragen zu stellen. Es ging bereits auf Abend zu, als Kari endlich zufrieden war.
„Du hast dich redlich bemüht, den Sklaven ihr Los zu erleichtern, wie es mir scheint. Das deckt sich auch mit dem, was ich von König Aaron erfahren habe. Vor allem die Kinder scheinen dich zu mögen. Einzig dein Eid hat dich scheinbar eingeschränkt.
Dein hauptsächliches Vergehen besteht somit eher darin, bei mir keine Meldung gemacht zu haben. Denn das wäre immer noch über deinem Eid gestanden."
Sichtlich nervös hörte Ingvar seinem Herrscher zu.
„Ich werde aktuell noch kein offizielles Urteil über dich fällen. Dazu ist es zu früh und ich muss erst noch die Anderen verhören."
Als der Jarl Ingvars Unsicherheit bemerkte, nickte er ihm zu.
„Wenn du mir nicht irgend etwas schwerwiegendes verheimlicht hast und ich bei den anderen Verhören nichts dergleichen heraus finde, hast du keine harte Strafe zu erwarten. Du darfst dich daher auch frei im Lager bewegen."
Sichtlich erleichtert sank Ingvar auf die Knie, auch wenn er ein gewisses Unwohlsein nicht verbergen konnte. „Ich danke Euch, Jarl."
Kari musterte Ingvar kritisch. „Hast du mir noch irgend etwas zu sagen, Ingvar? Dann gebe ich dir jetzt die Chance dazu."
Fast schon erschrocken hob Ingvar den Blick.
„Nein, Jarl. Ich habe Euch nichts verheimlicht...es ist nur..." kurz zögere Ingvar. „Skyldars Wachen werden..."
Mit einem Kopfschütteln unterbrach Kari ihn. „Das ist mir bewusst. Doch sollten sie versuchen, dir die Schuld zuzuweisen, werden sie sich gerade dadurch verraten."
Erleichtert nickte Ingvar und stand auf ein Nicken Karis hin wieder auf.
„König Aaron hat mich informiert, dass er dich zum Dienst im Lazarettzelt eingeteilt hat.
Auch wenn du nicht unter Arrest stehst, würde ich dich darum bitten, diesen Dienst weiter zu verrichten. Nicht als Strafe, sondern aus Sicherheitsgründen. Ich will aktuell nicht, dass du und Skyldar aufeinander treffen könnten."
Ingvar nickte. „Dann werde ich das gerne tun."

Finya 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt