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Es war bereits Nachmittag, als die Gruppe von ihrem Ausritt zurück kam.
Bereits als Aaron, das Mädchen sicher vor sich auf dem Sattel, in das Lager hinein ritt, eilte die Mutter auf ihn zu und sank demütig auf die Knie.
Aaron nickte ihr jedoch nur freundlich zu und schwang sich aus dem Sattel.
„...steh auf, Frau...Deiner Tochter geht es gut."
Unsicher erhob sich die Mutter und schloss ihre Tochter überglücklich in die Arme.
Zögerlich sah sie kurz darauf zu Aaron. „...ich danke Euch, Herr, dass Ihr sie mir gesund zurück gebracht habt."
Aaron runzelte kurz die Stirn. „Natürlich habe ich das. Soraya ist bei mir sicher. Ich werde ihr bestimmt nichts antun. Genauso wenig wie dir."
Verlegen und unsicher senkte die Mutter den Kopf.
„Ich bin nicht Skyldar..." wandte Aaron sich mit einem Seufzen erneut an sie.
Für einen kurzen Moment schloss die Frau die Augen. Als sie sie wieder öffnete, schluckte sie schwer, trat dann auf Aaron zu und legte ihren vernarbten Hals frei.
„Ich danke Euch, Herr, was Ihr für uns tut. Bitte nehmt meinen bescheidenen Dank an und trinkt von mir ..."
Aaron schüttelte nur leicht den Kopf, legte der Frau aber sanft die Hand auf die Schulter.
„Ich nehme dein Angebot gerne an. Jedoch nicht heute. Es ist noch zu früh für dich." erklärte er sanft.
Nicht ohne eine gewisse Erleichterung nickte die Frau, bevor sie sich nach einer weiteren Verneigung wieder an ihre Arbeit machte.

Am Abend saßen Aaron und Kari erneut zusammen, während Finya und Juna sich in der anderen Ecke des Zeltes unterhielten.
„... morgen stehen dann noch die Verhöre von Skyldar und seiner Wache an. Allerdings wird bei Skyldar kein großes Verhör nötig sein. Seine Tat ist eindeutig, das Verhör somit nur Formsache." Aaron neigte bestätigend den Kopf. „... interessanter wird da das Verhör seiner ersten Wache. Aber auch da sollte die Lage recht eindeutig sein. Ich bezweifle, dass der Mann unwissend war ...", fügte er dann hinzu.
Nachdenklich blickte Kari auf seinen Wein.
„Was die Strafen angeht..." sein Blick wandte sich wieder Aaron zu.
„Ich denke, dass ich Ingvar begnadigen werde. Er wird unter Beobachtung stehen und sich weiter beweisen müssen, aber eine wirkliche Strafe wird in seinem Fall denke ich nicht nötig sein."
„Das sehe ich auch so. Er war wirklich von Anfang an kooperativ."
„Schwieriger wird es da schon mit den beiden Brüdern..." ergriff Kari erneut das Wort.
„Ich weiß wirklich nicht was ich von ihnen halten und mit ihnen tun soll..."
„Wenn sie wirklich derart fehlgeleitet und unwissend sind, wird es schwierig sie gerecht zu bestrafen. Vielleicht solltet Ihr es wie bei Yngvar und Ymir machen. Die beiden habt Ihr auch nicht direkt verurteilt, sondern Euch Zeit gelassen..."
Kari schmunzelte. „Das stimmt. Und ich habe es zu keinem Zeitpunkt bereut."
Interessiert legte Aaron den Kopf schräg. „Was ist aus den beiden eigentlich geworden?"
Entspannt lehnte Kari sich zurück. „Ich hatte sie erst einmal eine ganze Weile getrennt voneinander eingesperrt, um sie dann - ebenfalls getrennt voneinander - zu befragen.
Dabei haben sie sich deutlich einsichtiger und kooperativer als zuvor gezeigt, weshalb ich ihnen eine zweite Chance gewährt habe." begann der Jarl zu erklären.
„Ich habe mir dabei an Euch ein Vorbild genommen, und sie erst einmal für ...schlichtere Aufgaben eingeteilt und ansonsten im Kerker eingesperrt.
Nach und nach haben sie es geschafft, sich mein Vertrauen zu erarbeiten, so dass ich sie seit einigen Monaten wieder Dienst als Wache verrichten lasse. Bald sollten sie übrigens hier ankommen. Sie begleiten meine Nachhut, die noch mehr Proviant mitbringt."
Nachdenklich lehnte der Jarl sich wieder Aaron entgegen.
„Und ihr meint, ich sollte es mit Heran und Geron ebenso halten?"
Abwägend wiegte Aaron den Kopf. „Zumindest sollte man abwarten, wie sie sich entwickeln, wenn sie dem schädlichen Einfluss ihres Vaters entzogen sind und anderes als dieses Gefolge sehen."
„Einverstanden." Kari nickte. „Ich werde das Urteil der Beiden vorerst aussetzen."
„Dann bleibt noch Leon. Auch ein spezieller Fall für sich. Ich weiß nicht, inwieweit ihm zu trauen ist. Zumal sich sein Verhalten im Vergleich zum Anfang sehr stark gewandelt hat."
Wie so oft strich Kari nachdenklich durch seinen Bart.
„Wahrscheinlich muss ich es bei ihm ebenso halten, wie bei den Brüdern. Erst einmal abwarten. Abwarten, und schauen, ob sich etwas an seiner Einstellung ändert. Und dann ihn prüfen, wie ernst es ihm damit ist. Die erste Prüfung für ihn wird bereits sein, wenn sein Cousin hingerichtet wird. Je nachdem, wie er darauf reagiert, wird es bereits einiges über ihn aussagen."
„Das stimmt wohl." erwiderte Aaron.
Langsam erhob sich Kari. „Ich würde ihn übrigens für die Nacht gerne wieder in der Sicherheit des Zeltes wissen..."
„Natürlich." Aaron nickte und erhob sich ebenfalls. „Dann können wir auch gleich sehen, ob er von seinen bisherigen Eindrücken bereits etwas mitgenommen hat."
Gemeinsam verließen sie das Zelt und gingen auf Leon zu, der von Gregori bewacht wurde.
Inzwischen dämmerte es bereits. Dennoch konnten sie deutlich erkennen, dass der Vampir ruhig und nachdenklich an seinen Baum gebunden da saß und die Sklaven an der Feuerstelle dabei beobachteten, wie sie die Reste des Abendessens abräumten.
Als Kari und Aaron vor ihm stehen blieben, hob er langsam den Blick, schwieg jedoch.
Deutlich konnten die beiden Herrscher den rötlichen Schimmer in Leons Augen erkennen.
„Du wirst für die Nacht wieder ins Zelt gebracht." erklärte Aaron schlicht und nickte Gregori zu.
„Dort wirst du auch eine Ration Blut erhalten. Ich will es nicht riskieren, dass du die Kontrolle verlierst. Solltest du jedoch Schwierigkeiten machen, wirst du für die Nacht wieder betäubt werden."
Leon blieb ruhig sitzen, schüttelte lediglich den Kopf. „Ich gab Euch mein Wort, keine Schwierigkeiten zu machen" bestätigte er nochmal. „und...ich würde es wirklich begrüßen, die Nacht bei Bewusstsein zu bleiben." Für einen kurzen Moment zögerte der Mann. „Es gibt einiges, über das ich Nachzudenken habe." fuhr er dann fort und sah die beiden Herrscher aufrichtig an.
Aaron nickte Gregori zu. „Dann kannst du ihn jetzt ins Zelt bringen." Nach einem letzten prüfenden Blick auf Leon wandte er sich erneut an Gregori, der Leon unterdessen losgebunden hatte. „Ich denke, du kannst ihm das normale Blut geben."
Fragend blickte Kari zu Aaron, der jedoch nur grinste.
„Während ihrer Bewusstlosigkeit haben wir die Männer mit Tierblut versorgt. Ausreichend, damit sie nicht verhungern, aber nicht ausreichend, um sie zu stärken."
Kari lachte leise. „Eine wirklich gute Idee."

Finya 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt