Einige Zeit später betrat Aaron in Begleitung von Arvid das Zelt von Fürst Skyldar, wo dieser nach wie vor mit seinen fünf Wachen an die Stützpfeiler gefesselt war.
Sofort blitzten ihm fünf paar Augen wütend entgegen, während die eine Wache, die zuvor schon keine Gegenwehr geleistet hatte, sich auch jetzt ruhig verhielt.
„Gregori?" fragend blickte Aaron zu seinem Aukon, der zusammen mit Ivar die Männer bewachte.
„Die üblichen Beschwerden und Beschimpfungen, aber sonst keine besonderen Vorkommnisse, Hoheit." erwiderte Gregori schlicht. „Der hier..." er wies mit einem Nicken auf die ruhige Wache „...verhält sich ruhig."
„Nungut..." wandte Aaron sich an seine Gefangenen. „Da ich möchte, dass ihr bis zu Jarl Karis Ankunft bei Kräften bleibt, werdet ihr jetzt einen kleinen Imbiss erhalten. Dazu werden wir Euch eine Hand lösen." erklärte Aaron ruhig und nickte Gregori und Ivar zu, die sichtlich skeptisch die Augenbrauen hoben, dem Befehl ihres Königs jedoch gemeinsam mit Arvid ohne zu zögern nachkamen.
„Taro, Rebecca...ihr könnt reinkommen..." fuhr Aaron ruhig fort, als die Männer zumindest weitestgehend ruhig blieben.
Sogleich betraten die beiden Sklaven das Zelt.
Während Taro ein Tablett mit Schalen voller Eintopf auf den Tisch stellte, trug Rebecca ein Tablett mit sechs gefüllten Weinkelchen.
Aaron nickte seinen Wachen zu, zunächst die Kelche zu verteilen.
Der letzte hatte seinen Kelch noch nicht einmal erhalten, als Skyldar seinen Wein bereits geleert hatte. Und auch die Wache, die von Anfang an an seiner Seite gewesen war, hatte den Kelch ebenso schnell geleert.
Die drei Wachen aus dem Lager hingegen schienen den Wein sichtlich mehr zu genießen, doch spätestens als Taro auf ein Zeichen hin mit einer weiteren Weinflasche vor sie trat, leerten auch sie den Kelch in einem Zug.
Lediglich der ruhigste der Männer blickte nach wie vor skeptisch auf seinen Wein und drehte den Kelch unschlüssig in seiner Hand.
Immer wieder wanderte sein Blick nachdenklich und unsicher zwischen seinem Fürsten, der inzwischen den zweiten Kelch geleert hatte, und Aaron hin und her.
Prüfend zog Aaron die Augenbraue nach oben und beobachtete den Mann.
Als sowohl Skyldar, als auch seine Kameraden kurz darauf auf einmal die Augen verdrehten, ihre Kelche scheppernd zu Boden fielen und die Köpfe der Männer bewusstlos nach vorne sackten schluckte er schwer und seine Hand begannen leicht zu zittern.
„Du beweist eindeutig mehr Hirn als deine Kameraden." wandte Aaron sich lediglich trocken an den Mann.
Erneut schluckte die Wache. „Was wird der Wein mit mir machen, Hoheit?"
Überrascht hob Aaron die Augenbraue. „Er wird dich lediglich in einen tiefen Schlaf versetzen. Ich habe zu wenig Männer, um euch effektiv bewachen zu lassen." erklärte er ruhig.
Langsam nickte der Mann. Noch immer hatte er den Blick nicht von seinem Wein gelöst.
„Wie ist dein Name?"
„Ingvar, Hoheit."
Aaron nickte nur.
Ingvar atmete tief durch. Sein Griff um den Kelch festigte sich etwas, als er ihn an die Lippen führte um den Wein zu trinken.
Für einen Moment runzelte Aaron die Stirn, schüttelte dann den Kopf.
„Du brauchst den Wein nicht zu trinken." wandte er sich ruhig an seinen Gefangenen.
Überrascht hob dieser nun den Kopf und sah Aaron fragend an, den Kelch immer noch erhoben.
„...zumindest vorerst nicht."
Erleichtert ließ Ingvar den Kelch sinken. „Ich danke Euch, Hoheit."
Auf ein Nicken hin nahm Gregori dem Mann den Kelch ab.
„Du scheinst nicht nur klüger als deine Kameraden zu sein, sondern auch vernünftiger. Solange das so bleibt, sehe ich keinen Grund, dich zu betäuben."
Ingvar zögerte kurz, biss sich leicht auf die Lippe. „Ich gebe Euch mein Wort, dass ich Euch keine Schwierigkeiten machen werde, Hoheit. Es tut mir Leid, was geschehen ist, aber..." erneut zögerte er, während sein Blick zu dem schlafenden Skyldar wanderte. „...aber mehr kann ich Euch nicht zusichern, denn mein Eid bindet mich..."
Überrascht ob des Bedauerns in Ingvars Stimme hob Aaron erneut die Augenbraue.
„Du wirst später Gelegenheit bekommen, dich zu erklären."
Dankend neigte Ingvar den Kopf.
„Taro...gib dem Mann eine Schale Eintopf."
Sofort trat der Junge an den Tisch, griff nach einer der Schalen und reichte sie Ingvar, der sie dankend entgegen nahm und vor sich auf den Boden stellte.
„Iss jetzt. Danach wird Gregori dich wieder binden."
Hungrig griff Ingvar nach dem Löffel, zögerte jedoch und blickte fragend zu Aaron.
Amüsiert lachte dieser auf. „Der Eintopf ist nicht mit Schlafmittel versetzt. Andernfalls hätte ich dich auch den Wein trinken lassen können."
Verlegen nickte Ingvar und begann zu essen.
Ohne sich weiter um ihn zu kümmern wandte Aaron sich an Gregori und Ivar.
„Fesselt die Anderen gründlich mit Silber und seht zu, dass sie regelmäßig eine Dosis Noxanum erhalten."
Sofort machten die beiden sich an die Arbeit.
„Ich hatte mich gleich gewundert, warum Ihr die Männer bei Kräften halten wolltet, Hoheit..." wandte Gregori sich schließlich sichtlich amüsiert an seinen König.
Auch Ivar schüttelte den Kopf. „Wie naiv sind die eigentlich...als ob Ihr Eure Gefangenen mit Wein verköstigen würdet..."
Aaron schmunzelte. „Nun...uns kam es sehr gelegen. Und dafür habe ich gerne etwas von meinem Wein geopfert. Die Idee mit dem Schlafmittel stammte übrigens von Finya. Den Tipp mit dem Wein hat mir Yunus gegeben."
Überrascht hob Gregori die Augenbraue.
Ingvar ließ seinen Löffel sinken und räusperte sich leicht. „Ich bin fertig..." erklärte er und nahm seine freie Hand auf den Rücken.
Zufrieden nickte Aaron, bevor er sich an Gregori wandte. „Leichte Silberfesseln sollten bei Ingvar reichen."
Gregori ging hinter der Wache auf die Knie und löste die schweren Silberfesseln. Dennoch blieb der Mann ruhig sitzen und behielt seine Hände am Rücken. Kurz darauf war er bereits wieder mit leichten Silberfesseln gebunden.
Taro hatte inzwischen die leere Schale weggeräumt.
„Ich lasse dich später zum Verhör holen." wandte sich Aaron an Ingvar.
„Ivar...du kannst Pause machen. Gregori: Dich lasse ich später ablösen."
Beide Männer nickten nur, während Aaron bereits mit seinen beiden Sklaven das Zelt verließ.Aaron wollte gerade auf sein Zelt zugehen, als er hinter einem der Zelte die leise Diskussion zweier Männer hören konnte.
„Geht in mein Zelt..." raunte er den beiden Sklaven zu und beobachtete, wie die beiden kurz darauf hinter der Zeltplane verschwanden.
Leise ging er auf das andere Zelt zu, um die beiden Männer zu belauschen.
Überrascht hob er die Augenbraue, als er in einem der beiden Männer Vindur erkannte.
„...wir müssen es König Aaron sagen..." meinte dieser soeben zu seinem Kameraden.
„...er wird unsagbar wütend sein." erwiderte der Andere besorgt.
Vindur seufzte. „Ich kann die Sklaven verstehen und würde es ihnen gönnen...Aber wir müssen es trotzdem melden."
Der andere Mann schien kurz zu zögern. „Du hast Recht, Vindur. Wir müssen es melden. Aber da es mein Fehler war, werde ich das übernehmen."
„Soll ich dich begleiten?"
Der andere Mann schien den Kopf zu schütteln. „Danke, Vindur. Aber du musst das nicht tun...Es reicht wenn ich seinen Ärger auf mich ziehe..."
Aaron lächelte sacht, beeilte sich aber dann, in sein Zelt zu kommen, als er hörte, wie der Mann sich auf den Weg machte.
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Finya 4
VampireDer Urlaub auf der Insel von Aarons Vater ist zu Ende. Zeit, die Heimreise anzutreten. Doch noch immer ist Aaron und Finya keine Ruhe vergönnt. Ein neuer Widersacher tritt auf, der seine Handlungen nicht mehr nur gegen Finya richtet.