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Kurz darauf betraten Aaron und Finya das Lazarettzelt.
Ingvar kniete hinter Yunus und wusch unter der Anleitung von Arvid dessen Wunden aus.
„...weniger Druck, Ingvar..." wandte sich Arvid mahnend an den anderen Vampir, als Yunus zusammen zuckte. Konzentriert nickte Ingvar.
Geduldig wartete Aaron ab, bis die beiden Yunus Rücken fertig behandelt hatten.
Als Ingvar sich schließlich von Yunus abwandte, verneigte er sich respektvoll vor Aaron und beugte das Knie. „Hoheit..."
„Steh auf, Ingvar..." nickte Aaron ihm zu.
Leicht nervös erhob sich der Mann und trat auf Aaron zu.
„...ich habe soeben mit den Kindern geredet..."
Ingvar lächelte sanft, wurde aber schnell wieder ernst.
„Du magst sie wirklich, nicht wahr?"
„Ja, Hoheit. Sie hatten fast am meisten unter Skyldar zu leiden...Aber ich konnte ihnen nicht wirklich helfen..."
Aaron nickte. „Dennoch haben die Kinder sich sehr positiv über dich geäußert. Du scheinst wirklich ein guter Mann mit einer guten Einstellung zu sein. Und das nicht erst, seit ich hier im Lager bin."
Ingvar nickte lediglich. „Hätte ich gewusst, wie Skyldar seine Sklaven behandelt...ich wäre nie in seine Dienste getreten."
„Deine Einstellung ehrt dich. Ich würde dir den Arrest gerne ersparen, aber das ist nicht möglich. Allein mit diesem Leon im Lager..."
„Ihr müsst Euch nicht rechtfertigen, Hoheit. Ich akzeptiere den Arrest und werde mich an Eure Anweisungen halten."
Aaron lächelte milde. „Es wird nur noch für wenig Tage sein."

Als Aaron mit Finya aus dem Zelt trat, stockte er und fing dann an leise zu lachen.
Und auch Finya stimmte in das Lachen ein, als sie erneut alle Sklaven an der Feuerstelle versammelt sah. Selbst die Kinder standen dabei und umringten Jonas, der neben Dimitri stand.
Noch immer schmunzelnd trat Aaron erneut an die Feuerstelle. Sofort sanken die Männer und Frauen auf die Knie und Aaron nickte ihnen freundlich zu, wieder aufzustehen.
Erst dann wandte er sich an Jonas. „Für die Kinder habe ich bereits eine Aufgabe festgelegt. Geh du bitte mit ihnen Beeren für den Nachtisch sammeln." Jonas nickte schmunzelnd und nahm einen kleinen Jungen von zwei Jahren auf den Arm, als dieser die Arme nach ihm ausstreckte.
„Und ihr..." Aaron wandte sich an die Kinder „Ihr hört gut auf Jonas." forderte er sie auf, wurde dann aber deutlich strenger. „Ihr sammelt nur die Beeren, die Jonas euch erlaubt."
Etwas milder fuhr er dann fort. „Ihr wollt doch nicht, dass es euch wie Barun geht, nicht wahr?"
Eifrig nickten die Kinder. Jonas nickte ihnen zu.  „Holt eure Schalen. Dann können wir schon los und Beeren sammeln gehen."
Einen Moment sah Aaron den Kindern nach und auch die Eltern wirkten sichtlich erleichtert, wie fröhlich ihre Söhne und Töchter waren.
Dann wandten sie sich jedoch wieder an Dimitri, der damit begonnenen hatte, Aufgaben zu verteilen.
Und auch Aaron wandte sich ab und blickte zu dem Baum in einiger Entfernung, an dem Leon angebunden am Boden saß.
Entspannt lächelnd und scheinbar gelassen erwiderte dieser den Blick.
Aaron seufzte und blickte nachdenklich zu Finya, schien dann eine Entscheidung zu treffen.
„Komm mit, Finya...ich sollte noch mit diesem Leon reden..."

Kaum, dass Aaron vor Leon getreten war, neigte dieser den Kopf. „Hoheit..." grüßte er fast schon übertrieben respektvoll.
Für einen kurzen Moment fiel seine Maske, als Finya neben ihren Herren trat.
Für einen kurzen Moment blitzten Leons Augen rot auf, doch dann hatte er sich bereits wieder unter Kontrolle.
„Ihr habt den falschen Mann, Hoheit. Ingvar täuscht Euch. Er hat schon immer alle getäuscht.
ER war es, der Eure Sklavin angegriffen und bedroht hat. Ich war die letzte Zeit leider nicht da. Sonst hätte ich Euch längst vor ihm gewarnt."
„Nun...Ingvar behauptet, dass DU Finya angegriffen hast und das deckt sich mit ihrer Aussage."
„Eure Sklavin hat mi..hat ihren Angreifer doch gar nicht gesehen. Sie kann es unmöglich wissen."
Amüsiert blitzten Aarons Augen auf, als Leon sich beinahe versprach. Doch wenn dieser spielen wollte...er konnte dieses Spiel gerne mitspielen.
„Wie stehst du zu Fürst Skyldar?"
Erneut blitzten Leons Augen auf, dieses Mal jedoch vor Begeisterung.
„Er ist ein gro....ein furchtbarer Herrscher. Er ist sehr streng zu den  Sklaven.
Aaron unterdrückte ein Seufzen. Erneut hatte Leon sich verraten und bereits jetzt langweilte ihn dieses Spiel.
„Also weißt du gar nicht, was Skyldars Plan war? Was er mit Finya tun wollte?"
Leon unterdrückte ein Knurren, was ihm jedoch nicht gänzlich gelang.
„Er wollte die SKLAVIN an ihren richtigen Platz...Ich meine...er wollte sie kennen lernen und selbst sehen, wie sie ihren Platz an Eurer Seite einnimmt."
Erneut unterdrückte Aaron ein Seufzen. Er hatte genug gehört.
„In Ordnung...ich habe genug gehört. Du wirst vorerst gefesselt bleiben und wie Ingvar unter Arrest stehen, bis Jarl Kari eingetroffen ist und sein Urteil fällt.
Allerdings...wenn du so lange unterwegs warst....du musst bestimmt durstig sein?"
Sofort nickte Leon eifrig. „Ja, Hoheit. Ich könnte in der Tat etwas Blut vertragen, am liebsten von einem kleinen...Ich meine...ich wäre Euch wirklich dankbar, wenn Ihr mir etwas Blut geben würdet..."
Aarons Augen verdunkelten sich für einen kurzen Moment, doch das fiel Leon nicht einmal auf.
„Finya...geh und hol einen Kelch Blut für Leon..." wandte er sich an seine Sklavin und zwinkerte ihr leicht zu.
Nur kurz blitzten Finyas Augen auf, dann verneigte sie sich bereits respektvoll.
Wenig später kehrte Finya mit einem gefüllten Kelch zurück.
„Hast du auch das....gute...Blut genommen, Finya?"
Finya musste ein Grinsen unterdrücken. „Ja, Herr."
Leons Augen blitzten in Vorfreude. „Würdet Ihr mir die Fesseln lösen, Hoheit, damit ich auch trinken kann?"
Kurz schien Aaron zu überlegen, dann nickte er.
Ein kurzer Blick zu Gregori, der gerade Wache bei Leon schob, reichte, und dieser löste Leon die Fesseln.
Zögerlich trat Finya auf den Vampir zu, der nun zumindest die Hände frei hatte, und reichte ihm den Kelch.
„Gib her, Sklavin..." fuhr er sie an, riss sich aber dann sofort wieder zusammen. „...danke..."
Gierig kippte er das Blut hinunter.
Doch kaum, dass er sich die Lippen abgeleckt hatte, verdrehte er die Augen. Seine Hände wollten noch nach Finya greifen, doch bevor er dazu kam, verlor er das Bewusstsein.

Finya 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt