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Während Aaron mit seinem Gefolge auf die Rückkehr seiner beiden Wachen wartete, gestattete er keinem seiner Sklaven, die Kutsche zu verlassen.
Vielmehr ließ er den Rest der Garde rings um die Kutsche Aufstellung nehmen, um diese nach allen Seiten abzusichern.
Fast zwei Stunden später kehrten Dimitri, Jonas und Ivar schließlich zurück.
„Es ist Fürst Skyldar mit seinem Gefolge." erklärte Dimitri, noch bevor Aaron nachfragen konnte.
Für einen kurzen Moment runzelte Aaron die Stirn. „Fürst Skylda...."
Nachdenklich strich er sich über das Kinn. „..war das nicht einer der Fürsten von Jarl Kari?"
Dimitri nickte. „Ja. Wir haben ihn bereits an Elskanár kennen gelernt. Und vermutlich auch auf einem der früheren...Feste...bei Aegir getroffen.
Aaron nickte. „Und was will er hier?"
Dimitri blickte kurz zu Jonas und nickte diesem zu. „Angeblich will er Euch einen Besuch abstatten.."
Der König runzelte die Stirn. „...sein Land liegt auf der entgegen gesetzten Seite meiner Burg...warum ist er also hier im Süden meines Landes?"
„Das ist, was ich seltsam finde, Hoheit. Laut seiner Aussage hat er Euch in der Burg nicht vorgefunden und wollte Euch daher entgegen reiten. Jetzt, wo er Euch... ‚getroffen' hat, lädt er Euch ein, mit ihm gemeinsam zu lagern und Euer Gast zu sein...Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache..."
Nachdenklich musterte Aaron seinen Ogun, nickte schließlich. „Wir werden sein Angebot annehmen. Allerdings werden alle erhöhte Vorsicht walten lassen. Finya, Rebecca und Taro bleiben stets an der Seite von einem von uns."

Eine Stunde später kamen sie schließlich am Lager an, wo Fürst Skyldar bereits wartete.
Sofort eilten Sklaven herbei, um bei der Versorgung der Pferde zu helfen.
Lediglich an Finyas Stute traute sich keiner der Sklaven heran, da diese zu schnauben und zu tänzeln bekam, kaum, dass einer auf sie zu ging.
Nachdenklich ließ Aaron seinen Blick über Skyldars Gefolge gleiten. Die Sklaven schienen zwar alle auf den ersten Blick einen recht guten Eindruck zu machen, wirkten aber eindeutig eingeschüchtert. Fürst Skyldar schien sie allesamt mit harter Hand zu führen.
Schließlich nickte er Kjell zu, damit dieser sich um Andala kümmerte, während er selbst mit Finya das Hauptzelt betrat.
Dimitri, Gregori und Ivar folgten ihm als seine Leibgarde, während die anderen zusammen mit Rebecca und Taro draußen blieben.
Mit weit ausgebreiteten Armen trat Skyldar auf Aaron zu. „Willkommen, König Aaron." grüßte er ihn. Aaron neigte nur leicht verhalten den Kopf. „...was verschafft mir die Ehre Eures Besuches, Fürst Skyldar?"
„Aber, aber...König Aaron...wer wird denn gleich über das geschäftliche reden..." erwiderte Skyldar lachend, doch das Lachen schien nicht seine Augen zu erreichen. „Lasst uns erst gemeinsam speisen."

Draußen, vor dem Zelt, hatte Jaro sich im Schatten eines Baumes auf den Boden gesetzt. Ihm war keine Aufgabe zugeteilt worden, weshalb er sich - wie so oft - einfach nur zurück hielt.
Er sehnte den Tag herbei, an dem er wieder Teil der Wache sein durfte und somit wieder feste Aufgaben bekommen würde. Vielleicht half ihm das ja, wieder mehr Sicherheit zu erlangen.
Immerhin war sein König wohl bereit, ihm diese Chance zu geben, auch wenn er ihn nach wie vor zu hassen schien, für das was er ihm - oder eher seiner Sklavin - beinahe angetan hätte.
Jaro lehnte sich zurück, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und schloss die Augen.
Nie würde er die Chance erhalten, mehr als nur eine einfache Wache zu sein. Doch das hatte er sich selbst zu verschulden. Er zuckte die Schultern und seufzte leise. Langsam öffnete er die Augen und ließ seinen Blick durch das Lager wandern.
Dort, am anderen Ende des Lagers, saß der Großteil der Garde zusammen mit Rebecca und Taro.
Sie alle schienen gut gelaunt, wenn auch wachsam. Erneut seufzte Jaro.
Bei der Suche nach Finya hatte er sich beinahe als Teil von ihnen gefühlt, doch kaum, dass sie wieder im Haus waren, hatte er sich erneut zurück gezogen. Er sehnte sich danach, auch selbst wieder so glücklich und unbeschwert sein zu können, doch das würde wohl noch lange dauern - wenn es überhaupt je geschah.
Sacht begann er zu lächeln, als er an das Gespräch mit seinem König zurück dachte. Wie immer seit dem unsäglichen Vorfall hatte er mit dem schlimmsten gerechnet. Doch die Aussicht, wieder in die Wache aufgenommen zu werden, hatte ihm Hoffnung gegeben. Zumindest für den Moment. Jetzt überwog erneut die Sorge, seinen König zu enttäuschen. Sollte er diese Chance also wirklich wahr nehmen? Oder war es besser, auf ewig den Kerker vorzuziehen...Vielleicht sollte er sich wirklich überwinden und das Gespräch mit seinem König suchen. Vielleicht half es ja, wenn er mit ihm über seine Sorgen sprach. Immerhin hatte der König ihm auch eingestanden, dass Fehler vorkommen konnten.
Aber diesen ‚Luxus' auch nur kleinere Fehler zu begehen, wollte Jaro sich selbst nicht eingestehen.
Unwillig schüttelte Jaro den Kopf. Erneut drehten sich seine Gedanken im Kreis.Vielleicht wäre es doch besser gewesen, wieder in die Verbannung zu gehen. Dann hätte er sich zumindest mit diesen Gedanken nicht herumplagen müssen.
Jaro wollte gerade wieder die Augen schließen, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm.
Sofort wandte er den Kopf dorthin, doch es war nur einer der Sklaven.
Schulterzuckend wollte er sich gerade wieder abwenden, als er plötzlich stockte.
Wie alle Sklaven, die er hier bisher gesehen hatte, machte der Sklave einen eingeschüchterten Eindruck. Doch dieser Mann war zusätzlich äußerst blass und zitterte derart, dass er kaum das Tablett mit Weinkelchen, das er in der Hand hielt, tragen konnte.
Hektisch blickte der Sklave sich um und Jaro duckte sich etwas tiefer in den Schatten des Baumes.
Mit hochgezogener Augenbraue beobachtete er, wie der Sklave das Tablett zunächst abstellte und dann ein Fläschchen aus seiner Tasche holte.
Hektisch blickte der junge Mann sich um bevor er mit zittriger Hand den Inhalt des Fläschchens in die Kelche goss.
Täuschte Jaro sich oder war der Mann sogar noch blasser geworden?
Leise stand er auf und folgte dem Sklaven unauffällig, der sich immer wieder, fast schon hilfesuchend, umblickte. Als dieser auf das große Hauptzelt zutrat, beschleunigte er seinen Schritt etwas.
Kurz wartete er, bevor er dem Sklaven unauffällig in das Zelt folgte und sich unbemerkt im Schatten hielt.
Hektisch und zitternd blickte der Sklave sich um, während er vor Fürst Skyldar trat. „Ich bringe den Wein, den Ihr gewünscht habt, Herr."

Finya 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt