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Noch immer sah Finya fragend, aber inzwischen fast schon besorgt zu Aaron.
„Was ist geschehen, Aaron?"
Aaron raufte sich die Haare. „Nichts...es ist nichts geschehen, Finya....Es ist nur..."
Finya erhob sich und wollte sich neben ihren Herren knien, doch Aaron schüttelte vehement den Kopf. „Nicht, Finya. Nicht jetzt."
Kopfschüttelnd nahm Finya wieder Platz und sah fragend zu Aaron.
Dieser erwiderte den Blick seiner Sklavin sichtlich nervös.
Finya konnte deutlich sehen, wie er schluckte.
„Finya...du bist schon lange viel mehr als nur eine Sklavin für mich. Du bist nicht nur eine gute Ratgeberin geworden, sondern auch eine Vertraute, die auch noch mit meinen Launen umgehen und mich besänftigen kann. Deshalb schenke ich dir die Freiheit."
Aaron wagte es nicht, Finya anzusehen. Zu sehr fürchtete er ihre Reaktion. Erst, als Finya auch nach einer ganzen Weile kein Wort sprach, hob er den Blick. „Du bist frei, Finya." wiederholte er, doch Finya sah ihn nur mit vor Schreck geweiteten Augen an.
Plötzlich schüttelte sie stumm den Kopf und sank vor Aaron auf die Knie.
„Bitte...Herr...schickt mich nicht fort. Ich möchte bei Euch bleiben. Bei Euch fühle ich mich sicher. Bei Euch fühle ich mich freier als je zuvor in meinem Leben." flehte sie fast schon, doch die Worte schienen kaum bei Aaron anzukommen.
„Finya. Steh bitte auf. Du bist frei. Du musst nicht mehr vor mir knien."
Finya schüttelte erneut den Kopf. „Und wenn es das ist, was ich möchte?"
Langsam schienen Finyas Worte zu Aaron durchzudringen.
Sacht lächelte er. „Du möchtest bei mir bleiben?"
Finya hob den Blick. „Natürlich möchte ich bei Euch bleiben. Ich fühle mich...wohl...bei Euch. Und wo sollte ich denn sonst hingehen?
Aaron's Blick wurde milde. Sacht griff er nach Finyas Händen und zog sie sanft nach oben. „Du darfst so lange bei mir bleiben wie du möchtest. Aber steh bitte auf, Finya."
Erleichtert ließ Finya sich aufhelfen und sank auf den Hocker.
Aaron sah Finya fast schon glücklich an.
„Ich wusste nicht wie du reagieren würdest. Ich hatte befürchtet, dass du sofort auf Andala steigst und davon reitest..."
Finya lächelte sacht. „Wo hätte ich denn hin sollen?"
Aaron zuckte lediglich mit den Schultern. „Hauptsache weit weg von mir? Ich habe dir gerade am Anfang so viel angetan..."
Finya musste fast schon schmunzeln. „Aber ich bin daran gewachsen, auch wenn es nicht immer leicht war."
Auf einmal wurde Finyas Blick nachdenklich.
„Was hast du, Finya?" hakte Aaron sogleich besorgt nach.
„Ich danke Euch wirklich, dass Ihr mir die Freiheit schenkt...aber seid Ihr Euch sicher, dass das jetzt der richtige Zeitpunkt ist? Die Sklaven werden mir mehr vertrauen, wenn ich eine von ihnen bin. Und die Wachen könnte es ebenfalls verunsichern, wenn ihr mir ausgerechnet jetzt die Freiheit schenkt. Sie brauchen eine klare Linie..."
Fragend blickte sie zu Aaron, der leicht schmunzeln musste. „Den gleichen Gedanken hatte Dimitri auch. Aber ich wollte nicht mehr länger warten. Ich hätte dir schon viel früher die Freiheit schenken müssen. Es war damals nicht richtig, dich überhaupt zu versklaven. Aber du hast mich von Anfang an fasziniert...ich wollte dich einfach...haben. Das war falsch. Es tut mir Leid."
Finya stand auf, trat einen Schritt auf Aaron zu und reichte ihm die Hand. „Danke, Aaron."
Erneut wurde ihr Blick ernster. „Lasst mich Eure Sklavin bleiben, bis all das hier vorbei ist und wir zurück auf Eurer Burg sind."
Lächelnd hatte Aaron die Hand ergriffen.
„Einverstanden, Finya. Aber dann erhältst du sofort die Freiheit."
Erneut sank Finya auf die Knie. Lächelnd. „Einverstanden, Herr."
Auch Aaron lächelte. „Dann komm, meine kleine Sklavin. Die Pflicht ruft. 
Irgend jemand möchte mit mir sprechen, doch Dimitri hat ihn auf später vertröstet.
Gemeinsam verließen sie das Zelt und traten auf Dimitri zu. Aaron's Hand ruhte auf Finyas Schulter.
Dimitri sah die beiden schmunzelnd an. „Ich nehme an, ihr beiden konntet alles klären."
Aaron schmunzelte. „Ja. Das konnten wir. Aber...wer will mich so dringend sprechen?"
Dimitri wies mit einem Nicken zur Feuerstelle wo ein Krieger in den Farben des Jarl wartete.
Aaron wollte gerade gemeinsam mit Finya zu ihm gehen, als Finya ihn bittend ansah.
Aaron nickte. „Du kannst bei Dimitri bleiben."
„Danke, Herr."
Kaum, dass Aaron an der Feuerstelle war, klopfte Dimitri der jungen Frau freundschaftlich auf die Schulter.
„Du hast dich also bereit erklärt, Aaron vorerst weiter als Sklavin zu dienen?"
Finya nickte. „Ich habe es ihm vorgeschlagen, weil es einfach sinnvoller ist gerade." erklärte sie.
Dimitri nickte. „Während du mit Silas ausgerittene bist, haben Aaron und ich uns lange unterhalten. Auch wenn ich dir deine Freiheit mehr als gönne, hielt ich es auch für besser, sie dir zuerst zurück auf der Burg zu schenken."
Finya nickte langsam.
„Es wird sich in Zukunft einiges für dich ändern, Finya..." Erneut nickte Finya, strahlte aber auf einmal ein deutliches Unwohlsein aus. „Das  befürchte ich, Dimitri."
Dimitri runzelte die Stirn, nickte aber kurz darauf verstehend. „Du hast Angst vor der Zukunft..." stellte er fest.
Finya nickte, fast schon traurig. „Ich will nicht undankbar erscheinen, aber es macht mir Angst. Die letzten Jahre war ich nie frei. Und auch davor nicht wirklich. Ich weiß nicht was es bedeutet, frei zu sein."
Sanft zog Dimitri Finya an sich und schloss sie in seine Arme. „Du hast Zeit, Finya. Mehr als genug Zeit. Du wirst dich daran gewöhnen und wir alle werden dir dabei helfen. Mir ging es damals ähnlich. Nur war ich älter als du, als ich die Freiheit erlangt habe. Und ich war ein frisch gewandelter Vampir. Dennoch musste auch ich mich erst an meine gewonnene Freiheit gewöhnen."
„Ich danke Euch, Dimitri."
Der Gardehauptmann nickte ihr zu. „Sprich mit Aaron über deine Ängste. Bitte ihn, es langsam angehen zu lassen, wenn du möchtest."
„Das werde ich, Dimitri" erwiderte Finya mit neuer Zuversicht. „Ich hatte Angst, er würde mich wegschicken...Aber Aaron hat mir zugesichert, dass ich bleiben darf. Ich frage mich nur, was meine Aufgaben sein werden."
Dimitri schmunzelte. „Auch das wird er mit dir besprechen...Ich denke aber - sofern du einverstanden bist - werden deine Aufgaben ähnlich sein wie bisher. Nur mit dem Unterschied, dass du eben frei bist."
Finya lächelte. „Ich werde mit Aaron reden. Aber erst auf der Burg. Und jetzt sollte ich zu meinem Herren gehen und ihn unterstützen."
Dimitri klopfte ihr erneut auf die Schulter und sah ihr dann hinterher, wie Finya auf ihren Herren zuging.

Finya 4Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt