12. Emma

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Ich hatte gar nicht gespürt, wie Stunde um Stunde verging, bis ich hörte, wie ein Auto vorfuhr. Schnell schnappte ich Omas Handy, schloss die Tür des Raumes hinter mir und filzte in die Küche, wo ich das Handy an seinen Platz zurücklegte. Die Treppen hoch, nahm ich immer zwei oder drei Stufen auf einmal und bog scharf um das Geländer zu meinem Zimmer ab. Ich hatte die Türklinke schon in meiner Hand als ein stechender Schmerz meinen Zeh hinauffuhr. Ich zog zischend die Luft ein und hüpfte auf meinem rechten Bein herum und hielt meinen anderen Fuß umso die Schmerzen schneller weg zu bekommen. Sobald es weniger wurde, sah ich die Kommode wütend an. Da bemerkte ich die Schlüssel und eine Tüte mit Katzenleckerlis. Ich nahm sie in meine Hand, es waren Diablos Lieblingsleckerlis. Die Schlüssel, die daneben lagen, waren meine. Ich hatte sie wahrscheinlich gestern in der Haustür stecken lassen und Oma hat sie hier hingelegt, bevor sie zu mir kam. Ich stellte die Tüte wieder hin und schloss leise meine Zimmertür und schlüpfte unter die Decke.

Das Auto fuhr wieder weg und die Haustür wurde aufgeschlossen. Nachdem sie wieder zu war, hörte ich eine ganze Weile nichts. Nur meinen eigenen Atem und mein Herzschlag, der immer lauter wurde.

Nach nicht einmal fünf Minuten stand ich wieder auf, rieb mir etwas die Augen, fuhr mir durch die Haare und schlurfte runter in die Küche. Candela hatte ihr langes weißes Haar zu einem geflochtenen Zopf gebunden, der gerade an ihrem Rücken herunterhing. Sie trug die gleiche schwarze Hose und das gleiche, etwas lockere Shirt von gestern. Ihr Gehstock lag neben ihr auf dem Tisch und die Zeitung von gestern in ihren Händen. >> Guten Morgen. << Sie lässt ihre Zeitung sinken und blickt mich durch eine große runde Brille an.

>> Guten Morgen. Kannst du nicht schlafen <<, frage ich sie ganz nebenbei. Müde sieht sie aber tatsächlich aus.

Sie legt ihre Zeitung auf den Tisch und nimmt ihre Brille ab, um sich übers Gesicht zu fahren. >> Ja, da hast du recht. Ich konnte kein Auge zu machen. Am besten nehme ich ein entspannendes Bad und lege mich dann noch einmal hin. << Sie stand auf und ließ mir keine Zeit etwas zu erwidern. Was auch immer Oma vor mir verheimlichte, es schien sie ganz schön zu belasten. So erschöpft wie in diesem Moment, hatte ich sie tatsächlich noch nie gesehen.

Ich gab den Katzen etwas zu essen und nahm mir selbst einen Joghurt aus dem Kühlschrank. Ich hatte ihn, vom letzten Einkauf, noch gar nicht richtige sortiert, also fing ich damit gleich an, da ich nicht müde war. Dazu machte ich gute Musik an und sang mit, während ich alles in den Kühlschrank räumte. Es dauerte nicht mal eine halbe Stunde, bis ich fertig war. Als ich auf die Uhr guckte, hatten wir erst sechs Uhr morgens.

Was soll ich bitte den ganzen Tag machen?

Ich setzte mich auf die Kücheninsel und verzehrte einen zweiten Joghurt. Die leere Verpackung schmiss ich weg und den Löffel legte ich in den Geschirrspüler. Wieder war die Zeit nicht wirklich vergangen.

Da kam mir das Bild von meinem BMW ins Gedächtnis, wie er zerkratzt aussieht. Ich ging in mein Zimmer, zog mir ein altes Shirt und eine Latzhose an und lief mit den Schlüsseln von der Kommode nach draußen zu meinem Auto. Es hatte viele Kratzer, doch die waren nicht so schlimm. Auch den Dreck könnte ich leicht abwaschen. Ich setzte mich ins Auto und fuhr es in die Garage. Dort stellte ich es ab, ließ aber das Radio laufen. Ich wollte gerade das Garagentor runterfahren lassen, als ich eine nasse Spur entdeckte, die von draußen zu meinem Wagen führte. Ich stöhnte frustriert aus und bückte mich, um unters Auto sehen zu können.

Tropf.

Tropf.

Tropf-

>> Mein Lieber, dein Tank scheint auch etwas abbekommen zu haben. Wieso hast du nicht schon früher etwas gesagt? << Ich stellte mich breitbeinig, mit verschränkten Armen vor meinen geliebten Wagen und blicke ihn grimmig an. Genau in dem Moment stockt die Musik und ich musste grinsen. Es hatte sich gerade echt so angefühlt als wäre mein Auto echt und es würde sich versuchen zu entschuldigen, oder sowas in der Art. >> Also schön, womit fange ich an. Am besten mit dem Leck. <<

The devil's green eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt