34. Anders als geplant

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Fast einen Monat.

Sie hatte sich seit fast einem Monat nicht bei mir gemeldet.

Wieso regte ich mich darüber so auf? Sie wollte mich nicht mehr in ihrem Leben.

Was redete ich da – ich war wütend. Sehr wütend. Ich hatte Candela einen Monat gegeben, wenn sie sich in den nächsten drei Tagen nicht bei mir melden würde, dann wäre es aus.

Alexei hatte mir ein neues Handy gegeben, wofür ich ihm sehr dankbar war.

Aber Candela wird sich sicher nicht übers Handy melden. Sie ist untergetaucht, weg von jedem Bildschirm.

Deswegen habe ich mich die letzten Tage auf etwas anderes, etwas Wichtigeres konzentriert.

In den letzten Tagen wurden mehr Mädchen als sonst mitgehen gelassen, sogar welche, die als vermisst gemeldet wurden. Ich verstand noch nicht den Grund, für diesen plötzlichen Umschwung. Sonst hatten sie immer darauf geachtete, dass die Mädchen so spät wie möglich oder gar nicht als vermisst gelten würden.

Ich nahm das Fernglas zur Hand und blickte auf die entfernte Straße.

Gleich ist es so weit. Sie müssten jeden Moment mit dem LKW hier entlang fahren. Ich hatte schon länger überlegt, mein Honda in ein mattes Grün um zu lackieren, denn rot war schon ganz schön auffällig, aber ich liebte diese Farbe zu sehr. Außerdem stand ich weiter oben auf einem Hügel, hinter dichten Bäumen. Es sollte nicht so leicht sein, das Auto zu finden.

Auch wenn meine Scheiben getönt waren, zog ich mir die Kapuze über meinen Kopf und das Tuch über meine Nase.

Ich fing an, von fünf runterzuzählen. Ganz langsam. Bis zur null.

Er kam nicht. Der LKW tauchte nicht auf. Ich zog mein Handy hervor und blickte auf die Uhrzeit. Er müsste schon längst hier durchgefahren sein.

Ein Schuss riss mich aus meinen Gedanken und ich zuckte heftig zusammen.

Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich blickte mich um und konnte zunächst nicht ausmachen, woher der Schuss kam und ob ich das Ziel gewesen war.

Ich wollte meine Deckung nicht aufgeben, nur weil jemand Wild schoss.

Noch einmal drehte ich mich um und hörte wieder einen Schuss. Gleich danach tauchte eine kleine Gestalt hinter einem einzelnen Baum auf.

Die kleine Gestalt rannte. Sie rannte um ihr Leben. Und es war kein Reh – kein Wolf. Es war nicht mal ein Wildtier. Es war ein Mensch.

Dieser kleine Mensch rannte auf mich zu. Auf mein Auto zu. Er war nah, nur noch wenige Meter und er wäre an meinem Auto. Schon tauchten zwei weitere Menschen auf. Sie waren größer, viel größer und hatten Waffen in der Hand. Ich war zu abgelenkt von ihnen, dass ich nicht bemerkte, wie der kleine Junge versuchte, die Tür zu öffnen.

Er schlug fest gegen die Scheibe und ich war wieder ganz bei ihm. Ich startete den Motor, riss die Tür auf und zog ihm am Arm rein. Dabei erkannte ich ihn sofort.

Was machte Juan bitte hier?

Was hatte er hier verloren?

Ich wischte die Gedanken beiseite und drückte das Gaspedal durch. Die Männer fingen an, auf uns zu schießen. >> Schnall dich an! <<

Das leise Schluchzen versuchte ich ganz auszublenden, doch es wurde stattdessen immer lauter in meinen Ohren.

Ich raste den trockenen Weg entlang, dabei versuchte ich nicht immer wieder zu Juan zu blicken, was alles andere als leicht war.

Ich sah die Tränen an seiner Wange herunterlaufen und wollte ihn sofort in die Arme schließen, doch ich musste uns hier wegbringen. Zwar verfolgten die zwei Männer uns nicht, aber das konnte noch kommen.

The devil's green eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt