27. Mehr

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Nora

Ich hörte nichts anderes mehr. Nur diese weibliche Stimme Mamas Stimme, die meinen Namen so in die Länge zog, dass er sich fast gesungen anhörte.

Ich war mir nicht mehr sicher, weshalb ich rannte. Ob ich versuchte vor der Stimme zu fliehen, oder, weil ich Alexei wehgetan hatte.

Vielleicht war es beides, doch jedes Mal als ich diesen Namen hörte, schien es, als würde ich nochmal schneller werden.

Nora.

Halt deine verdammte Schnauzte!

Nora.

>> Halt den Mund! Halt den Mund! Halt den Mund! << Ich griff mir in meine Haare und versuchte so, die Stimme loszuwerden, doch dadurch schwand meine, ohnehin schon schwache Aufmerksamkeit für den Boden, nur noch mehr.

Ich rutschte an einer matschigen Stelle aus, fing mich aber noch gerade so auf und rannte geradewegs auf einen Baum zu. Aus dem Augenwinkel nahm ich einen großen Schatten wahr, einen sehr großen Schatten. Die Stimme wurde mit einem Mal Nebensache.

Ein Bär!

Ich wich dem Baum nicht aus, sondern nutzte den Schwung, den ich hatte, um am Stamm zwei Schritte hochzuspringen und mich dann an einem dicken Ast schnell hochzuziehen.

Bären können klettern

Mein Herz raste in meiner Brust und drohte zu zerspringen. Ich hoffte inständig, dass der Bär mich nicht bemerkt hatte. Der Baum diente mir, wie ein Rettungsanker, an dem ich mich festklammerte. Ich zitterte so stark, dass ich es nicht wagte, mich umzudrehen, aus Angst ein Geräusch zu verursachen.

Es dauerte, bis ich über das Schlagen meines Herzens, die Geräusche des Waldes wahrnehmen konnte.

Und dann hörte ich sie.

>> Sie ist hier! << Es war kein Bär gewesen es war ein Mensch. Ein Mann, einer der Bodyguards. Das Knacken der Äste ließ mich erahnen, wie nah sie mir wahren. Sie waren mir gefolgt. Sie waren mir tatsächlich gefolgt, wie ein wildes Tier, das abgehauen ist und nun wieder eingefangen werden müsste.

>> Luz, bitte komm runter. << Inés Stimme war ruhig, als würde sie mich beschwichtigen wollen und nur eine falsche Bewegung würde dazu führen, dass ich wieder rannte. Vielleicht stimmte das sogar.

Ich zitterte immer noch viel zu stark, dennoch schaffte ich es, mich vom Baum zu lösen und elegant auf dem Boden zu laden.

Erst wollte ich keinen ansehen, doch mein Kopf hob sich automatisch und ich blickte Alexei direkt in seine Augen. Mit einem Mal waren alle anderen wie ausgelöscht. Ich sah nur noch ihn.

>> Geht es dir gut? Bist du verletzt? <<

Ich wollte lachen. Es sollte ein Lachen aus meiner Kehle aufsteigen. Doch es kam nicht. Stattdessen stiegen mir Tränen in die Augen. Ich blinzelte sie nicht weg, bis sich eine löste und meine Wange hinunter kullerte. >> Es tut mir leid. <<

Alexei war in wenigen Schritten bei mir und nahm mein Gesicht in beide Hände. >> Schhh, alles ist in Ordnung. <<

Meine Beine drohten unter mir nachzugeben, doch da hob er mich schon hoch. Sofort schlang ich meine Arme um seinen Nacken, meine Beine um seine Hüfte und vergrub mein Gesicht an seiner Schulter. Ich wollte niemanden sehen.

>> Wir gehen zurück <<, sagte er zu den anderen und ich meinte Inés Hand an meinem Rücken gespürt zu haben. Nur kurz und so leicht, dass es auch der Wind hätte sein können. Oder auch jemand anderes.

The devil's green eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt