11. Schwarzer Lexus

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Nachdem Abuelita und ich länger Arm in Arm dagestanden hatten und ich ihr auch mitgeteilt hatte, dass ich mir einen neuen Job suchen musste, hat sie mich eine Weile gemustert. Dann meinte sie, ich solle mich etwas ausruhen und hinlegen, der Tag scheint lang für mich gewesen zu sein.

Deswegen lag ich im Halbschlaf in meinem Bett. Ich konnte nicht richtig einschlafen, obwohl ich es schaffte, nicht wirklich nachzudenken. Die Geräusche um mich herum waren angenehm in meinen Ohren und ich musste mich nicht als hin und her wälzen. Ich lag da, als würde ich tief und fest schlafen, mit einem regelmäßigen Atem, der auch dann nicht stockte, als jemand unerwartet meine Zimmertür öffnete. Wenn ich wacher gewesen wäre, hätte ich mich zu ihm umgedreht und denjenigen fragend angeguckt, doch ich blieb regungslos liegen.

>>Hol mich ab. << Es war die Stimme meiner Oma, die zu mir durchdrang. Doch sie klang nicht wirklich wie meine Oma, die ich kannte. Doch, schon. Ich kannte diese ernste Stimme, die kein Widerspruch duldete, sehr fest klang und dennoch sehr ruhig war. Diese Stimme hatte sie in jeder Situation genutzt, in der sie mich trainiert hatte. Ob es andere Sprachen, beim Trainieren oder Kochen war. Selbst als sie mir das Tanzen beigebracht hatte, klang ihre Stimme so. Manchmal hatte ich mich gefragt, ob das vielleicht sogar ihre richtige Stimme war.

Sobald ich hörte, dass ein Auto vor unserem Haus anhielt, war ich hell war und öffnete schlagartig meine Augen. Ich hatte nicht bemerkt, dass Oma aus meinem Zimmer getreten war. Wahrscheinlich war ich tatsächlich etwas tiefer eingeschlafen. Ich schlug die Decke weg und stand auf, lief an mein Fenster und lugte vorsichtige hinaus. In der Einfahrt stand ein schwarzer Lexus, wo gerade ein junger Mann auf der Fahrerseite ausstieg und um das Auto herumgelaufen kam. Im selben Moment hörte ich die Haustür zugehen und meine Oma auf den Wagen zulaufen. Ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen, doch ihre Haltung war nicht so krumm wie sonst. Sie lief auch nicht mit ihrem Gehstock, sondern trug ihn in ihrer Hand zum Auto. Der Mann deutete eine Verbeugung an, schien meine Oma zu begrüßen und öffnete ihr zuvorkommend die Tür. Sie stieg selbstverständlich ein und die Tür wurde wieder geschlossen. Der Mann setzte sich wieder auf den Fahrersitz und fuhr sogleich los. Ich blickte dem Lexus hinterher und auch als er schon verschwunden war, starrte ich weiterhin auf die Stelle, an der er eben noch war.

Wer war meine Oma?

Wer war Candela?

Wer war diese Frau?

Wie lange ich da so starr stand, wusste ich nicht, doch sobald ich mich wieder bewegen konnte, rannte ich runter zur Garage in meinen Raum. Dort hockte ich mich gleich vor den PC und meine Finger flogen nur so über die Tasten.

Candela war gut im Verschlüsseln von ihren Sachen, doch sie hatte mich immerhin ausgebildet genau sowas zu hecken. Ich brauchte nicht lange, um ihr Handy orten zu können, doch was ich da sah, ergab keinen Sinn. Es sei denn, sie hatte es hier gelassen. Ich flitzte in die Küche und sah es dort tatsächlich auf dem Tresen liegen. Das konnte aber doch nicht sein. Candela war immer für mich zu erreichen. Früher, zu mindestens, seit kurzen war sie ja öfters unterwegs

Oder bekam ich das erst seit kurzem mit?

Ich lief wieder zurück an den PC und wählte die eingespeicherte Nummer meiner Oma. Es dauerte nicht lange und eine junge Frauenstimme ging ans Telefon. Es war dieselbe, wie beim letzten Mal. >> Tut mir leid, ich habe mich verwählt <<, sagte ich mit italienischem Akzent und lege sofort auf. Der Anruf wurde nicht auf dem Handy in meiner Hand angezeigt. Dass es die falsche Nummer war, war ausgeschlossen.

Ich kreiste meine Schultern und legte das Handy vor mir ab. Dann begann ich von neuem mich in das System zu hecken. Es war schwieriger als gedacht, die Firewall zu knacken, doch als ich das nach ein paar Sekunden endlich geschafft hatte, war ich drinnen. Sofort suchte ich nach dem Standort und machte große Augen. Das war nicht das Handy meiner Oma, was ich da angeklingelt hatte. Oder wahrscheinlich schon, aber es wurde von einer ihrer Assistentinnen abgefangen. Das Gebäude war eine knappe halbe Stunde von hier entfernt und war irgendein Unternehmen, das Handtaschen herstellte. Der Name war Olos, was rückwärts Solo bedeutete. Warum eine Firma Alleine heißt, würde mich schon gerne interessieren.

Sollte dieser Firma wirklich Candela gehören oder sie war eine Mitarbeiterin – was am unwahrscheinlichsten für mich war – dann konnte das doch keine Handtaschenfirma sein? Sie interessierte sich nicht wirklich für Handtaschen.

Ich ließ meine Finger wieder über die Tasten wandern und suchte nach etwas, was nicht gerade das Dasein einer Handtasche war. Meine Finger stockten, als meine Augen den Namen unter mehreren Ordnern fanden, die unter zu vielen Decknamen standen. Das rote Blinklicht riss mich aus meinen Gedanken und ich zog mich schnell aus dem PC zurück und schaltete alles komplett aus. Fast wäre ich erwischt worden.

Aber wieso standen diese Namen unter den Ordnern? Ich konnte nicht alle lesen, doch drei hatte ich mir behalten. Zerép, Zeugírdor und Zenítram. Seltsame Namen für Taschen, vor allem wenn sie rückwärts Pérez, Rodríguez und Martínez bedeuteten. Ja, eventuell war es nicht grade einfach für manche sich in den Computer zu hecken, doch vielleicht sollte man dennoch nicht so auffällig etwas verstecken.

Aber was hatten diese Ordner, mit den Nachnamen von Alexei und Mateo, da zu suchen?

Und wer waren die anderen Namen?

Waren das alles Namen von Leuten, wie die in meiner Arbeit?

Was machte Candela da wirklich?

War das eine Deckfirma?

Welches Geheimnis hat Oma vor mir?

Wollte ich das alles wirklich herausfinden?

Auf jeden Fall!

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Was glaubt ihr, steckt hinter all den Fragen?

Wann und wie wird sie es herausfinden?

Wird sie anfangen, ihrer Oma hinterherzuspionieren?

The devil's green eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt