F I N N
Instinktiv hielt ich die Luft an, als die Motorhaube von Wasser umschlossen wurde.
Es ging alles viel zu schnell. In Aurora's Augen stand eine Angst, die ich bei ihr noch nie gesehen hatte.
Todesangst.
Der Innenraum des Autos füllte sich so schnell, wie ein Glas Wasser. Wir schnappten ein letztes Mal nach Luft bevor uns das eiskalte Wasser, dass sich an unseren Körpern zu schaffen machte, auch noch den letzten Rest Sauerstoff nahm.
Ich rüttelte an der Tür, aber diese gab nicht nach.
Meine Kräfte wollten nicht funktionieren, als würde eine Blockade alles versperren, wozu mein Körper fähig war.
Wieso versagte das Einzige, wofür ich geboren wurde?
Und plötzlich vernebelten Erinnerungen meine Sinne.
Der Schützling meines Vaters war von einer Brücke mit seinem Auto in einen Fluss gestürzt. Mein Vater wollte ihn retten, aber er war zu spät.
Seine heilenden Fähigkeiten konnten das Herz des Mannes nicht mehr schlagen lassen und der Unfall hatte dem Mann das Leben genommen und meinem Vater den Mut und das Selbstbewusstsein.
Noch nie hatte ich den Klagelaut eines Engels, der versagt hatte, gehört.
Doch jetzt schien es, als klingelte er in meinen Ohren.
Meine Arme und Beine waren wie gelähmt, als das Auto immer weiter auf den Grund des Flusses sank.
Würde mein Schrei gleich durch die dunkeln Wolken hallen?
Und auf einmal sah ich das Gesicht meines Vaters vor mir, der mir mit sanften Augen erschien.
„Junge, du musst etwas tun! Du wurdest geboren, um dieses Mädchen zu retten, also ist es das, was du jetzt machen wirst!", sein Ton war barsch und wie ein Motor für meine Glieder. Ich spürte, wie das Blut in meinen Adern pulsierte und wie mich eine ungeheure Macht durchströmte.
Mein Blick fiel auf Aurora, deren Augenlider schwach flatterten und ihre Luftblasen, sich ihrem Ende neigten.
Ich spürte, wie sich die Energie in mir ausbreitete und sich in meinen schimmernden Schwingen zeigte.
Als wäre ich plötzlich zu jemand anderem geworden, trat ich mit einem wuchtigen Tritt gegen die Fahrertür, sodass sie durch die Wassermassen davon geschleudert wurde.
Meine Hände griffen, als wären es nicht meine, nach Aurora's Gurt.
Mein Herz hämmerte gegen meine Brust, mein Puls raste.
Sie war bewusstlos.
Ich packte sie am Arm und zog sie von ihrem Sitz. Mit einem letzten kräftigen Stoß, schoss ich mit ihr durch das eiskalte Wasser, nach oben an die Wasseroberfläche und zu ihrer Chance, ihr Leben weiterzuführen.
Wir brachen in die Freiheit und ich zog Aurora ans Ufer, wo sie reglos liegen blieb.
Angst ballte sich, wie ein riesiger Dolch, vor mir zusammen und stach mir in die Brust, als ich feststellen musste, wie bleich ihre Haut geworden war.
Ihre rosigen Wangen hatten ihre Farbe verloren, um ihre Augen kreiste die dunkelblaue Farbe.
Ihr Gesicht fing an, seine Wärme zu verlieren, als ich es in meine Hände nahm.
„Oh bitte nicht, Aurora", stieß ich durch zusammengebissene Zähne hervor und presste verzweifelt meine Hände auf ihre Brust, an die Stelle, unter der ihr Herz lag.
„Bleib bei mir!"
Ich bündelte all meine Kraft und ließ sie in meine Hände fließen, sodass sie einen goldenen Schimmer annahmen.
Nur nebenbei bemerkte ich, dass es angefangen hatte zu regnen. Die Regentropfen klatschten auf unsere, schon durchnässten Körper und kullerten Aurora's Gesicht entlang.
Doch sie rührte sich immer noch nicht.
„Verdammt, mach die Augen auf!", schrie ich und ich spürte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete.
Vor meinen Augen spielte sich unsere gemeinsame Zeit ab.
Wie sie in der Küche des Cafés zusammengekauert auf dem gefliesten Boden saß und schon daran dachte, dass sie sterben würde.
Wie sie mich angesehen hatte, nachdem ich sie aus den Händen eines widerlichen Typs befreit hatte.
Wie sie mir an der Bar ein Wasser verkauft hatte und ihr Flirten nicht zu übersehen gewesen war.
Wie sie sich, vor Angst, an mir festgekrallt hatte, als Mio mich einem Test unterziehen wollte und Aurora mit einer Waffe bedroht hatte.
Der wunderschöne Moment im Café, wo ich anfing, sie besser kennenzulernen.
Den Tanz, den sie mir schenkte, obwohl ich sie zurückgewiesen hatte.
Die Zeit, die wir das ganze Wochenende verbracht haben.
Der Kuss, der der erste und der letzte zwischen uns gewesen war.
Ich spürte noch, wie ich ihre weichen Lippen berührte und das wunderschöne Gefühl, dass ich dabei in meinem Bauch gespürt hatte.
Ich würde alles dafür geben, es noch einmal spüren zu dürfen.
Den Geschmack einer Mischung aus Wein und Minze, hatte meine Zunge nicht vergessen.
Und jetzt sollte ich sie schon verlieren?
Meine Angst um dieses Mädchen schürte sich immer weiter und baute Türme in mir, die mich fast zusammenbrechen ließen.
In horchte in mich hinein. Ihre Gefühle sagten kein Wort zu mir. Sie sprachen immer in meinem Kopf, doch jetzt hatte es ihnen die Sprache verschlagen.
Ihr Herz wurde in meiner Brust immer schwächer, ich spürte, dass es nur an einem seidenen Faden hing und ich gab alles, dass dieser Faden sich nicht entzweite und ihr Herz für immer ins Dunkel stürzen ließ.
„Aurora, mach endlich die Augen auf! Ich werde dich nicht verlieren!", meine Stimme brach und ich musste schreien, als ich den letzten Rest meiner Energie, bis in meine Fingerspitzen führte.
Es zog nun schon schmerzhaft in jeder meiner Zellen und ich rang nach Atem.
Doch ich durfte sie nicht sterben lassen.
Und dann machte das Mädchen, um das sich all meine Gedanken drehten, nach dem sich mein Körper sehnte, die Augen auf und mir fiel ein Stein vom Herzen.
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SCHUTZENGEL
Romance~Dann drehte er sich um und ich sah direkt in seine Augen, deren Bernsteinfarben mich in ihren Bann zogen. Sein schwarzes Haar lag ihm ein bisschen in der Stirn. Er beugte sich zu mir und ich konnte seinen wunderbaren Duft riechen, sodass meine Knie...