A U R O R A
Ich spürte, wie mir die warme Kuscheldecke genommen wurde, unter der ich mich versteckt hatte, während er diese Worte gesagt hatte. Wer auch immer dieser Mio war.
Auch jetzt noch stellte ich mich schlafend, denn ich wollte nicht mit Finn reden. Morgen werde ich diese Wohnung verlassen und dann würden wir uns nie wiedersehen. So, wie er es gewollt hatte, aber nicht ganz durchsetzen wollte.
Warum spielte er so mit mir? Warum zeichnete er mich heimlich in seinen Block, um dann zu sagen, dass ich ihm völlig egal sei?
Seine starken Arme schoben sich unter meinen Körper und er hob mich vom Sofa, als würde ich gar nichts wiegen, und trug mich zum Bett.
Sanft legte er mich auf das weiche Kissen und zog die Decke über meinen Körper. Wie konnte jemand so fürsorglich und liebevoll sein, wenn ich ihm doch eigentlich egal war?
Ich tat so, als würde ich mich regen und gerade erst aufwachen und blinzelte in das dämmernde Küchenlicht.
„Hey, du bist zurück", murmelte ich und tat so, als würde ich mich nicht fragen, warum er so spät erst von Arbeit zurückgekommen war. Aber genau das tat ich.
„Ja, ich war noch im Fitnessstudio", antwortete er und ging ins Bad.
Ich spürte genau, dass er wieder abweisend war, deshalb sollte ich erst gar nicht versuchen, mit ihm zu reden. Es war sowieso egal, denn auch ich war ihm völlig egal.
Also schloss ich meine Augen und spürte, wie ich allmählich wegtrat, während ich im Hintergrund das Wasser der Dusche hörte.***
Am nächsten Morgen wachte ich auf und Finn war wieder weg. Er hatte sich gestern nicht zu mir gelegt, wie die Nacht zuvor, sondern hatte auf dem Sofa geschlafen. Ich hatte wieder schlecht geträumt und war davon sogar aufgewacht. Es schmerzte immer wieder, den Tod von Logan durchleben zu müssen, aber ich glaubte das würde nie aufhören.
Aber auch da blieb Finn reglos liegen. Er war nicht zu mir gekommen und hatte mich beruhigt. Es hatte mir geholfen gehabt, als er mich in seine Arme genommen hatte. Die dunklen Träume waren verschwunden und ich konnte besser schlafen.
Aber in dieser Nacht war dies nicht so. Er tat so, als wäre zwischen uns nichts passiert.
Wieder lag ein Zettel auf dem Nachtschrank, aber diesmal erzählte er mir nichts so Gutes, wie gestern.Ich kann es nicht erklären. Wir dürfen nicht so füreinander empfinden. Du solltest mich vergessen.
Ich erwarte nicht, dass du das verstehst. Ich kann das einfach nicht...Ich hatte schon erwartet, dass so etwas wieder kommen würde und ich hatte auch erwartet, dass er mir keine richtige Erklärung für sein Verhalten geben konnte.
Finn hatte Recht. Ich verstand es ganz und gar nicht.
Aus Wut auf sein dämliches Verhalten, zerriss ich den Zettel und ließ die einzelnen Fetzen zu Boden gleiten.
Hatte er doch mit mir gespielt? War ich zu naiv, zu glauben, dass er mich mögen könnte?
Ich verließ das Bett und ging ins Bad, wo ich seine Sachen auszog, in denen ich die letzten zwei Tage verbracht habe und meine Sachen vom Wäscheständer nahm. Sie waren nun wieder trocken, rochen aber fürchterlich nach dem Fluss, in den wir hineingestürzt und in dem wir fast ertrunken waren.
Nichts desto trotz zog ich sie an und machte meine Haare. Ich musste schnell hier weg. Ich wollte nicht da sein, wenn Finn wieder zurückkam. Er wollte mich sowieso nie wieder sehen.
Trotzdem wollte ich ihn anrufen, ihm Nachrichten schreiben – ich wollte verstehen, was ich falsch gemacht hatte.
Mit einem letzten Blick, um sicherzugehen, dass ich auch nichts vergessen hatte, verließ ich seine Wohnung und fuhr mit dem Fahrstuhl nach unten.
Was hatte ich mir nur dabei gedacht, hier zu bleiben. Was hatte Cece sich nur dabei gedacht, Finn einzuladen, dass er mit uns an den See fuhr. Es hätte so vieles erspart.
Es hätte meine wachsenden Gefühle für ihn erspart.
Frustriert und irgendwie auch traurig suchte ich mein Auto.
Aber dann fiel mir ein, dass mein Auto ja gar nicht hier war.
„Scheiße", fluchte ich etwas zu laut und fischte mein Handy aus der Tasche, wo ich Cece anrief.
Aber natürlich ging nur die Mailbox ran. Sie hatte wahrscheinlich eine Vorlesung.
So ein Mist. Meine Mutter konnte ich nicht anrufen, denn dann würde ich ihr erklären müssen, wo ich hier war und warum ich ihr erzählt hatte, dass ich bei Cece wäre.
Auch Nathan ging nicht an sein Telefon und jetzt musste ich wohl denjenigen anrufen, dem es wahrscheinlich am wenigsten passen würde, mich hier abzuholen.
„Hey, was ist los?", ertönte Alec's Stimme am anderen Ende.
„Hey, ich habe ein kleines Problem. Hast du gerade Zeit und kannst mich abholen? Wir könnten auch zusammen Mittag essen."
„Ja, klar. Schicke mir die Adresse. Ich bin gleich da."
Ich schickte ihm meinen Standort und nach einer viertel Stunde fuhr sein Auto auch schon auf den Parkplatz und kam vor mir zum stehen.
Ich stieg auf den Beifahrersitz und schloss die Tür.
„Was machst du hier?", fragte er natürlich sofort und natürlich hatte ich keine Ausrede parat.
„Ich war bei Finn", murmelte ich und hatte Angst vor seiner Reaktion.
Alec wendete den Blick von mir ab und seine Hände verkrampften sich um das Lenkrad.
Ich seufzte.
„Alec, dazu muss ich sagen, dass wir auf der Heimfahrt einen Autounfall hatten. Wir sind mit dem Auto von einer Brücke gestürzt."
Er schnappte nach Luft.
„Ihr seid WAS?! Warum hast du mich nicht angerufen? Ist dir etwas passiert?"
„Ich weiß es nicht. Ich dachte, ich wäre tot, aber wie du siehst, bin ich noch am Leben. Das habe ich wahrscheinlich Finn zu verdanken."
„Das ist jetzt schon das zweite mal in ein paar Wochen. Jetzt höre bitte auf damit, in Lebensgefahr zu geraten."
Ich schmunzelte.
„Das habe ich nicht entschieden. Sieht so aus, als hätte ich in letzter Zeit ziemlich viel Pech."
„Aurora, was machst du nur für Sachen. Du sollst gefälligst bei uns bleiben", sagte er und bog in eine kleine Gasse ein, wo er am Straßenrand hielt.
Ich lächelte und mir wärmte es das Herz, als ich das kleine Restaurant entdeckte. Alec wusste genau, dass mir kleine Restaurants viel lieber waren, als irgendwelche Diners oder andere Fastfood-Ketten.
Wir gingen hinein und bekamen einen kleinen gemütlichen Tisch in einer Nische.
Alec erzählte mir von der Uni und währenddessen sahen mich seine sanften braunen Augen liebevoll an.
Wir bestellten beide einen Seelachs.
Während wir auf unser Essen warteten, hörte er gar nicht auf zu erzählen und ich wusste ganz genau, dass er die Zeit mit mir sehr genoss.
Aber ich wusste auch, dass er auch etwas anderes darin sah, als nur ein einfaches Essen.

DU LIEST GERADE
SCHUTZENGEL
Romance~Dann drehte er sich um und ich sah direkt in seine Augen, deren Bernsteinfarben mich in ihren Bann zogen. Sein schwarzes Haar lag ihm ein bisschen in der Stirn. Er beugte sich zu mir und ich konnte seinen wunderbaren Duft riechen, sodass meine Knie...