F I N N
Die Sonne brannte mir im Nacken und ich spürte Erleichterung, als ich die langsam aufwölbenden Regenwolken am Horizont sah. Der Schweiß lief mir von der Stirn, während ich auf dem Gelände des Institutes joggte. Die Musik dröhnte in meinen Ohren und ließ meine Füße nicht langsamer werden.
Keine Ahnung, wie lange ich hier schon lief, aber ich musste mich ablenken. Meine Gedanken kamen einfach nicht los von ihr und die Tatsache, dass ich die ganze Zeit spürte, was sie fühlte, machte es nicht besser.
Heute war ein wirklich warmer Tag, der Sommer bahnte sich in langsamen Zügen an. Das Gewitter brodelte in einiger Entfernung vor sich hin.
Plötzlich lief jemand neben mir und mit einem Blick zur Seite sah ich, dass es Saskia war. Sie hatte ihr braunes Haar zu einem kleinen Pferdeschwanz gebunden und lächelte mich an.
Ich nahm meinen Kopfhörer ab.
„Was machst du denn hier?"
„Das sollte ich eher dich fragen, Runboy. Ich beobachte schon lange, dass du hier deine Runden drehst und ich habe langsam ein schlechtes Gewissen bekommen", seufzte sie, „Cullen gibt uns einen Ruhetag und was machst du?"
Sie lachte und ich wurde etwas langsamer, damit sie mit mir mithalten konnte.
„Also, was beschäftigt dich?", schmunzelte Saskia.
Kurz schluckte ich und fragte mich, woher sie das wusste.
„Wieso sollte mich etwas beschäftigen?"
„Wer sonst joggt seit über einer Stunde dieselben Runden mit einem so nachdenklichen Blick, wie du? Also spuck's aus."
„Ich muss mich einfach nur daran gewöhnen, dass ich ständig ihre Gefühle um mich habe. Das ist nicht einfach", gab ich zu. Das war nicht gelogen, das war nur die halbe Wahrheit. Natürlich hingen meine Gedanken zusätzlich an ihren wunderschönen Lippen.
„Ja, das stelle ich mir auch schwer vor, aber ich denke, man gewöhnt sich daran. Aber was kann ich schon sagen? Ich habe keinen Schützling."
„Ich will einfach nur nicht, dass ihr etwas passiert und ich danach genau weiß, ich hätte mehr tun können." Und auch das stimmte, aber das war nun mal die größte Angst eines Schutzengels. Eine Angst, die einem in die Wiege gelegt wurde.
„Du machst deinen Job sicherlich gut", Saskia zwinkerte mir zu, als wäre es so einfach.***
Nach meiner Laufeinheit fuhr ich ein bisschen durch die Stadt und hielt an einem kleinen Café in einer Seitenstraße. Ich bestellte einen schwarzen Kaffee, wie immer und suchte augenblicklich den Raum ab. Ich wusste, dass Aurora kleine Cafés oder Restaurants mochte. Aber sie war nirgends zu entdecken, was wahrscheinlich auch besser so war.
„So schwarz wie ihre Seele?", schmunzelte die Barista und begutachtete mich mit begeisterten Augen, wobei ihre Zunge an ihren Zähnen spielte. Sie war hübsch, aber aus irgendeinem Grund flirtete ich nicht mit ihr, auch wenn sie es ganz klar darauf anlegte. Denn plötzlich tauchte das Lächeln von Aurora wieder auf.
Ich nahm dankend meinen Kaffee, bezahlte und ließ sie stehen. Ich stellte mich draußen an die Straße. Die Luft war nun deutlich kühler geworden und die Sonne war verschwunden. Stattdessen bäumten sich die Gewitterwolken immer mehr auf.
Ich nahm einen Schluck von meinem Getränk und genoss den heißen, bitteren Geschmack, der sich auf meine Zunge legte.
Einen Stoß gegen meine Schulter ließ meinen Kaffee fast auf dem Asphalt landen.
„Pass' doch auf, wo du hintrittst!", schimpfte ich, da ich heute nicht in der Stimmung für Gemütlichkeiten war.
Der Typ drehte sich zu mir um und sofort schimmerte der schwarze Vorhang vor seinen Augen, bis er um die Ecke bog. Ich schmiss meinen Becher in den Müll und folgte ihm mit geballten Fäusten. Als auch ich um die Ecke bog, sah ich seinen Rücken, der durch die enge Gasse schlenderte. Im Handumdrehen war ich bei ihm und packte ihn an der Schulter, sodass er sich umdrehte und mir grimmig in die Augen schaute.
„Was wolltest du von Aurora?", fauchte ich ihn an und bäumte mich vor ihm auf. Die Wut brodelte in mir und ich hatte kein gutes Gefühl bei ihm.
„Wer bist du, dass du die Kleine so für dich beanspruchst?", fauchte er zurück. Wir waren ungefähr gleich groß, aber er war durchaus muskulöser als ich.
„Ich frage nicht noch einmal, also antworte mir", ich wusste irgendetwas war hier nicht richtig. Mein Bauchgefühl schlug bei ihm Alarm.
Und dieser schwarze Schleier, der wie bei einem Insekt seine Augen befeuchtete, ließ meinen Beschützerinstinkt nur noch mehr wachsen.
„Wieso sollte ich dir das verraten?", lachte der Blonde.
Ich packte ihn an seinem Kragen und drückte ihn innerhalb Sekunden gegen die Hauswand, mit einer Wucht, die die Ziegelsteine abbröckeln ließ.
„Nicht schlecht, deine kleinen Fähigkeiten", grinste er unbeeindruckt. Was war er?
„Sag mir, was du bist", knurrte ich und spürte, wie meine Kraft in den Adern pulsierte. Ich drückte fester zu und der Blonde musste nach Luft schnappen, als seine Füße vom Boden abhoben.
Doch er wollte einfach nicht sprechen.
„Verdammt, halte dich von ihr fern!", schrie ich und ließ ihn los, „Sonst wirst du dir wünschen, mir nie begegnet zu sein."
Meine Brust bebte und meine Sinne waren bis aufs Äußerste geschärft.
Doch was er dann sagte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.
„Luzifer wird nicht begeistert sein, von dir zu hören, Schutzengel!"
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SCHUTZENGEL
Romance~Dann drehte er sich um und ich sah direkt in seine Augen, deren Bernsteinfarben mich in ihren Bann zogen. Sein schwarzes Haar lag ihm ein bisschen in der Stirn. Er beugte sich zu mir und ich konnte seinen wunderbaren Duft riechen, sodass meine Knie...