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Während sich in meinem Kopf alle möglichen Sorgen zusammen stauten, verlief die Verteilung der Flyer reibungslos, sodass ich beinahe skeptisch wurde. Wir klebten sie an Laternenpfähle, neben Klingelschilder, an Türen und vor allem schoben wir sie in Briefkästen. Gemeinsam, aber schweigend, verteilten wir zuerst im äußeren Kreis der Stadt und arbeiteten uns dann immer weiter ins Zentrum. So war nun das Wichtigste schon geschafft, denn am Rand der Stadt wohnten, unseren Annahmen zufolge, die Menschen, die wir noch am ehesten vom schlechten Bild der Regierung überzeugen konnten. Umso mehr wir uns dem Stadtkern näherten, umso vorsichtiger mussten wir sein und umso intensiver mussten wir überlegen, ob es ratsam war, einen Flyer zu hinterlassen.

Nur selten war ich in diesen Teilen der Stadt gewesen, in denen hauptsächlich die reichen Bürger wohnten. Skeptisch schaute ich mich um, hob den Kopf zu den Dächern der großen Häuser empor, bis Yoongi mich am Arm weiterzog. Ich stolperte ihm nach und wollte mich von seinem Griff befreien, doch er ließ mich nicht los und zog mich weiter, bis zu einem Park, wo wir uns hinter einer Hecke fallen ließen. Erst war nur unser keuchender Atmen zu hören, dann, erst entfernt, bald jedoch immer näher: ein Klopfen, nein, ein dumpfes Pferdegetrappel. Ich suchte Yoongis Augen in der Dunkelheit. Er hatte sich dicht an die Hecke gedrängt und schaute am Rand hinüber zur Straße. Zitternd legte ich eine Hand auf sein Bein, aus Angst, er könne plötzlich entdeckt und fortgezerrt werden. Doch was auch immer dort war, schlug eine andere Richtung ein und die Geräusche verebbten. Meine Hand krallte sich weiterhin an Yoongis Hosenbein, als dieser, immer noch schwer Atmend, sich wieder zu mir drehte. In seinen Augen sah ich beinahe Furcht, doch als er sprach, klang seine Stimme eher nach unterdrücktem Zorn: „Wir sollten besser wieder gehen. Das waren Männer in Uniform, Soldaten, die treuen Diener der Krone."
„Was hatten die hier mitten in der Nacht zu tun?", sprach ich meine Gedanken aus.
Yoongi wandte sich ab und machte Anstalten, aufzustehen „Ich konnte es nicht genau erkennen. Lass uns aufbrechen."

Der Mond warf ab und zu einen sachten, geisterhaften Strahl über die Landschaft und versteckte sich dann wieder hinter den Bäumen. Bei jedem Schritt fühlte ich ein schmerzendes stechen in meinen Füßen und auch Yoongi lief langsamer als zuvor. Der Wald bot uns Sicherheit und ich vertraute dem Anderen, dass er uns mit feinem Orientierungssinn zwischen den dichten Bäumen und Sträuchern zurückführen konnte.
Nachdem ich einmal über eine Wurzel stolperte und Blut an meinem Knie spürte, nahm Yoongi wieder meine Hand und ließ sie nicht mehr los, bis erst die Koppel und dann der Stall in Sicht kamen.

„Geh schon mal vor ins Haus und kümmere dich um deine Verletzung.", befahl Yoongi: „Ich werde gleich nachkommen."
„Bist du sicher? Was willst du hier draußen noch machen?", hakte ich verunsichert nach. Der Ältere blieb stehen und legte seine Hände sanft an meine Wangen. Seine Augen glitzerten wie Sterne.
„Vertrau mir, Jimin. Es wird nicht lange dauern."
Im fahlen Licht des Mondes sah ich ihm nach, wie er auf den Stall zusteuerte.

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Haunted Prince || YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt