Als ich am nächsten Morgen neben Magnus die Straße zu meinem alten Zuhause hinunterging, bekam ich dann doch bedenken. Ich zerquetschte Magnus sicher die Hand, während ich mit der anderen an meiner Garotte herumfummelte die an meinem Gürtel hing. Ich war heute ein Mädchen, also hatte ich mich für ein langärmliges grün-rosa kariertes Kleid entschieden, das mir bis zu den Knie ging und um die Taille mit einem dünnen goldenen Gürtel zusammengehalten. Dazu noch weiße Leggins, pinke Turnschuhe und eine schwarze dünne Daunenjacke. Jetzt im Frühherbst wurde es schnell kühl. Magnus zog meinen Koffer neben sich her und schaute immer wieder zu mir herüber, vielleicht um sich zu vergewissern, das ich nicht abhaute. Er trug ungefähr das selbe wie vorgestern, nur, dass er T-Shirt und Weste gegen einen dunkelblauen Pullover eingetauscht hatte.
"Das wird schon, Alex.", sagte er als wir vor dem Gartenthor stehen blieben und ich nervös auf den Zehenballen hin und her wippte. Zögernd schob ich das Tor auf und stapfte über den Weg, über den ich vor fast fünf Jahren abgehauen war. Ich konnte die Blutflecken, die ich damals auf den Pflastersteinen hinterlassen hatte fast noch sehen. Maggi drückte sanft meine Hand und gemeinsam stiegen wir die Treppen zur Haustür hinauf. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, drückte ich die Türklingel.
Einen Moment herrschte Stille, dann öffnete sich die Tür und mein Vater trat heraus. Neben ihm kam eine ebenso hochgewachsene Frau zum Vorschein. Die blondierten Haare waren anscheinend mit einem Lockenstab behandelt worden und rochen meilenweit nach Haarspray. Sie trug ein teures, rotes Hauskleid, das perfekt ihren runden Babybauch betonte, auf den sie eine Hand gelegt hatte. An ihren Fingern glitzerte ein Goldring und ihre roten Fake Nägel glänzten.
"Hallo Dad. Hi Victoria.", brachte ich irgendwie heraus. Dad sah aus als wüsste er nicht, ob er sich freuen oder ärgern sollte. "Du bist spät.", sagte er zur Begrüßung. "Wir können auch gleich wieder gehen!", zischte Magnus neben mir herausfordernd. Ich grinste: "Ach ja, ich hatte gestern vergessen zu erzählen, dass er nur zu mir lieb ist." Maggi blinzelte überrascht. "Du hast ihm von mir erzählt?" Ich gab keine Antwort.
"Kommt doch beide herein.", sagte mein Vater jetzt förmlich. Magnus setzte schon zu einer sarkastischen Antwort an, aber ich drückte seine Hand noch fester und er folgte mir schweigend ins Haus. Auch drinnen hatte sich nichts verändert. Der Steinboden glänzte, überall standen teure Möbel herum. Glastische, Ledersofas, kleine Teeservices und Vasen mit Plastikblumen. Und es stank nach Putzmittel und Parfüm. War das nur ich, oder stank es sogar noch schlimmer als früher?
Ein Dienstmädchen nahm uns unsere Jacken ab und brachte meinen Koffer nach oben. Im Esszimmer wurde uns Kaffee und Kuchen serviert. Meine Stiefmutter versuchte höflich lächelnd ein Gespräch anzufangen: "Also, du bis Alex' fester Freund, Magnus Chase?" "Jap." Maggi klang wachsam. Victoria versuchte es weiter: "Ich hörte du machst eine Ausbildung zum Arzt?" "Stimmt.", Magnus nickte zu Victorias Bauch und fragte freundlich, "Neunter Monat?" Victoria nickte überrascht. "Exakt, du scheinst Talent dafür zu haben."
"Er ist ein Sohn des Frey, also ist er grundsätzlich Heiler.", schaltete ich mich ein. Dad schien sich nicht wirklich darüber zu freuen. "Du bist also auch ein... Halbblut. Wer genau ist Frey?"
"Gott des Sommers, der Fruchtbarkeit und des Wachstums und des Friedens. Kurz, ja ich kann heilen, noch ein paar andere Dinge und bin eigentlich kein Kämpfer."
Dad nickte nachdenklich und sagte: "Also bist du ganz anders als mein Tochter."
Ich prustete los. "Damit ist es ausgesprochen! Der Grund, warum wir uns so oft in die Haare kriegen." Auch Maggi lachte leise. Victoria schien jetzt wirklich interessiert zu sein. "Was kannst du denn noch, außer heilen?" Magnus überlegte kurz, dann sagte er: "Ich kann den Friede des Frey beschwören, was ein echt netter Partytrick in Walhalla ist."
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Unveränderbar! - Oder?
FanfictionWARNUNG: VIEL SPOILER Die Götterdämmerung wurde erfolgreich hinausgezögert! Jeder unserer Helden fing ein glückliches Leben an oder kehrte dahin zurück. Bis wieder gewisser Ärger aufkam. Und dieser Ärger nennt sich selbst den Vater von Alex Fierro...