Schule *würg*

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Wir blieben absichtlich so lange wie möglich im Restaurant, aber dann tauchte ein Rabe auf um meine Freunde zum täglichen Kampf zu rufen. Ich hasste diese Raben. Die waren von Odin auf 'Regeln befolgen' programmiert worden, womit ich gar nicht klarkam.

Ich zog noch ein wenig durch die Straßen und vollbrachte meine gute Tat für den Tag, als ich einem Kerl ins Arschloch trat, der eine ältere Dame ausrauben wollte.
Irgendwann aber musste ich aber auch nach Hause gehen und mich meinem Vater stellen. 

Der war schon ziemlich sauer und hob zu einer atemberaubend langen Anrede über das 'Informieren von Elternteile, wenn man außer Haus geht' an und über das 'ausmachen eines fixen Zeitpunktes wann man wieder Zuhause sein sollte'. Das hieß, es war atemberaubend für ihn. 
Ich saß einfach nur auf der Coach und tippte auf meinem Handy herum während er vor mir auf und ab ging und redete.
Dabei klang er so fixiert auf das Thema und so langweilig, dass ich mich schon fragte, wann er endlich eine PowerPoint heraus holen würde um den Vortrag noch Odin-Mäßiger zu gestallten, als er ohnehin schon war.

Der Vortrag endete mit: "Und morgen ist schon die letzte Chance deine Schuluniform abzuholen, da nächste Woche deine Schule anfängt!"
Ich schreckte hoch. "Moment mal, was? Welcher Tag ist heute?" 
Dad funkelte mich an. "Donnerstag. Und wir haben den 26. September, junge Dame! Am 30. September geht deine neue Schule los und ich erwarte, dass du dann nicht mehr auf das Datum vergisst!" 
Ich verdrehte die Augen. "Dad, ich bin seit mehr als zwei Jahren tot. Datum kann mir egal sein, weil ich jetzt ein ewiges Nachleben in Walhalla führe. Naja, ewig bis zum Tag von Ragnarök eben, wenn die Welt untergeht."
Dad schien nicht zu wissen, was er dazu sagen sollte. Ich fügte hinzu: "Außerdem, welche Schule startet erst Ende September?"
"Gar keine! Du bist eine Quereinsteigerin, weswegen ich erwarte, dass du dich anstrengen wirst um den Stoff aufzuholen, den du verpasst hast!", brummte Dad sauer.
Ich schnaubte. "Weißt du was? Ich bin jetzt oben in meinem Zimmer und lege mir eine To-Do-Liste an. Und als ersten Punkt schreibe ich drauf: in einen Wolf verwandeln und irgendwo im Haus hinmachen, wo Dad es erst findet, wenn ich schon weit weg bin." Ich verwandelte mich in eine Wespe und zischte ab, bevor mein Vater einen Wutausbruch loslassen konnte.

In meinem Zimmer seufzte ich und setzte mich an meinen Schreibtisch um wirklich eine To-Do-Liste anzulegen.


1. Punkt: in einen Wolf verwandeln und irgendwo im Haus hinmachen, wo Dad es erst findet, wenn ich schon weit weg bin

2. Punkt: Am Wochenende noch einmal zu Fierros Töpferdings gehen und den Laden vorläufig schließen, weil ihn keiner übernehmen kann. Brauche noch eine gute Ausrede

3. Punkt: meiner Familie in Walhalla sagen, dass ich ab nächster Woche weg bin

Den Rest der Liste füllte ich auf mit Ideen, wie ich meinem Vater das Leben zur Hölle machen konnte.



Am nächsten Morgen schleppte Dad mich tatsächlich in die Innenstadt von Bosten um bei einem ganz bestimmten Laden eine Schuluniform für mich zu kaufen.
Während wir unterwegs waren, musste ich mir den nächsten Vortrag anhören, darüber, was wir heute noch vorhatten: "Und wenn wir deine Schuluniform haben, fahren wir noch alle nötigen Materialien einkaufen, die du für den Unterricht brauchen wirst. Die Schulbücher werden von der Schule zur Verfügung gestellt, Gott sei Dank. Aber du brauchst noch Buntstifte, Bleistifte, Füllfeder, Geodreiecke, Lineale, Zirkel, Collageblöcke und Hefte in kariert, liniert und blank. Und mehrere Mappen auch." Dad schaute auf eine Liste, die er mitgenommen hatte und nickte. "Ja, das ist vorerst alles. Wenn du dann in der Schule bist, benimmst du dich, hast du verstanden? Keine Verwandlungen, egal ob es deinen Mitschülerinnen auffallen würde oder nicht. Kein Wort über Gender fluid oder so einen Blödsinn und du sitzt im Unterricht still und aufmerksam in der Klasse, in der du sein solltest!"
Dad drehte sich zu mir um und starrte mir ernst ins Gesicht. "Und du tust, was man dir sagt! Alex, wenn ich auch nur ein Wort davon höre, dass du irgendeinen schlechten Eindruck hinterlassen hast, oder gegen die Schulregeln verstößt, schicke ich dich in eine Klosterschule in England, hast du das verstanden?!" 

Ich schaute ihn schräg an. "Eine Klosterschule in England? Dad, weißt du wie Klischeehaft sich das gerade anhört?"
Mein Vater verstärkte seinen Blick noch einmal, aber ich hatte nicht haufenweise Riesen und hässlichen Monstern in die Augen gestarrt um jetzt bei meinem Vater einzuknicken. Irgendwann drehte er seine Augen weg und schüttelte den Kopf. "Komm jetzt, gehen wir deine Uniform besorgen."

Als wir bei dem Laden ankamen und Dad mir zeigte, was ich an meiner neuen Schule tragen musste, stöhnte ich. Alle Uniformen sahen genau gleich öde aus!
Zum Anprobieren musste ich eine davon anziehen.
Eine weiße Bluse und ein hellblau karierten Rock, der mir bis zu den Knie reichte. Dazu weiße Strümpfe mit hellblauem Rüschen-Saum und hellblauen Lackschuhen. Auf die hellblaue Krawatte und Blazer-Jacke will ich gar nicht eingehen. 

"Dad! Hast du eine Ahnung, wie dass in Kombie mit meinen Haaren aussieht?", jammerte ich und drehte mich vor dem Spiegel. Ich sah aus wie die kitschigste Animi-Figur, die man finden konnte, nur dass bei der Färbung der Haare etwas schiefgegangen war.
"Tja, dann wirst du deine Haare eben färben müssen. Blond wäre doch hübsch.", schlug mein Vater vor.
Ich wirbelte zu ihm herum und ließ meine Garotte in der Luft schnalzen. "Fun Fakt: Die Götter von Asgard haben meiner Mom einmal mit Nadel und Faden den Mund zugenäht, weil er der Göttin Sif ihre blonden Haare abgeschnitten hat und so weiter. Vielleicht sollte ich das mit dir auch mal machen!"
Dad runzelte heftig die Stirn und biss die Zähne zusammen, aber er sagte nichts mehr. Vielleicht, weil ich immer noch meine goldene Sif-Haar-Garotte in der Hand hielt, oder weil mein Blick klar machte, dass ich sie auch benutzen würde, wenn er noch etwas sagte. 

Ich warf noch einen angewiderten Blick in den Spiegel, dann sagte ich: "Okay, hier sind wir fertig. Wo ist die Uniform für Jungs? Ich will aus diesem beschissenen Rock raus."
"Die Jungen-Uniform lasse ich dir gleich einpacken, jetzt kennen wir ja deine Kleider-Größen.", sagte Dad ein wenig zu schnell und ich sah genau, wie er sich versteifte. Und ich bemerkte den verwirrten Blick der Verkäuferin, die eine der Schuluniformen neu aufhängte. Eine Mädchen-Schuluniform. Genau wie jede andere, die ich bisher in diesem Laden gesehen hatte.
Mein Vater stank gewaltig nach Lügen und mich beschlich ein unangenehmer Gedanke. Doch ich ließ mir nichts anmerken, sondern zuckte nur mit den Schultern und zog mich wieder um. 

Unveränderbar! - Oder?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt