Mittagessen und plaudern

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Das ist dein Crush, ernsthaft?", fragte Mallory. Wir saßen an unserem Stammtisch beim Mittagessen. Sam war ebenfalls da, um uns zu Besuchen. 

TJs Wangen wurden wieder dunkler, als er nickte. Er hatte sich so hingesetzt, dass er einen angenehmen Blick auf Keiths Tisch hatte, der nicht allzu weit von unserem entfernt war.
Sam folgte seinem Blick. „Hmm...er kommt mir ja nicht gerade herzlich vor.", murmelte sie und spielte darauf an, dass Keith völlig allein saß und aß.
TJ verdrehte die Augen und schimpfte: „Was erwartest du denn? In seinem Stock wohnen nur alte Trottel. Wenn wir Magnus nicht von Anfang an in unserem Stock willkommen geheißen hätten, würde er jetzt auch so sein."
„Denkst du? Ich glaube ja, ich wäre dann längst abgehauen. Oder ich hätte einen Weg raus gefunden und draußen gestorben. Vielleicht hätte ich auch überlebt und wäre in die nächstbeste Stadt ausgewandert. Oder ich hätte mich in meinem Zimmer verkrochen und irgendwann aufgelöst.", überlegte mein Freund und trank einen Schluck Met. TJ hörte nicht zu. Er war viel zu beschäftigt damit auf Keiths Rücken zu starren.

Mallory verdrehte die Augen und stand auf. „Okay, ich halte das nicht mehr aus. Nicht mal Magnus hat Alex so angestarrt, als er hier her gekommen ist."
Ich grinste, Magnus lief rot an und knurrte: „Ach, halt die Klappe, Mack."
Mallory stand auf. „Moment, was machst du da?", zischte TJ und versuchte ihren Arm zu greifen, als sie zu Keith hinüber ging. Doch zu spät. 

Mal redete kurz mit ihm, dann stand Keith auf und nahm seinen Teller mit. Zusammen mit Mallory kam er zu uns. TJ warf unserer Schildschwester einen um Gnade flehenden Blick zu, aber er beschwerte sich nicht laut, als Keith sich zwischen ihn und Magnus setzte. Magnus fing an zu leuchten und eine beruhigende Wärme legte sich über unseren Tisch. Es war sooo süß von Maggie, dass er versuchte die Stimmung am Tisch aufzuheitern.
Keith entspannte sich sichtbar, sogar genug um scheu zu sagen: „Hallo nochmal. Okay, zugegeben, ich hab so etwa zweihundert Fragen."
„Schieß los.", meinte ich grinsend und biss von meinem Brot ab. War ja klar, dass der Neue Fragen haben würde. Immerhin kam er gerade erst zu der Gruppe dazu und kannte noch niemanden hier. Aber ich bewunderte ihn dafür, dass er den Mut hatte die Fragen einfach so zu stellen. Andere waren dafür zu feige.

Keith zupfte ein wenig nervös an seinem grünen Hotel Walhalla-Shirt herum, dann nickte er zu Halbgeboren. „Bist du wirklich ein Wikinger?"
Halbgeboren lachte. „Kleiner, das sind wir alle. Du bist Wikinger, sobald du Einherje wirst. Aber ich kapier schon, was du fragen willst. Und die Antwort darauf ist auch ja. Ich hab damals unter dem Banner von Ivar dem Knochenlosen gekämpft und zwanzig Pfeile mit meiner Brust abgefangen. So wurde ich für Walhalla ausgewählt. Aber das hat dir Alex ja eh schon erklärt." Keith sah noch nicht so ganz überzeugt aus, aber auf jeden Fall war er beeindruckt.
Dann fragte er Sam: "Wer bist du? Ich hab dich im neunzehnten Stock noch nie gesehen und du warst auch nicht dabei, als die anderen die Ritter umgebracht haben."
"Das liegt daran, dass ich keine Einherje bin.", sagte meine Schwester, "Ich bin Walküre. Mein Name ist Samirah Al Abbas, ich bin Alex' Halbschwester. Loki ist mein Vater."

Keith's Frage schien damit beantwortet zu sein und er drehte sich zu Magnus um. „Bilde ich mir das nur ein, oder leuchtest du?"
Maggie schüttelte den Kopf und erklärte: „Das passiert einfach, wenn ich meine Kräfte benutze."
„Was für Kräfte?"
Magnus griff nach Keiths Arm und zog seinen kurzen Ärmel noch ein Stück hoch. Mir war gar nicht aufgefallen, dass dort ein improvisierter Verband war. Maggie wickelte ihn ab und enthüllte einen geröteten Schnitt.
„Was ist da passiert?", fragte TJ neugierig und beugte sich vor um besser zu sehen.
„Bin von einem fliegenden Messer erwischt worden.", sagte Keith mit zusammengebissenen Zähnen. Er versuchte es zu verbergen, aber er hatte Schmerzen. Magnus bewegte seine Hand über der Wunde. Die Rötung ging zurück, die Haut schloss sich wieder. Zurück blieb nicht mal eine Narbe.
Keith bewegte bewundernd seinen Arm. „Das meinte Alex also damit, das du Heiler bist.", meinte er und grinste, „Okay, das ist ziemlich cool."
Ich lächelte und boxte Magnus gegen die Schulter. „Siehst du, Maggie? Sogar der Neue findet es cool." 

Keith blickte zwischen mir und Magnus hin und her. „Und ihr zwei seit zusammen?"
Ich kniff die Augen zusammen und fragte: „Hast du was gegen LGBTQ+?"
„Nein, überhaupt nicht!", sagte Keith schnell und errötete ein bisschen, „Ich... Ähm... Nur so als Frage, was würdet ihr machen, wenn euch irgendwer darüber blöd kommen würde?"
Mir kam die Frage ein wenig aus dem Blauen geholt vor. Warum sollte er wissen wollen, was wir machen würden, wenn uns einer dumm ansprach? Brauchte er Tipps, oder so?
Vielsagend wickelte ich meine Garotte um die Finger. Magnus sagte: „Du weißt ja schon, dass hier in Walhalla niemand auf Dauer sterben kann. Das heißt, wenn dir jemand blöd kommt, kannst du denjenigen einfach umbringen. Naja, Alex macht das gerne. Ich bin nicht so der tötet-bei-jeder-Gelegenheit-Typ."
Keith legte den Kopf schief und ich hätte schwören können, dass er verstohlen zu TJ rüber linste, als er sagte: „Mir wurde ja immer beigebracht, Gewalt ist keine Lösung."

Sam hob misstrauisch eine Augenbraue. „Deswegen trägst du auch immer das da mit dir rum, oder?", sie deutete auf das lange, schwarze Schwert, dass Keith auf seinen Rücken geschnallt hatte.
Dieser griff kurz nach hinten um mit den Fingern über den Griff zu streichen. „Mit der Waffe bin ich.. naja, gestorben. Mann, ich kann immer noch nicht glauben, dass das passiert ist."
Magnus klopfte ihm auf die Schulter und sagte sanft: „Kann ich verstehen. Als ich gestorben bin, konnte ich es auch erst glauben, als ich aus Walhalla abgehauen bin und meine eigene Leiche besucht habe."
Keith blinzelte. „Moment, was?"
TJ nickte und sagte: „Einherje bekommen praktisch einen völlig neuen Körper, wenn sie nach Walhalla kommen." Keith presste seine Lippen zusammen und starte auf seinen Teller.
„Was? Was ist los?", fragte TJ sanft.
Sein Crush sog kurz die Luft ein, dann blickte er auf und sagte: „Nichts. Alles gut."
Uns war allen klar, dass er log, aber Keith schien nicht die Art von Einherje zu sein, die man leicht ausquetschen konnte. Sein Blick zeigte ganz klar, dass er dafür zu stur war.
Ich versuchte es mit einem Themenwechsel. Ein Thema, das ich sowieso hatte ansprechen wollen. 

„Leute, habt ihr vorhin das Plakat am schwarzen Brett gesehen? Freitagabend steigt wieder eine Party. Wer will hin?", fragte ich und grinste auffordernd in die Runde.
TJs Lippen verzogen sich zu einem Lächeln und er hob einen Daumen. Wunderbar, dass man bei dem Typen eine zuverlässige Party-Begleitung hatte. Mallory lehnte sich lässig in ihrem Sessel zurück und verkündete: „Ich schau mal meinen Schrank durch, was für Party-Outfits ich habe." Ich zwinkerte Mallory zu. „Wir können ja auch einen Austausch machen. Ich geb dir eins von meinen Tops, wenn ich mal deine Messer benutzen darf um Magnus eine feier-taugliche Frisur zu schneiden."
„Ich hab nie gesagt, dass ich mitkomme!", jammerte Maggie.
Ich küsste seine Wange. „Zu spät, Süßer, wenn's sein muss, fessle ich dich und schleife dich mit!" Magnus klappte ein. Er klappte immer ein, wenn ich ihm irgendwelche niedlichen Spitznamen gab. 
Halbgeboren war ebenfalls mit an Bord. Sam meinte, dass sie morgen Abend keine Zeit hätte, weil ihre Großeltern mit ihr in die Moschee wollten und sie eigentlich sowieso nicht zu Partys gehen sollte. Wir übrigen drehten uns alle zu Keith um.

Keith lächelte tatsächlich scheu und sagte: „Also wenn ihr mich schon so anschaut...bin dabei." 

Ich fing Mallorys Blick auf und wir wussten, was ab jetzt lief. Projekt TJxKeith war in den Startlöchern.

Unveränderbar! - Oder?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt