Familie Fisherson

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"Keith?", wiederholte ich ein wenig überrumpelt.
Lydia nickte. "Er ist vor ungefähr elf Wochen gestorben. Er... er hat... an seiner Schule gab es einen Amoklauf. Meine Kollegen und ich wurden hin gerufen um den Täter zu stoppen. Doch dann hat der Täter begonnen auf mich zu schießen. Keith... er hat sich ein Schwert aus einer Vitrinen geschnappt, die dort standen. Er ist einfach auf den Verbrecher losgegangen und... und... er wurde drei Mal angeschossen, bevor er dem Mann mit dem Schwert die Waffe aus der Hand schlagen konnte."
Ich tätschelte unbeholfen Lydias Arm. Sie versuchte sich zusammen zu reißen, aber ich konnte ihre Tränen sehen. Und das schlimmste war... Keith Fisherson aus Stockwerk 333 hatte und die selbe Geschichte über seinen Tod erzählt. Er hatte nur nicht erwähnt, dass er seiner Mutter das Leben gerettet hatte. Und seine Mutter schien nicht erwähnen zu wollen, dass er den Mann wortwörtlich aufgespießt hatte. Ich vermutete, dass es einfach zu emotional für sie beide war und sie in der Öffentlichkeit keinen mentalen Zusammenbruch deswegen haben wollten.
Trotzdem. Lydias Sohn war einen Heldentod gestorben und verbrachte sein Nachleben in einem magischen Hotel, als ein mächtiger Einherje und hatte dort einen Boyfriend gefunden.
Und ich durfte es seiner trauernden Mutter nicht erzählen.

Lydia schniefte und setzte ein tapferes Lächeln auf. "Naja, das Leben muss weitergehen. Er hat mein Leben gerettet und auch das meiner Kollegen und seiner Mitschüler. Aber ich finde, dass das Bestattungsunternehmen ein totaler Reinfall war. Naja, ich habe gehört, dass es inzwischen aufgekauft worden ist, von einem gewissen Luzifer di Angelo, hoffentlich macht er es besser. Die Urne ist jedenfalls furchtbar und ich kann das nicht so lassen. Mein Junge hat Besseres verdient. Also... würdest du eine neue Urne machen?"
"Sicher.", sagte ich sofort, "Verlass dich auf mich, ich töpfere euch was schönes. Irgendwelche Wünsche?"
Lydia erzählte mir, dass Keith früher gerne Sport gemacht hatte und es schön wäre, wenn ich dazu etwas nettes fand. Ihre Augen wurden wieder feucht, als sie mir erzählte: "Es ist einfach viel zu früh passiert. Noch am Tag davor hat Keith beim Abendessen...er hat sich vor mir geoutet. Er hat mir erzählt, dass er schwul war. Er war so besorgt, dass ich es nicht gut aufnehmen würde.", Lydia wischte sich die Tränen von der Wange, "Wir haben darüber gesprochen und ich haben ihm gesagt, dass alles in Ordnung ist. Dass es egal wäre wer am Ende die große Liebe seines Lebens sein würde, solang er nur damit glücklich ist. Ich war alleinerziehend mit ihm, sein Vater ist gestorben, als . Nur wir zwei. Und jetzt... Er hat so viel mehr Zeit verdient."
Ich nickte zustimmend und schlug vor: "Hey, wie wäre es, wenn ich dir helfe die Urne selber zu machen? Wir haben alles hier und können sofort anfangen, wenn du willst."

Lydia stimmte zu und ich zeigte ihr, wie sie eine Töpferscheibe benutzen konnte. Ich musste ihr ein bisschen helfen, damit das Gefäß eine gleichmäßige Form bekam. Aber ich bewunderte, wie viel Mühe sie sich gab. 
Gemeinsam schnitten wir verschiedene Formen aus flachem Ton aus. Verschiedene Fußbälle, Basketbälle und mehr, ein Fahrrad, Bäume und vereinzelt auch Tiere, weil keith früher mal einen Hund und ein Meerschweinchen gehabt hatte. Wir steckten die Formen es auf die Urne.
Ich zeigte ihr, wie sie Muster in die feuchten Wände der Urne schnitzen konnte. Schnörkel, Keith's Namen und ein paar gute Wünsche. Für den Deckel formten wir Blumen, die wir als Griff darauf anbrachten.
Auch auf den Deckel schrieb Lydia noch einmal ein paar Abschiedsworte und dann schoben wir beides in meinen Brennofen.

"Das muss jetzt ein paar Stunden lang backen. Hey, ich kenne ein gutes Restaurant in der Gegend. Fadlans Falafels. Meine Halbschwester wird im Frühjahr den Sohn des Eigentümers heiraten. Lust hinzugehen?", fragte ich sie. Lydia warf noch einen Blick auf den Brennofen und nickte dann. "Ja gerne. Danke, Alex."
"Kein Problem."

Wir packten unsere Sachen zusammen, wuschen uns den Ton von den Händen und ich stellte ein Schild auf, dass ich ich auf Pause war und gegen fünf Uhr wieder hier sein würde.
Als wir beim Restaurant ankamen, sagte ich zu ihr: "Such du schon mal einen Tisch, ich schau kurz, ob Amir oder meine Schwester hier sind."
Ich betrat das Restaurant und sah die beiden sofort an den Tresen. Amirs Vater war bei ihnen.

Unveränderbar! - Oder?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt