Das ist der dämlichste Grund um jemandem einen halben Herzinfarkt zu verpassen!

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Odin sah ihn ruhig an und ich spürte heiße Tränen in meinen Augenwinkeln brennen. Ich wusste genau, dass Jid Odin jedes Wort glaubte, auch wenn er es leugnete. Er und Bibi hatten schon immer gewusst, das etwas mit mir nicht stimmte und jetzt lieferte Odin ihnen die Antwort auf jedes einzelne Mal als ich ohne Erklärung verschwunden war. Und wenn man bedachte, was für eine lange Geschichte meine Familie mit den nordischen Völkern hatte, war das alles durchaus glaubwürdig, so verrückt es sich auch anhörte.
Mein Leben war ruiniert! Von Odin persönlich in Schutt und Asche gelegt!
Mr Fadlan würde niemals zulassen, dass jemand wie ich, ein Mädchen mit einem zwielichtigen Doppelleben und der Fähigkeit sich zu verwandeln, seinen Sohn heiratete.
Ich rechnete schon fast damit, das Jid und Bibi mich heute noch auf die Straße setzten würden, enttäuscht darüber, wie oft ich sie angelogen hatte. Etwas, vor dem ich schon immer Angst gehabt hatte, auch wenn ich versuchte es niemals zu zeigen.

Odin sprach weiter: "Jedenfalls könnt ihr Stolz auf eure Enkelin sein! Sie hat tapfer gekämpft, große Macht und Widerstandskraft bewiesen und an ihren Händen klebt das Blut unzähliger gefallener Riesen, Draugen und noch mehr Wesen, die ich jetzt nicht aufzähle, aber ich habe eine umfassende Tabelle auf Excel erstellt um mir ihren Bodycount auszurechnen!"
Jetzt sah ich endgültig rot!
"Das ist nichts worauf man hier stolz sein kann!", entfuhr es mir und ich sprang von meinem Sessel auf, der umfiel und mit einem Krachen auf dem Boden aufschlug. "In Walhalla ist es vielleicht cool, aber nicht hier in Midgard! Das ist... das ist einfach nur unfassbar!"

"Soll das heißen, du hast wirklich...", Mr Fadlans Stimme versagte und er packte die Schulter seines Sohnes.
Verzweifelt schaute ich zu Amir, aber jetzt sprang sein Onkel, Abdel Fadlans Bruder, wutentbrannt auf und fuhr mich an: "Was starrts du meinen Neffen so an, eh? Ich wusste es ja gleich, mit dir stimmt etwas nicht! Überhaupt nicht stimmt! So, das wars, die Verlobung ist beendet, Amir hat etwas besseres als dich verdient!"
"Auf keinen Fall!", mischte sich Amir ruckartig ein und riss sich von seinem Vater los um zwischen mich und seinen Onkel zu treten.
Jetzt meldeten sich auch alle anderen zu Wort und die Streitereien wurden immer lauter.
"Warum sollte so eine Missgeburt in unsere Familie einheiraten?"
"Sie kann sich verwandeln, ist sie ein Guhl? Ist sie ein böser Geist?"
"Wieso erfahren wir davon erst jetzt? Wolltest du etwa, dass wir keine andere Wahl mehr haben, als dich zu dulden, sobald du es uns erzählst, weil du dann schon mit dem armen Amir verheiratet wärst?"
"Aber wenn Odin ein nordischer Gott ist... wie ist das möglich? Was ist mit Allah?"
"Es gibt nur einen einzigen wahren Gott! Der da muss ein Betrüger sein."
"Wie viele Leichen hast du in deinem Keller, junge Dame, hm? Hundert? Zweihundert? Bist du eine Mörderin?"
"Wegen Leuten wie Samirah gibt es böse Gerüchte über uns!"
Ich versuchte nicht hinzuhören, aber was meine Familie da sagte, war wie Ratatosk Gebell. Das gigantische Eichhörnchen schleuderte mir fast immer dieselben Worte entgegen, wenn ich ihm gegenüberstand.

Jid und Bibi wurden ebenfalls Vorwürfe gemacht.
Ihnen wurde gesagt, sie hätten mich nicht richtig erzogen, sie hätten mich nicht unter Kontrolle und wüssten nicht einmal wohin ihre eigene Enkeltochter hin verschwand. Schlimmer noch, jetzt fielen die ersten Kommentare über meine Mutter und ihren offensichtlichen Ausreißer mit einem heidnischen Gott.
Odin hatte ihnen heute alles über meinen Vater Loki und seine Verbrechen erzählt und niemand im Raum nahm es gut auf, dass ich die Tochter eines Kriminellen war. 

Bibi schrie sich fast du Lunge aus dem Leib, als sie die Vorwürfe zurückwies.
Keuchend und mit hochrotem Gesicht machte meine Großmutter einen wackeligen Schritt nach vorne und ihre Beine gaben unter ihr nach. Ich sprang panisch vor um meine Großmutter aufzufangen und alle schnappten nach Luft, weil ich mich mit der übermenschlichen Geschwindigkeit einer Walküre bewegte.
Ich achtete nicht auf sie, sondern ließ Bibi vorsichtig zu Boden und klammerte mich an ihre Hand. Meine Großmutter keuchte und sah aus als stünde sie kurz vor einem Herzinfarkt!
"Bibi?", ich stützte ihren Oberkörper gegen eines der Tischbeine, "Bibi, geht es dir gut? Bitte, bitte, beruhig dich.", flüsterte ich heißer und spürte, wie mir Tränen über die Wangen liefen. Das war alles zu viel! Meine Großeltern waren alt und deswegen schon schwach. Mir war klar, dass der ganze Stress unmöglich gut für sie sein konnte.
Deswegen hatte ich ihnen auch nie etwas erzählt!
Deswegen hatte ich ihnen nie von den neun Welten oder meinem Walküren-Dasein berichtet!

Unveränderbar! - Oder?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt