17. Kapitel 9.2 - Die Warnung

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Stille.

„Scheiße! Willst du damit sagen du bist hier meinetwegen runtergekommen, obwohl du wusstest, dass dich sieben Peitschenschläge erwarten werden? Ich meine nicht irgendwelche ... die Bilder, die sie uns gezeigt haben, waren echt drastisch. Und blutig!"

„Ok, nein! Du gibst nicht dir die Schuld. Das war allein meine Entscheidung! Und mach dir keine Sorgen, ich hab' schon schlimmeres erlebt und bin hart im Nehmen." Caroline versuchte zuversichtlich zu lächeln. „Außerdem habe ich sogar schon das passende Outfit an."

Isy blickte durch den Spalt, konnte aber nur den dunkelbraunen Morgenmantel sehen, den Caroline über dem gewählten Kleid trug. Das Mädchen beschloss nicht weiter darauf einzugehen.

„Meinst du denn der König könnte die Strafe aussetzen, weil du ehrlich warst oder es dein erstes Vergehen war?" Sie klang hoffnungsvoll.

„Nein," Caroline lachte leise. „Wenn er eines nicht ist, dann willkürlich! Ich denke die Sicherheit, die alle auf der Insel haben, die Stabilität, die es hier gibt, sind nur möglich, weil er konsequent ist und Regeln ausnahmslos einhält. Ich denke nicht, dass da was zu machen ist. Ich hoffe aber darauf, dass es so zumindest eine Chance gibt, dass wir danach noch eine Basis finden, auf der wir irgendwie klar kommen."

Sie löste sich gegen ihren eigenen Willen aus Isys festem Griff und stand endgültig auf. Sie wollte es hinter sich bringen. Mehr als die körperliche Strafe fürchtete sie fast Thomas durchdringenden Blicke und was er sagen würde.

„Bitte pass gut auf dich auf!"

An Isys Ton merkte Caroline, dass sie wieder den Tränen nahe war. Sie wollte das Mädchen nicht hier alleine lassen.

„Du schaffst das!" Ihre Stimme sollte ermutigen, klang aber belegt. „Du bist bereit für morgen! Wir sehen uns bald wieder!"

Isy schniefte, nickte aber tapfer.

Bevor Caroline es sich anders überlegen konnte, machte sie sich mit schnellen Schritten auf den Rückweg durch den weißen Flur und wischte eine Träne aus dem Augenwinkel.

Es wirkte fast wie in einer Psychiatrie. Sie versuchte den Rückweg abzurufen, hob die fallengelassene Kerze im Vorbeigehen auf. Um die Ecke, zwei Flügeltüren, Halle, zum Schlosstor und von dort war sie wieder auf gewohntem Terrain.

Es ist bestimmt schon vier Uhr. Bis sie zurück sein würde, wäre es wahrscheinlich nach halb fünf. Sollte sie dann direkt zum König hochgehen. War es angemessen an seine Tür zu klopfen? Sollte sie auf Rebekka oder Damien warten oder die beiden wecken. Je schneller sie ...

Sie bog in Gedanken versunken um die Ecke und blieb wie angewurzelt stehen. Ihr Herz setzte aus und ihre Brust krampfte sich zusammen. Sie hielt die Kerze so fest umklammert, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.

Drei Personen standen ihr in dem steril gefliesten Gang gegenüber. Joël, den sie seit der Verhandlung nicht mehr gesehen hatte. Damien, der seinen Mund so fest zusammengepresst hatte, dass nur noch ein Strich zu sehen war. Beim Anblick der letzten Person wurde ihr übel. Der König hatte die Arme verschränkt und sah sie ausdruckslos an.

„Hey, ist alles ok?" Isys besorgte Stimme drang durch die Wattehülle, die sie umgab.

„Ja, alles ok. Wir sehen uns bald", antwortete Caroline reflexartig und zu ihrer Überraschung hörte ihre Stimme sich normal an.

Thomas hielt mit einer Hand die Schwingtür auf und bedeutete ihr hindurchzugehen. Sie folgte seiner nonverbalen Anweisung wie in Trance und lief weiter durch die zweite Tür in die Eingangshalle. Die Blicke der drei Vampire brannten ihr im Rücken.

Kristallinsel - Gefangene der VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt