12. Kapitel 7.1 - Zahnlos

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Als Caroline die Augen aufschlug war es dunkel. Eine kleine Andeutung von Rosa am Himmel vor dem Fenster ließ sie vermuten, dass der Sonnenaufgang kurz bevor stand. Ohne sich zu bewegen, blickte sie sich langsam um. Sie war allein. Das große Bett, in dem sie lag, war weich und warm, die Decke flauschig.

Wie bin ich hierhergekommen?

In einer ruckartigen Bewegung hob sie die Decke an und schaute prüfend an sich hinab. Ein Nachthemd. Nichts Besonderes, nur einfaches weißes Leinen, etwas mehr als knielang, und wenn sie richtig fühlte trug sie tatsächlich eine Unterhose. Die Erinnerungen kamen langsam wieder.

Wie Damien sie das letzte Stück des Weges getragen und auf dem Sessel neben dem Bett abgesetzt hatte. Wie er mit tiefer Stimme auf sie eingeredet hatte und bei ihr geblieben war, bis sie sich beruhigte. Wie Rebekka mit einer großen Tasche voller Kleidung wiedergekommen war und beide gewartet hatten, bis sie sich geduscht und das Nachthemd, sowie einen etwas zu großen Bademantel angezogen hatte.

Es tat so gut Unterwäsche zu tragen!

Caroline war sicher, dass es pure Kalkulation war, nur einen Overall und Schuhe für den Prozess bereit zu stellen. Es sollte wahrscheinlich dafür sorgen, dass die Angeklagten sich, wie es bei ihr der Fall gewesen war, unwohl, nackt und schutzlos fühlten.

Die beiden Vampire waren nicht gegangen, bevor sie etwas gegessen und Rebekka ihr Wundsalbe auf die Handgelenke aufgetragen hatte.

Caroline hatte das Bedürfnis gehabt ihre Anwesenheit zu nutzen um Fragen zu stellen. Es gab so vieles, was sie nicht wusste, was sie verunsicherte, aber die Gedanken hatten sich einfach nicht zu sinnvollen Worten zusammenfinden wollen.

„Habe ich die richtige Entscheidung getroffen?", war das Einzige, was sie schließlich herausgebracht hatte, als Rebekka gehen wollte.

„Das wirst du schon herausfinden. Ruh dich jetzt aus!", hatte Rebekka in ihrer typisch ruppigen Art erwidert. Gerade als sie über die Schwelle getreten war, hatte sie sich nochmal umgedreht.

„Sag mal, du hast nicht uns gemeint, als du im Prozess angedeutet hast, es gäbe Vampire, denen du vertrauen könntest, die aber nicht in Frage kommen dich als Mündel aufzunehmen?" Sie hatte grimmig dreingeblickt. „Dir ist klar, ich würde dir das Leben zur Hölle machen, oder?"

„Ach, wir wissen doch beide, dass du mich gern hast!" Caroline hatte sich trotz ihrer völligen Erschöpfung ein schiefes Grinsen nicht verkneifen können. „Ganz tief drin."

Rebekka hatte resignierend den Kopf geschüttelt.

„Was ich dir aber auf jeden Fall lassen muss," Sie hatte gezögert und ein Lächeln war auf ihren Lippen erschienen „das war eine verdammt gute Show!" Damit hatte sie schließlich den Raum verlassen.

Damien hatte während der kurzen Unterhaltung ein wenig ausgesehen, als hätte er Zahnschmerzen.

Bekamen Vampire überhaupt Zahnschmerzen?

Ernsthaft, Caroline, das ist die Art von Fragen, die du zustande bekommst?, hatte sie in Gedanken mit sich selbst geschimpft.

„Um deine ursprüngliche Frage zu beantworten", hatte er zögerlich angesetzt. „Ja, ich denke das hast du. Thomas ist ein gütiger König und ein guter Mann. Wenn du es schaffst dein Temperament zu zügeln, kannst du hier ein angenehmes Leben haben."

„Das ist ein großes Wenn!", war es ihr herausgerutscht.

Damien hatte sich mit der Hand über die Augen gerieben und tief geseufzt.

Kristallinsel - Gefangene der VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt