7. Kapitel 5 - Wo zur Hölle bin ich gelandet?

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In dieser Nacht hatte Caroline nicht geschlafen. Nur im Dunkeln gelegen und die Decke angestarrt, Schlaf erzwingen wollen, aber keine Ruhe finden können. Sie stand auf, als die ersten Lichtschimmer durch das Fenster fielen und wusch sich so gründlich es ging. Anschließend schlüpfte sie in den graubraunen Overall, den man für sie bereit gelegt hatte. Er war von derselben Frau gebracht worden, die auch das Essen hingestellt hatte. Sie schien ein Mensch zu sein, war wortlos und ohne sie anzusehen herein und wieder raus gehastet.

Es war angekündigt, dass sie um acht Uhr früh abgeholt werden sollte. Der Weg zum Thronsaal würde etwas Zeit in Anspruch nehmen und sie sollte bis zu Beginn des Prozesses in einer kleinen Nebenkammer warten.

Caroline zitterte, aber das kalte Wasser hatte wenig damit zu tun. Nachdem sie sich die Zähne geschrubbt hatte, wendete sie sich ihrer geistigen Hygiene zu. Sie hatte nie gerne meditiert und sah sich selbst nicht als spirituell oder religiös. Atem- und einige Achtsamkeitsübungen hatte sie allerdings oft als hilfreich erlebt. Dieses Mal nicht.

Sie hatte zum fünften Mal darauf geachtet, was sie wahrnahm, aber die Panik drohte sie immer wieder zu überwältigen, unter turmhohen schwarzen Wellen zu begraben. Schließlich gab sie auf und lief im Zimmer auf und ab, bis sich endlich die Tür öffnete.

Damien, gefolgt von Rebekka trat herein und sah sie mit gerunzelter Stirn an.

„Hast du geschlafen?"

„Nach was sieht es aus?", fragte sie, patziger als beabsichtigt. Sie schloss die Augen und massierte die Nasenwurzel mit Mittelfinger und Daumen. „Tut mir leid. Ich ..." Aber sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Ich werde heute zum Tode verurteilt und verbrannt, es spielt keine Rolle mehr, kam ihr zu dramatisch vor.

„Schon gut." Er klang reserviert, schien aber nicht böse zu sein.

Wenn Caroline noch Kapazität für weitere Gefühle neben panischer Angst hätte, wäre sie den beiden und Daniel dankbar. Die Vampire waren am Vortag über zwei Stunden geblieben um ihre Fragen zu beantwortet. Manches hatten sie zu ihrer vollen Zufriedenheit ausführen können, bei anderen Fragen hatten sie sich sehr allgemein gehalten. Zu ein paar Themen schwiegen sie eisern, insbesondere wenn es um Details zu einigen Personen ging.

Ob es Schuldgefühle gewesen sein mochten, die sie dazu getrieben hatten, ihr zu helfen? Vielleicht war es auch Mitleid oder sie glaubten ihr und fanden, dass sie eine Chance verdient hatte, dem Tod auf dem Scheiterhaufen zu entgehen. Was auch immer der Grund sein mochte, irgendwann war ihre Geduld erschöpft gewesen und die drei hatten sie mit ihren Gedanken zurück gelassen.

In den ersten Stunden war das nicht schlimm gewesen. Caroline war damit beschäftigt gewesen eine Strategie zu basteln, mit der sie vielleicht die Mehrheit des Rates dazu bringen könnte, ihr zumindest keinen Vorsatz zu unterstellen. Als sie damit zufrieden gewesen war, hatte sie begonnen die Sätze durchzusprechen und sich Gegenreaktionen vorzustellen.

Stück für Stück war ihr bewusst geworden, wie wenig sie abschätzen konnte, was auf sie zukam. Ihre Überlegungen waren immer wieder dahin geglitten, was sie nach dem Prozess erwarten würde. Selbst im besten Fall konnte sie sich keine positive Zukunft ausmalen.

Sie hatte auch an Isy gedacht und wie das Mädchen hier ihren Platz finden könnte. Die Sorge um ihr eigenes Schicksal ließ diese Überlegungen nicht lange zu, worüber sich wiederum beißende Schuldgefühle meldeten. Stück für Stück waren ihre Gedanken in einen Abwärtsstrudel geraten, der sie immer tiefer in die Dunkelheit gerissen hatte.

„Es ist Zeit", sagte Rebekka knapp und hielt einen Strick in die Höhe.

„Ist das notwendig?" fragte Caroline schwach, streckte aber gehorsam die Hände aus. Natürlich ist es das. Der ganze Prozess gehörte bereits zur Strafe, da war sie sich sicher. Und Demütigung war mit Sicherheit ein relevanter Teil.

Kristallinsel - Gefangene der VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt