Kristallinsel - Gefangene der Vampire

18. Kapitel 10.1 - Die Strafe

Je weiter sie die Treppe hinabstieg, desto feuchter wurden die groben Steinwände und begannen einen modrigen Geruch zu verströmen.

Unten angekommen, übernahm Thomas die Führung und sie beschleunigte um Schritt halten zu können. Trübe Leuchten an den Wänden ließen sie zumindest ahnen, wohin sie trat. Zu beiden Seiten konnte sie schwere Eisentüren erkennen. Sie war erleichtert keine Geräusche jenseits der Zellentüren zu vernehmen. Es war unwahrscheinlich, dass sie alle leer waren, aber so konnte sie es sich wenigstens einreden.

Nicht nur, weil ihre Schreie gleich durch die Gänge hallen würden und so wenig Leute wie möglich ihre Bestrafung mitbekommen sollten. Vor allem weil Kerkerstrafen, laut Broschüre, meist an körperliche Züchtigung geknüpft waren und sie sich gar nicht vorstellen wollte, wie oft es vorkam.

Nach zwei Biegungen führt eine weitere lange Treppe nach unten in die Dunkelheit. Ein kalter Luftzug ließ sie schaudern. Thomas ging erneut voran und Caroline zählte die Stufen, um sich abzulenken und aus Interesse. Die Treppe führte steil und ungewöhnlich weit in die Tiefe. Nach exakt sechsundfünfzig Stufen, erschloss sich ihr warum. Sie traten in eine natürliche Höhle in dem vulkanischen Gestein, die ausgebaut und nutzbar gemacht worden war. Zu ihrer Rechten ging ein Gang ab in dem sie weitere schwere Kerkertüren erkennen konnte.

Caroline lief es eiskalt den Rücken herunter als sie sich in der Grotte umblickte. Es gab eine Vielzahl an Geräten. Was ihr sofort bekannt vorkam, war die eiserne Jungfrau, eine Streckbank und ein Stuhl mit silbernen Spitzen darauf. Ein paar andere meinte sie in alten Geschichtsbüchern gesehen zu haben. Ihr Atem ging schwerer. Warum brachte er sie ganz hier herunter um die Strafe auszuführen? Es waren doch nur ein paar Schläge. Oder?

Zum Glück sahen die Folterinstrumente verstaubt und ungenutzt aus. Ausgerechnet die imposante eiserne Jungfrau weckte in ihr den Verdacht, dass die Instrumente eher Angst erzeugen sollten, als dass sie tatsächlich Anwendung fanden.

Bei einer Museumstour in ihrem früheren Leben hatte sie gelernt, dass es nie einen Hinweis auf die Existenz dieses speziellen Folterinstruments im Mittelalter gegeben hatte. Wahrscheinlich war sie im neunzehnten Jahrhundert erfunden worden um die damals beliebten Folter-Ausstellungen interessanter zu gestalten. Mit dem Gedanken, dass es sich hier eher um eine Ausstellung als eine tatsächlich Folterkammer handelte, konnte sie sich anfreunden.

Am anderen Ende der Höhle versperrte eine schwere Eisentür einen weiteren Weg in das Gestein. Jemand hatte zusätzlich zwei dicke Holzbretter davor angebracht und mit riesigen Nägeln in den Fels geschlagen. Sie ging ein paar Schritte darauf zu.

„Da ging es früher in die dritte Kerkerebene und weiter in das Höhlensystem unter der Insel." Joël war neben sie getreten und verschränkte die Arme.

„Wow, es geht noch unangenehmer als hier?" Sie warf ihm einen kurzen Seitenblick zu und blieb stehen.

„Es geht immer unangenehmer" grinste er, doch seine Augen wirkten ernst. „Stell dir vor du wirst hinter einer solchen Tür ausgesetzt, mit ein wenig Wasser und Proviant, ein paar Streichhölzern und sonst nichts als deinen Kleidern am Leib. Stell dir vor du stehst vor der Aufgabe einen Ausweg aus den Höhlen zu finden um leben zu dürfen."

„In der Tat, das hört sich unangenehmer an." Caroline verdrängte die Bilder und Gefühle, die in ihr aufstiegen. „Wie hoch lag die Erfolgsquote?"

„Es ist niemals jemand aus den Höhlen herausgekommen." Thomas Stimme erklang hinter ihrem Rücken und sie drehte sich um.

Ihr Besitzer stand an der linke Wand und hatte einen Stoffvorhang beiseite gezogen. Dahinter befand sich eine umfassende Auswahl an Schlagwerkzeugen wie Peitschen, Floggern, Paddeln und ähnlichen Utensilien. Hier kannte Caroline sich besser aus als mit den anderen Folterinstrumenten. Nicht nur theoretisch, sondern auch aus eigener Erfahrung. Die waren definitiv echt und es brauchte normalerweise darüber hinaus nichts weiter, um alles, was man wissen wollte aus Menschen herauszubekommen.