22. Kapitel 12.1 - New Blackburn

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Die folgenden Tage flogen dahin. Caroline und Isy verbrachten jede freie Minute miteinander. Die ersten vierundzwanzig Stunden in Carolines Räumen, dann wagten sie sich langsam in die Bibliothek und den großen Salon im Westflügel.

Die Parkanlagen mieden sie aus Angst Maria oder anderen Ältesten zu begegnen. Solange Caroline noch nicht wieder ganz auf den Beinen war, wollte sie jegliche Konfrontation vermeiden. Sie war sicher, dass Maria mit der Drohung, sich an Isy zu vergreifen, vor allem versucht hatte einen Keil zwischen sie und den König zu treiben.

Caroline hatte sich erbärmlich leicht manipulieren lassen und fast wäre der Plan aufgegangen. Sie würde bei den kommenden Begegnungen sehr viel aufmerksamer sein müssen.

„Hey, kann ich die Hose mitnehmen, oder brauchst du die heute noch?" Isy sammelte Carolines getragene Kleidung ein um sie mit in die Waschküche zu nehmen.

„Ernsthaft Isy, das kann ich doch selber machen. Ich weiß, wie man eine Waschmaschine bedient", grummelte Caroline. Es war ihr unangenehm, wie sehr das Mädchen sich um sie kümmerte. Essen servierte, Bücher besorgte, ihre Sachen wusch, die Salbe auftrug oder das Zimmer reinigte.

„Und nochmal: hör auf! Das ist mein Job. Was glaubst du passiert, wenn rauskommt, dass ich ihn nicht mache?" Isy stemmte die freie Hand in die Seite. „Wäre es dir vielleicht lieber, wenn unsere Rollen vertauscht wären?"

Nein, nein wirklich, das wäre es nicht.

So viel Glück Caroline gehabt hatte, dass ihr Besitzer ein anständiger Mensch zu sein ... Vampir, korrigierte sie sich in Gedanken ... ein anständiger Vampir zu sein schien, so wenig konnte sie sich an den Fakt gewöhnen, dass sie nicht mehr ihre eigene Herrin war.

Als wäre sie wieder ein kleines Kind, galt es in Zukunft jede Freiheit zu erfragen, zu diskutieren zu erkämpfen. Es gab Momente, da Caroline fast vergaß, dass sie in einem goldenen Käfig saß und es gab Momente, da wollte sie in ihr Kissen schreien oder auf etwas einschlagen. Nein, das wünschte sie Isy nicht.

„Schon gut, ich bin still!"

„Gut. Wie geht es deinem Rücken?" Isy hatte die Stirn gerunzelt. Nun ja, soweit das mit ihrer kindlich straffen Gesichtshaut möglich war.

„Besser, es tut nicht mehr weh."

Die Strafe war drei Tage her und das Enzym der Vampire hatte ganze Arbeit geleistet. Auf ihrem Rücken waren noch tiefe dunkle Linien zu sehen, doch es wässerte und blutete keine einzige Stelle mehr. Es würden zwar Narben bleiben, doch nur als sehr schmale helle Linien, hatte Claudia ihr versichert.

„Okay, das ist gut", seufzte Isy. „Ich bin in ein paar Stunden wieder da, dann creme ich ihn nochmal ein. Mach keinen Quatsch bis dahin. Sitzenbleiben und lesen!" Sie zeigte mit Zeige- und Mittelfinger erst auf ihre Augen, dann auf Caroline und sah sie streng an.

Caroline lachte herzlich und Isy grinste als sie die Türe hinter sich zuschlug.

Sie fragte sich, ob ihre Freundin die neue Situation wirklich so gut verkraftete. Die Arbeit und ihre Wiedervereinigung schienen das Mädchen, zumindest ein wenig, von der Sorge um ihre Großmutter abzulenken.

Caroline war in der glücklichen Situation, dass es keine engen Verwandten oder Beziehungen gab, denen sie nachgetrauert hätte. Bei Isy war es anders. Ihre Mutter war bereits gestorben, als Isy noch ein Kind gewesen war und der Vater zeigte sich meist in jeder Beziehung abwesend. Ihre Großmutter allerdings liebte sie abgöttisch und Isy machte sich schreckliche Sorgen, wer sich nun um die alte Dame kümmern würde, da sie schon eine Weile an Demenz erkrankt war.

Caroline hatte sie mittlerweile dahingehend überzeugt, dass das viele Geld der Familie dafür sorgen würde, dass sie in einem wundervollen Heim mit einem Ententeich und Bergblick unterkommen würde. Isy hatte ihr gesagt, dass dieses Bild ihr tatsächlich etwas Trost spendete. Vielleicht, vermutete Isy, würde ihr Verschwinden ja auch ihren viel beschäftigten Vater endlich dazu bringen sich um den kleinen Rest Familie zu kümmern, den er noch hatte.

Kristallinsel - Gefangene der VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt