37. Kapitel 17.3 - Fragile Egos

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„Also, ich ... , ähm, erstens bin ich komplett neu hier und noch dabei eure Existenz überhaupt zu verarbeiten", begann Caroline, bewusst langsam, um sich unter Kontrolle zu halten. „Zweitens habe ich viel zu viel damit zu tun, mich in meine neuen Aufgaben einzuarbeiten, als dass ich mich darum kümmern könnte einen Partner zu finden, der mir Gesellschaft leistet."

„Was für eine langweilige Antwort!" Maurice klang nicht vorwurfsvoll, nur enttäuscht darüber, dass er kein saftiges Stück Tratsch erhalten hatte. „Thomas, lass dem Mädchen doch ein bisschen mehr Zeit für ihr Privatleben. Wie soll sie denn sonst je richtig ankommen!"

„In der Tat," Thomas legte die Stirn in Falten. „ich denke darüber nach, wie es sich machen lässt, dass sie etwas mehr unter Leute kommt."

Caroline hatte eher den Eindruck, als überlegte er Gitterstäbe und massive Eisenschlösser an ihren Türen und Fenstern anzubringen. Nicht, dass es bei letzteren nötig gewesen wäre: Entweder ging es aus dem Wohnzimmer senkrecht mehrere Meter in den Garten hinunter, oder über den Schlafzimmerbalkon direkt auf die Klippen. Anscheinend waren die wenigen Wochen seit ihrem Prozess nicht genug Zeit gewesen, ihm zu beweisen, dass sie sich in Gesellschaft benehmen konnte.

„Wundervoll, ich erwarte euch übrigens ALLE übernächsten Freitag im Hive! Die neue Show wird euch begeistern! Keine Widerrede!" Maurice strahlte bei der Ankündigung bis über beide Ohren und wurde umgehend mit Fragen zum Programm gelöchert.

Caroline nahm den Themenwechsel zum Anlass, sich für den restlichen Abend zu entschuldigen. Sie ging zu Thomas und fragte ihn, ob es in Ordnung wäre, wenn sie sich zurückzog.

„War dir das Gespräch unangenehm?", wollte er ruhig wissen.

„Ich bin in erster Linie müde. Wir Menschen brauchen etwas mehr Schlaf als es für euch üblich ist", antwortete sie ausweichend.

Er nickte und sie verabschiedete sich in die Runde und bedankte sich herzlich für den wundervollen Abend, insbesondere bei Maurice und Agatha. Die beiden drückten sie an sich und versicherten ihr, wie sehr sie sich auf ein baldiges Wiedersehen freuten.

Die anderen hatten sich bereits dem Gespräch zugewandt und erörterten schon wieder, weshalb wohl die Zahl der Mensch-Vampir Beziehungen und Verhältnisse abnahm.

„Vielleicht würde es helfen, wenn wir sowas wie eine Nachbetreuung anbieten würden?", feixte Joël. "Oder eine Selbsthilfegruppe für verletzte Gefühle verlassener Menschen".

„Hörst du wohl auf dich darüber lustig zu machen! Wir können ihnen doch in ihrem Alter nicht vorwerfen, dass sie emotional noch nicht unsere Reife und Stabilität haben", maßregelte Agatha ihn, nachdem sie Caroline aus ihrer Umarmung entlassen hatte.

„Ich glaube ja, es geht weniger um emotionale Stabilität als eine realistische Erwartungshaltung. Ich meine, gehen sie wirklich davon aus, dass wir sie verwandeln werden, nur weil wir ein paar Mal das Bett geteilt haben. Nichts für ungut Sophia!" Joël grinste Daniels Begleitung entschuldigend an.

„Oh, meine Erwartungshaltung ist ganz gesund, glaube ich." Die junge Menschenfrau schaute hilfesuchend zu Daniel, der nur mit den Schultern zuckte.

Caroline hatte genug und war gerade dabei den Raum zu verlassen, als Damien sich wieder zu Wort meldete.

„Tja, hin und wieder liegt es auch einfach nur daran, dass bestimmte Menschen einfach kein Interesse an Spaß zu haben scheinen. Nicht wahr, Caroline? Schöne Träume dir", vernahm sie seine höhnische Stimme hinter sich sowie ein unterdrücktes Glucksen aus anderer Richtung, das sie nicht zuordnen konnte. „Maurice, welchen Eindruck hast du denn bei deinen Mitarbeiterinnen im Hive? Da scheint der Trend gegenläufig zu sein, oder?

Kristallinsel - Gefangene der VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt